Südstaatendrama eröffnete Reichenau-Saison

Mit der Premiere des Südstaatendramas „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee Williams sind die Festspiele Reichenau am Samstagabend in die Saison gestartet. Einmal mehr wird großes Schauspielertheater geboten.

Das Stück „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ reiht sich in Reichenau in die Thematik der Frauenschicksale in der Weltliteratur ein. Seit 2012 wurden unter anderem die bedeutenden Werke „Anna Karenina“, „Effi Briest“ und „Weibsteufel“ gespielt. Mit dem Südstaatendrama geht man nun einen Schritt weiter, sagt Intendantin Renate Loidolt. „Wir haben die Frauenschicksale seit einigen Jahren auf dem Programm. Es war schon mehrheitlich vor der Jahrhundertwende. Wir sind jetzt weit ins 20. Jahrhundert vorgedrungen. Aber das musste so sein, denn wir machen damit auch einen Weg um die Welt“, sagt Loidolt.

Das Weltbild einer Familie zerbricht

Beverly Blankenship führt Regie, es ist ihre 14. Regiearbeit bei den Festspielen Reichenau. Nach einigen Jahren der Pause wurde sie wieder für die Inszenierung gewonnen. Sie stammt selbst aus dem amerikanischen Süden, aus Texas, und kennt die besonderen Gesellschaftsstrukturen aus der eigenen Familie. „Die Südstaatenleute sind sehr gewandt und geschickt. Sie haben gute Gesellschaftsformen, wenn sie so erzogen worden sind. Sie sind nett. All diese Dinge habe ich als Kind und junge Frau vielfach miterlebt. Dahinter ist aber, wie überall auf der Welt, die eiskalte Berechnung“, so Blankenship.

Mit ihrer Inszenierung schafft es die Regisseurin, die dichte Atmosphäre einer fremden Welt auf die Bühne zu bringen. Das Weltbild einer reichen amerikanischen Farmerfamilie zerbricht an nur einem einzigen Tag. Verlogenheit, Habgier, Alkoholismus und Krankheit treiben die Charaktere in ungeahnte Abgründe. „Jede dieser Figuren sucht Liebe. Alle sehnen sich nach Liebe, aber keiner bekommt sie. Das macht sie böse, misstrauisch, grantig und verzweifelt“, sagt Regisseurin Blankenship.

Stefanie Dvorak brilliert als frustrierte „Katze“

„Ich fühle mich die ganze Zeit wie eine Katze auf einem heißen Blechdach“, sagt die sichtlich frustrierte Ehefrau Maggie am Beginn des Stückes. Sie leidet am unerfüllten Kinderwunsch und dem Alkoholismus ihres Mannes Brick. Maggie muss sich zu einer mutigen Lüge entschließen, damit sie für sich und ihren Ehemann eine Chance auf das große Erbe hat. Sie gibt vor, ein Kind von Brick zu erwarten, und ist entschlossen, diese Lüge wahr zu machen.

In der Hauptrolle brilliert Burgschauspielerin Stefanie Dvorak. „Je mehr ich mich mit dem Stück und der Rolle beschäftigt habe, ist mir klar geworden, was das für eine tolle Aufgabe ist. Es begeistert mich, weil Tennessee Williams nie schreibt, dass Maggie, die Katze, weint. Dann habe ich gemerkt, was das für eine Kraft kostet, immer wieder an die Grenze zu kommen, aber es nie zu tun“, sagt Dvorak, die heuer in ihrer elften Rolle in Reichenau zu sehen ist.

Neben Dvorak überzeugt das gesamte Ensemble. In weiteren Rollen spielen etwa Martin Schwab, Stefan Gorski, Therese Affolter und Tobias Voigt. Einmal mehr beweisen die Festspiele Reichenau mit „Die Katze auf dem heißen Blechdach“, dass sie großes Schauspielertheater sind.

122 Vorstellungen bis Anfang August

Neben dem Williams-Klassiker stehen heuer Werke von Schnitzler, Nestroy und Doderer auf dem Spielplan in Reichenau. 122 Vorstellungen gibt es bis Anfang August. Zu sehen gibt es neben den Theaterstücken und Konzerten diesmal auch neu gestaltete Matineen - mehr dazu in „Dämonen“ und „Liebelei“ in Reichenau (noe.ORF.at; 28.6.2016).

Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

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