Istanbul: „Ein beklemmendes Gefühl“

Bei einem Putschversuch des türkischen Militärs sind in Ankara und Istanbul mehr als 250 Menschen gestorben. Die Kremserin Magdalena Lackner ist derzeit in Istanbul und berichtet im Gespräch mit noe.ORF.at über das Erlebte.

Lackner landete am Freitagnachmittag auf dem Atatürk-Flughafen in Istanbul. „Wir sind dann mit dem Bus in die Stadt gefahren. Zu diesem Zeitpunkt hat man aber noch gar nichts mitbekommen, es war der ganz normale Freitagabendverkehr in Istanbul“, sagt Lackner. Im Gespräch mit noe.ORF.at lässt sie die vergangenen Stunden Revue passieren.

Putsch Türkei

AFP Photo / Ozan Kose

Eine 25-jährige Kremserin erlebte die dramatischen Stunden in der Türkei. Der Putsch des Militärs scheiterte allerdings

noe.ORF.at: Wie und wann haben Sie mitbekommen, was in Istanbul vor sich geht?

Magdalena Lackner: Wir haben von türkischen Freunden eine Nachricht bekommen, dass wir uns drinnen aufhalten sollen, weil ein Militärputsch vor sich geht. Wir haben das Ganze dann auch über die österreichischen Medien mitverfolgt. Wir haben mitbekommen, dass es in der Stadt immer ruhiger wird, dass die Lokale zusperren, dass die Musik abgedreht wird, dass die Leute versuchen, nach Hause zu kommen.

noe.ORF.at: Was haben Sie von den Gefechten mitbekommen?

Lackner: Im Laufe der Nachtstunden hat es begonnen, dass Militärhubschrauber die Stadt umkreist haben, dass Militärflugzeuge nah an die Häuser herangekommen und sehr niedrig geflogen sind. Es war insgesamt ein beklemmendes Gefühl, aber wir hatten das Gefühl, dass wir medial das Ganze gut verfolgen konnten.

noe.ORF.at: Der türkische Präsident hat seine Landsleute noch in der Nacht aufgerufen, auf die Straße zu gehen und für die Wahrung der demokratischen Werte zu demonstrieren. Was war davon zu sehen oder zu hören?

Lackner: Wir haben mitbekommen, dass auf den Straßen mehr los war. Es war Geschrei, ob man Schüsse gehört hat, kann ich nicht genau sagen. Die Flugzeuge sind dann mit Schallgeschwindigkeit über die Stadt geflogen, da hat man den Überschallknall gehört, wobei in den Nachrichten von Explosionen zu lesen war, die im Endeffekt aber nicht stattgefunden haben.

Istanbul nach dem gescheiterten Putsch

APA/AFP/Bulent Kilic

Polizisten und Panzer in der Türkei am Tag nach dem gescheiterten Putsch

noe.ORF.at: Wie ist heute die Situation? Können Sie bestätigen, dass der Putsch niedergeschlagen worden ist? Wie ist die Stimmung im Moment?

Lackner: Man hat in den ganz frühen Morgenstunden Sirenen gehört, vereinzelt sind auch noch Hubschrauber über die Stadt geflogen. Wir sind am Vormittag wieder auf die Straße hinaus, dort befinden sich fast keine Touristen, sondern nur Einheimische. Man würde aber nichts mitbekommen, man sieht kein Militär, es ist eigentlich das normale Leben, außer, dass sich wenige Leute draußen befinden. Es ist für einen Samstag in Istanbul quasi nichts los.

noe.ORF.at: Gibt es Straßensperren oder Ähnliches?

Lackner: Auf den Routen, auf denen wir unterwegs waren, bisher gar nicht. Wir waren am Bosporus unterwegs und hier waren keine Polizei und kein Militär zu sehen. Ich kann aber nicht sagen, wie das am Flughafen oder auf den Hauptstraßen ist. Gestern Nacht haben wir noch mitbekommen, dass Plündereinkäufe von Einheimischen waren, aber Militär ist jetzt keines mehr zu sehen.

Lackner verbrachte die Nacht in einem Privatquartier nahe dem Taksim-Platz, sie will am Sonntag wieder zurück nach Österreich fliegen. „Ich wollte erst am Montag wieder heimreisen, das habe ich aber verschoben. Was ich noch sagen möchte: Die österreichische Botschaft hat uns immer am Laufenden gehalten, wir haben mit ihnen telefoniert und Mails geschrieben. Das war eine super Betreuung.“ Die 25-jährige Kremserin ist für die Hochzeit eines Freundes nach Istanbul gereist.

Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at