„Roter Kaplan“ im Ruhestand

Franz Sieder, der im Mostviertel als „roter Kaplan“ bekannte Arbeiterpriester, wurde nach 40 Jahren als Betriebsseelsorger in den Ruhestand verabschiedet. Der 77-Jährige war u.a. am Aufbau von Pax Christi Österreich beteiligt.

„Ein Leben für die Verkündung des Evangeliums in der Arbeitswelt“: So beschrieb die Diözese St. Pölten das Wirken von Franz Sieder. Der Theologe, 1938 in Obergrafendorf (Bezirk St. Pölten) geboren, setzte sich laut der Aussendung für die Anliegen der Arbeiterschaft ein und arbeitete selbst in Betrieben mit. Seit 20 Jahren ist er im Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialismus (ACUS), war jahrelang auch Krankenhausseelsorger und engagiert sich bei der Katholischen Arbeiterbewegung Niederösterreich.

Sieder, ein „Türöffner und Brückenbauer“

Einige der Predigten und Reden Sieders zu sozialer Gerechtigkeit aus der Sicht des christlichen Glaubens sind in den zwei Büchern „Gegen den Strom“ gesammelt. Der St. Pöltner Weihbischof Anton Leichtfried bezeichnete Sieder bei der Feier in Gaming (Bezirk Scheibbs)als „Anwalt für die Würde eines jeden Menschen“. Er sei gerade dort viel unterwegs, wo die Kirche sehr wenig präsent sei und somit ein wichtiger Türöffner und Brückenbauer.

Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich, schätzte seine „Kumpelhaftigkeit und Kollegialität“ und lobte den Einsatz Sieders für andere beispielsweise in den Fragen der Verteilung oder der Gerechtigkeit.

Arbeiterpriester Franz Sieder

Wolfgang Zarl/Diözese St. Pölten

Franz Sieder, der „rote Kaplan“, mit seiner roten Vespa

In der Aussendung der Diözese St. Pölten wurde der 77-Jährige auch als „Unikat“ bezeichnet. „Markenzeichen“ war seine rote Vespa, am Bahnhof in Amstetten brachte er handgeschriebene Plakate mit sozialkritischen Botschaften an. Friede sei ihm ein zentrales Bedürfnis, dies predigt er etwa bei den jährlichen Friedensgottesdiensten im Wiener Stephansdom.

Durch Handeln zum Glauben führen

Sieder erzählte bei seiner Verabschiedung, wie fasziniert er von den französischen Arbeiterpriestern gewesen sei, davon habe es zeitweise mehr als 1.000 gegeben. Sie wollten die Botschaft des Evangeliums nicht durch Worte, sondern durch Handeln zu den Arbeiterinnen und Arbeitern bringen.

Gerade Arbeiterpriester müssten glaubwürdig sein, so Sieder. Man habe die Themen nicht so sehr diskutiert, sondern sei vielmehr vom Alltagsleben ausgegangen und habe praktisch gewirkt. Besonders inspirierend sei dabei der belgische Kardinal Joseph Leon Cardijn (1882-1967) gewesen. Sieder erinnerte an einen Spruch Cardijns: „Jeder junge Arbeiter ist mehr wert als alles Gold der Erde!“ Sieder arbeitete selbst auch in zahlreichen Betrieben mit: in einer Wäscherei, bei den Böhlerwerken oder in einem großen Hühnermastbetrieb.

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