Immer mehr „Stempeltouristen“ sorgen für Kritik

Wirtschaftstreibende kritisieren, dass immer mehr Arbeitslose kommen, um sich vorzustellen und den berühmten „Stempel“ zu holen, aber nicht arbeiten wollen. Das AMS bestätigt den Trend. „Stempeltouristen“ drohen aber Sanktionen.

Während auf der einen Seite immer neue Pakete geschnürt werden, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, kritisieren auf der anderen Seite Wirtschaftstreibende eine steigende Anzahl an Menschen, die vom AMS kommen um sich vorzustellen, aber nicht um zu arbeiten. Wem nachgewiesen werden kann, dass er nur den berühmten „Stempel“ eines Betriebs haben möchte, dem wird vorrübergehend für sechs Wochen das Arbeitslosengeld gestrichen, „im Wiederholungsfall sogar für acht Wochen“, sagt der Geschäftsführer des AMS Niederösterreich Karl Fakler.

Karl Fakler

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Die Zahl der „Stempeltouristen“ steigt, bestätigt AMS Niederösterreich Geschäftsführer Karl Fakler

Fakler bestätigt, dass die Zahl dieser Fälle zuletzt rasant zugenommen hat: „Heuer sind wir im ersten Halbjahr bei rund 2.000, voriges Jahr waren es im ganzen Jahr etwas mehr als 3.000“, sagt Fakler. Er rechnet damit, dass es heuer insgesamt etwa 4.000 Fälle werden, in denen „wir eine Sanktion gemäß Paragraf 10 verhängen müssen, weil sich jemand nicht entsprechend arbeitswillig beim Gespräch gezeigt hat.“

Gastronomie ortet „gesellschaftlichen Wandel“

Laut Mario Pulker, dem Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer, sagen viele bei der Vorstellung ganz offensiv, dass sie eigentlich nicht arbeiten wollen. „Bei den Bandscheiben hat es mich schon“ oder „Mein Knie tut schon sehr weh, ich würde gerne bei Ihnen anfangen, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich in den Krankenstand gehe“, zitiert er Ausreden, die er auch aus eigener Erfahrung kennt.

Stempel

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Wer bei einem Betrieb nur für den „Stempel“ vorstellig wird, dem droht eine Streichung des Arbeitslosengeldes

Das sei allerdings kein Phänomen, das nur die Gastronomie betreffe. „Das ist eine Art gesellschaftlicher Wandel. Die Leute sagen, warum soll ich arbeiten gehen, wenn ich mit Sozialtransfers dasselbe erreichen kann“, so Pulker. Die Wirtschaft fordert deshalb Änderungen bei den Sozialleistungen. „Wir sind der Meinung, das ist viel zu hoch und es gehört eine Deckelung eingezogen“, sagt Pulker. Die Arbeiterkammer widerspricht dieser Sichtweise. Sie fordert höhere Löhne von der Wirtschaft, was diese wiederum ablehnt.

Auch beim AMS wird höherer Lohn nicht als Schlüssel gesehen. Der „Stempeltourismus“ sei „moralisch, versicherungsrechtlich und juristisch“ aber nicht akzeptabel sagt Fakler: „Da sind meine Kollegen und ich schon sehr heikel darauf, weil auch wir uns verarscht fühlen. Denn wir arbeiten ja für diese Menschen, damit sie einen Job kriegen, überlegen, welcher Betrieb passt und welche Stelle passt.“ Eines habe sich zuletzt aber auch positiv verändert: Wenn die Vermittlung über das AMS geklappt hat - da zeigen sich Wirtschaftsvertreter und AMS einig - ist die Zufriedenheit mit den vermittelten Arbeitnehmern gestiegen.

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