Gugging: Zehn Jahre nach Leo Navratils Tod

Am Sonntag jährt sich der Todestag von Leo Navratil zum zehnten Mal. Der Psychiater war Entdecker und Förderer der Gugginger Künstler. Navratil verstarb am 18. September 2006 im Alter von 85 Jahren in einem Wiener Spital.

Leo Navratil ließ Ende der 1950er Jahre seine Patienten in der Landesnervenklinik Maria Gugging (Bezirk Wien-Umgebung) zu Testzwecken Zeichnungen anfertigen. In den folgenden Jahren fand er künstlerisch Talentierte in seiner Abteilung. 1965 gab er sein erstes Buch „Kunst und Schizophrenie“ heraus.

Leo Navratil

APA/Heinz Schmölzer

Leo Navratil (1921-2006)

1970 fand die erste Ausstellung der „Gugginger Künstler“ in einer Wiener Kunstgalerie statt, der weitere Präsentationen der „Art Brut“ folgten. 1981 gründete Navratil das „Zentrum für Kunst- und Psychotherapie“. In dieses lud er die künstlerisch talentierten Patienten ein, und es diente ihnen als Wohnhaus, Atelier, Galerie und Kommunikationsraum.

1986 setzte Johann Feilacher das Engagement seines Vorgängers fort und prägte den Begriff „Haus der Künstler“. Viele Künstler aus Gugging sind international bekannt geworden, vor allem Johann Hauser, August Walla und Oswald Tschirtner.

Leo Navratil: „Schizophrene sind Künstler“

„Schizophrene sind Künstler“, gab Leo Navratil einmal als sein Motto an. Wahnsinn sei „dienlich dafür, etwas Besonderes zu schaffen“. In einem Interview warnte er jedoch: „Heute betrachtet man die Arbeiten psychiatrischer Patienten unter rein ästhetischen Gesichtspunkten. Das finde ich nicht gut. Man darf nicht vergessen, dass es leidende Menschen sind, die diese Kunst hervorbringen.“

Haus der Künstler in Maria Gugging

APA/Hans Klaus Techt

Museum Gugging

Leo Navratil wurde am 3. Juli 1921 in Türnitz (Bezirk Lilienfeld) geboren und war ab 1946 an der Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalt Gugging tätig. Die Werke einiger Patienten, mit denen Navratil zu arbeiten begonnen hat, wurden erstmals 1970 in der Galerie nächst St. Stephan in Wien ausgestellt. Die Arbeiten erregten in der Kunstwelt Aufmerksamkeit, Navratil erlangte von Jean Dubuffet die Bestätigung, dass seine Patienten Kunst hervorbrachten. Viel beachtet war insbesondere das lyrische Werk von Ernst Herbeck.

1986 ging Navratil in den Ruhestand, blieb aber publizistisch weiterhin tätig (u. a. „August Walla - Seine Leben & seine Kunst“, 1988, „Art Brut und Psychiatrie“, 1997). Im Juni 2006 wurde in Anwesenheit Navratils am Gelände der ehemaligen Landesnervenklinik das Museum Gugging eröffnet.

Links: