Wurm: „Malen ist für mich ein Lebenselixier“

Der Künstler Gottfried Laf Wurm setzt sich seit 50 Jahren malerisch mit dem Weinviertel auseinander. Gegenüber noe.ORF.at spricht er über seine Faszination am Malen und sein Spielen mit unterschiedlichen Stilen.

In vielen Gemeindeämtern, Dorfstuben und privaten Haushalten im Weinviertel ist ein Wurm drin, nämlich Gottfried Laf Wurm. Der gebürtige Wiener Künstler fängt seit 50 Jahren Stimmungen und Schönheiten des Weinviertels malerisch ein. Anlässlich seines 70. Geburtstags ist die Sonderausstellung „50 Jahre Malerei und Grafik“ im Schloss Marchegg (Bezirk Gänserndorf) zu sehen.

noe.ORF.at: Sie haben einmal den Satz gesagt: Jeden Tag, an dem ich nicht gemalt habe, habe ich nicht gelebt. Wie viele solcher Tage gab es bei Ihnen?

Gottfried Laf Wurm: Am Samstag zum Beispiel habe ich nicht gemalt, da musste ich die Ausstellung fertig hängen, aber dafür die Tage und eigentlich die ganze Woche davor. Das Malen heißt für mich nicht Bilder zu produzieren, sondern dem Alltag, dem Erlebnis eine Zeitspanne zu geben und ihn zu begreifen. Ich male so wie ein anderer schreibt. Ich schreibe mit Bildern meine Erlebnisse auf.

noe.ORF.at: Sie blicken auf 50 erfolgreiche Jahre zurück, wie schwer war es denn in der niederösterreichischen Kunstszene Fuß zu fassen?

Wurm: Ich blicke nicht auf 50 erfolgreiche Jahre zurück, sondern auf 50 glückliche Jahre. Der Erfolg ist Gott sei Dank von selbst passiert. Ich wollte malen. Das Ganze hat dann eine Eigendynamik angenommen und im Schloss Marchegg mit einer Ausstellung begonnen. Damit ist ein gewisser Bekanntheitsgrad aufgetreten und dann habe ich weitergemalt und bin weiter eingeladen worden. Es ist gott sei Dank geschehen, ich habe es nicht verhindert, ich habe es zugelassen. Ich glaube, ich würde auch malen, wenn man mich nicht kennen würde, weil das Malen ist für mich ein Lebenselixier.

noe.ORF.at: Sie haben in Ihrer Anfangszeit Pablo Picassos Bild „Das Kind mit Taube“ gemalt. Haben Sie künstlerische Vorbilder?

Wurm: „Das Kind mit Taube“ war eine ganz eigene Geschichte: Ich stamme aus der 68er-Zeit und beim Trampen ist uns in Ostende das Geld ausgegangen. Das war gerade die Zeit als das Pflastermalen begonnen hat und ich habe mir buchstäblich um das letzte Geld Tafelkreide gekauft und durch Zufall hat es in der Papierhandlung auch Postkarten gegeben, unter anderem auch eine von Picassos Bild „Kind mit Taube“. Das Motiv habe ich dann in einer Seitengasse geübt und dann am Kai in Ostende wiedergegeben. Ein bisschen Geld ist damit hineingekommen und das habe ich dann auch in Wien am Praterstern weiter gemacht.

Ausstellungshinweis

„50 Jahre Malerei und Grafik“, Speicher Schloss Marchegg, 17. September bis 16. Oktober

Damals hat man noch gegen sechs Paragrafgen verstoßen, wenn man so etwas gemacht hat. Erst Helmut Zilk hat das nachher für die Stadt entdeckt, dass es eine Bereicherung ist. Was mich mit Picasso vielleicht verbindet, merkt man in der aktuellen Ausstellung. Es ist das unendliche Spielen mit Stilen. Ich klammere mich nicht an Stilen fest, für mich ist der Stil eine Möglichkeit eine Rolle zu spielen, eine Sache auszudrücken, der Stil muss frei bleiben.

Gottfried Laf Wurm

ORF

noe.ORF.at: Sie fangen seit 50 Jahren malerisch die Stimmungen und Schönheiten im Weinviertel ein, welche Bilanz ziehen Sie?

Wurm: Die Bilanz kann ich noch nicht ziehen, ich bin ja noch am Weg. Dieses Ausloten, was die Dinge können, ist das, was mich bis heute reizt und ich weiß nicht, was als nächstes kommt. Ich habe circa 1.800 Ölbilder gemalt, 1.100 Linolschnitte geschnitten, ich habe Radierungen gemacht und vieles mehr. Ich war immer neugierig und ich hoffe, dass mir diese Neugierde noch erhalten bleibt.

noe.ORF.at: Was ist für Sie die Faszination am Weinviertel?

Wurm: Ich hatte ein Romstipendium und habe dann wenige Wochen in Umbrien am Land gelebt und als ich zurück nach Wien gekommen bin, habe ich gesagt, ich bleibe nicht in Wien. Ich habe das Weinviertel schon ein wenig gekannt und es war für mich die mediterranste Gegend in Österreich und das fasziniert mich so.

noe.ORF.at: Sie wollten auch Schauspieler werden, denken Sie manchmal zurück, wie ihr Leben als Schauspieler verlaufen wäre?

Wurm: Ich bin eigentlich Schauspieler, ich spiele einen Maler und den schon erfolgreich 50 Jahre lang. Ich habe zum Wort eine starke Bindung und habe an die 20 Bücher illustriert. Das Illustrieren bedeutet Bilder zu einem Wort schaffen, und das ist ähnlich wie bei einem Schauspieler, der mit seinem Text Bilder schafft. Ich habe auch viele Theaterrollen gespielt, aber nur als Ausgleich, denn die wirklich Rolle ist, wenn ich den Maler spiele.

Das Gespräch mit Gottfried LAF Wurm führte Martina Gerlitz, noe.ORF.at

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