Proll: Zwischen High Heels und Gummistiefeln

Nina Proll ist mit „Hinterholz 8“ bekannt geworden und war zuletzt als ORF-„Vorstadtweib“ zu sehen. Im Interview spricht die gebürtige Waldviertlerin über ihr Leben im Spannungsfeld zwischen High Heels und Gummistiefeln.

Proll ist in Haugschlag (Bezirk Gmünd) aufgewachsen und hatte Schauspiel, Tanz und Gesang am Theater an der Wien und den Performing Arts Studios Vienna studiert. Es folgten Engagements am Stadttheater Klagenfurt, in Amstetten und 1996 ihr Debüt am Wiener Theater in der Josefstadt im Stück „Lampenfieber“. Bekannt wurde die gebürtige Waldviertlerin mit dem Düringer-Film „Hinterholz 8“. Für ihre Rolle im Film „Nordrand“ wurde sie bei den Filmfestspielen in Venedig als beste Nachwuchskünstlerin ausgezeichnet.

Darüber hinaus spielte sie in Film- und Fernsehproduktionen wie „Komm, süßer Tod“, „Am anderen Ende der Brücke“, „Fallen“, „Keinohrhasen“, „Braunschlag“ oder aktuell in der ORF-Serie „Vorstadtweiber“. Privat lebt sie mit ihrem Mann Gregor Bloéb und den beiden gemeinsamen Söhnen in Tirol.

noe.ORF.at: Sie sind im nördlichsten Waldviertel aufgewachsen, wohnen mit ihrer Familie in Tirol und arbeiten oft in Wien. Wo fühlen Sie sich Zuhause?

Proll: Zuhause bin ich da, wo meine Familie, meine Jungs sind. Unser Lebensmittelpunkt ist in Tirol. Ich bin permanent am Pendeln, aber das war schon als Kind so, weil ich jedes zweite Wochenende aus dem Waldviertel zu meiner Mama nach Wien gependelt bin. Wenn ich in Wien bin, bin ich oft am Naschmarkt, der zu meinen Lieblingsplätzen gehört.

noe.ORF.at: Pop, Schlager, Operette, Volksmusik, Kabarett – Ihr Repertoire ist groß, genauso wie Ihr Ehrgeiz. Wollten Sie schon als Kind immer die Beste sein?

Proll: In der Volksschule auf jeden Fall. Ich war immer eine Musterschülerin und Streberin. Nicht wirklich sympathisch, auch ein bisschen besserwisserisch. Aber mittlerweile hat sich das gewandelt. Ich möchte einfach gut Sachen machen und bin immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Dazu gehört, dass man sein Gebiet erweitert, bis zur Operette in meinem Fall. Kabarett ist für mich überhaupt die höchste Kunst: Menschen, die nur mit ihrem Humor und ihrer Sprache andere zwei Stunden lang unterhalten.

Nina Proll

APA/Hans Klaus Techt

Nina Proll ist mit Schauspieler Gregor Bloéb verheiratet

noe.ORF.at: Wie viel Biss braucht es in Ihrem Beruf?

Proll: Wenn man sich auf der Bühne verwirklichen möchte, braucht es das. Ich habe immer ein Ventil für meine Emotionen gebraucht. Dafür ist das normale Leben nicht ausreichend. Ich habe zu viele Emotionen, die ich kanalisieren und woanders noch zum Ausdruck bringen muss. Da war die Schauspielerei ideal für mich.

noe.ORF.at: Gerade in Wien gibt es viele junge Talente. Was hatten Sie der Konkurrenz im richtigen Moment voraus? War es Schicksal, Glück, Fleiß?

Proll: Es ist sicher eine Kombination. Wenn ich das wüsste, könnte ich lauter Stars generieren. Man weiß es eben nicht. Hinterher kann man sagen, das war deshalb, weil ich diesen einen Monolog so gut gesprochen habe, dass ich entdeckt worden bin. Oder weil ich da dran geblieben bin. Es ist ein Mosaik. Es bleibt ein Geheimnis bis zum Schluss.

noe.ORF.at: Stichwort „Vorstadtweiber“. Wie sehr haben Sie durch diese Serie einen Bekanntheitsschub bekommen?

Proll: Ich hatte eigentlich das Gefühl, schon total bekannt zu sein. Aber man darf das nicht unterschätzen, wenn man über Wochen jeden Montag bei den Leuten im Wohnzimmer zu Gast ist. Damit erreicht man doch eine andere Popularität, als wenn man einen Film macht, den die Leute wieder vergessen.

noe.ORF.at: War das Lebensmodell als „Vorstadtweib“ jemals eine Option für Sie?

Proll: Mir wäre das zu langweilig. Ich habe immer das Bedürfnis gehabt, mich selber auszudrücken, vor allem auf der Bühne künstlerisch mich auszudrücken. Nur das angenehme Leben alleine mit viel Geld wäre mir zu wenig. Ich will mir selber etwas erschaffen und über mich hinauswachsen. Das tun ja die Vorstadtweiber nun doch nicht so richtig. Aber mein Gott, es gibt Schlimmeres, als im 19. Bezirk in einer Villa sein Dasein zu fristen.

Nina Proll

APA/Herbert Neubauer

Die Serie „Vorstadtweiber“ brachte Proll weitere Popularität: Nina Proll, Martina Ebm, Adina Vetter und Maria Köstlinger (v.l.)

noe.ORF.at: Sie leben mit Ihrer Familie auf einem Bauernhof – das ist doch ein Spannungsfeld zwischen High Heels und Gummistiefeln?

Proll: Absolut! Ich habe permanent kalt-warm, also diese Kontraste. Ich lebe im ständigen Wechsel und mittlerweile kann ich es mir nicht anders vorstellen. Ich brauche beides. Ich könnte mir weder das ständige Leben in der Stadt mit immer schön anziehen vorstellen, aber genauso wenig permanent am Land zu leben. Das wäre mir zu wenig. Ich brauche diese Abwechslung.

Musikalisches „Vorstadtweib“

Mit ihrer Show „Vorstadtlieder“ ist Nina Proll am 17. November im VAZ St. Pölten und am 18. November in der Arena Nova in Wiener Neustadt zu sehen.

noe.ORF.at: Sie stehen viel vor der Kamera und auf der Bühne. Was bekommen Sie dabei zurück?

Proll: Das ist wirklich eines der schönsten Gefühle, die es gibt, die Menschen zu erreichen, zum Weinen und zum Lachen zu bringen. Ich sage immer, das ist das Zweitschönste auf der Welt. Ich hab auf der Bühne auch Narrenfreiheit, bei meinen „Vorstadtliedern“. Da wollte ich einmal nur das machen, was mir wirklich entspricht. Und ich habe festgestellt, dass ich damit das Publikum voll mitziehen kann, das ist unbeschreiblich.

noe.ORF.at: In Ihrer Biografie ist zu lesen: „Und wenn ich nicht gestorben bin, dann spiel ich noch heute...“. Was möchten Sie damit genau sagen?

Proll: Ich möchte mir meinen Spieltrieb bewahren, wie kleine Kinder spielerisch ans Leben heranzugehen. Dass man sich erlaubt, Fehler zu machen und dass man keine Angst hat vor dem Scheitern. Dass man einfach ausprobiert und auf den anderen zugeht.

Das Gespräch führte Anne-Maria Neubauer, noe.ORF.at