Starpianist Rudolf Buchbinder wird 70

Starpianist Rudolf Buchbinder feiert am 1. Dezember seinen 70. Geburtstag. Der künstlerische Leiter des Musikfestivals Grafenegg war einst mit fünf Jahren jüngster Student der Wiener Musikhochschule.

Rudolf Buchbinder wurde 1946 in Leitmeritz in Böhmen, dem heutigen Tschechien, geboren. Er spielte als Kleinkind auf einem Pianino, das zu Hause herumstand. Ein Onkel erkannte sein Talent und empfahl ihn an die Musikakademie in Wien. Dort wurde der Fünfjährige als jüngster Student aufgenommen – noch bevor er zur Schule ging. Der Schüler fiel als besonders begabt auf, der damalige Bundespräsident Julius Raab wurde bei einem Besuch der Akademie auf Buchbinder aufmerksam.

Julius Raab zahlte ihm Privatlehrer

Raab ließ ihn vom Schulunterricht befreien und bezahlte einen Privatlehrer, um ihm ein intensiveres und freieres Musikstudium zu ermöglichen. Als Student saß Buchbinder mit dem Pianisten Friedrich Gulda in einer Meisterklasse der Akademie. Er trat mit allen großen Orchestern und in den meisten großen Konzertsälen weltweit auf. Sein Repertoire reicht von klassischen und romantischen Werken bis zu zeitgenössischen Kompositionen. Zahlreiche Werke kamen durch ihn zur Uraufführung.

Buchbinder findet es wichtig, bei den Salzburger Festspielen aufzutreten, das Mekka aller Sommerfestivals. Sein liebster Konzertsaal war und ist der Goldene Saal im Musikverein in Wien, wo er seit Kindertagen auftritt und das Publikum regelmäßig zu tosendem Applaus hinreißt. Seine liebste Freiluftbühne steht im Park von Schloss Grafenegg: der Wolkenturm.

Grafenegg Wolkenturm

Alexander Haiden

Eine weltweit wohl einzigartige Kulisse: der Wolkenturm in Grafenegg

„Der Wolkenturm ist die beste Open-Air-Bühne der Welt, nicht überdimensioniert und vor allem nach dem Prinzip des griechischen Sprechtheaters gebaut, also eine Arena. Daher kommt die optimale Akustik. Sonst wäre eine Freiluftarena akustisch nicht so machbar wie hier.“

Buchbinder: „Grafenegg ist meine zweite Heimat“

Seit 2007 ist Buchbinder künstlerischer Leiter des Grafenegger Musiksommers. Ihm gelang es aufgrund seiner internationalen Kontakte, die besten Orchester der Welt und die Spitzenstars der Klassik auf die Bühne des Wolkenturms zu holen. „Grafenegg ist für mich ein zweites Zuhause geworden. Von Jahr zu Jahr fühle ich mich hier mehr verwachsen. Grafenegg gehört zu meinem Leben. Weltweit versuche ich, den Musiksommer in Grafenegg den Menschen näherzubringen. Egal ob in Japan, in Amerika oder China oder sonst wo auf der weiten Welt.“

Zu Buchbinders Spezialitäten gehören die „Klaviermarathons“: Der Pianist spielt alle Klavierkonzerte Beethovens oder Mozarts an einem Tag, es gibt eine CD-Edition mit der gesamten Klavierliteratur von Joseph Haydn. Buchbinder gilt als Beethoven-Spezialist, beschäftigt sich aber neben seiner Konzerttätigkeit intensiv mit Quellenforschung auch bei Werken Mozarts und Haydns. Die großen Musikarchive der Welt öffnen dem Fachmann gerne ihre Türen.

Mit der großen Liebe im Stadtpark geschwänzt

Stabilität verleiht Buchbinders Leben seine Familie: Ehefrau Agnes, selbst Pianistin und Mutter der beiden Kinder, ist immer in seiner Nähe. Das Paar kennt einander seit Kindertagen, er war zwölf, sie elf Jahre alt, als er die ersten Liebesbriefe an sie schrieb. Sie erinnern sich auch heute noch beide an die Zeiten, wo sie manchmal die Unterrichtsstunden an der Akademie schwänzten, um im Stadtpark spazieren zu gehen. Das Studium schlossen trotzdem beide als ausgebildete Pianisten ab. Agnes Buchbinder berichtet mit einem Lächeln von den Liebesbriefen, die er ihr schrieb – schon in Jugendtagen mit dem Anhang „Buchbinder“ an ihren Mädchennamen.

Sie managt die Familie, organisiert sein Leben. Die ausgezeichnete und leidenschaftliche Köchin schaut, dass ihm nichts fehlt, und schätzt ihren „Rudi“, „weil er so ein liebevoller und guter Mensch ist. Er wusste immer die beiden so verschiedenen Pole im Leben zu vereinbaren: Nie übte er mehr als drei Stunden, um sich den Kindern, wenn sie aus der Schule kamen, zu widmen. Nie war er länger als fünf Monate im Jahr auf Konzertreisen, damit ihm für Wien und für die Familie genügend Zeit bleibt“, verrät seine Frau.

„Das Glück ist mein Familienleben, mein Beruf, der nie zu Ende ist. Die Karriereleiter ist unendlich. Man kann zurückblicken, aber es geht bis zum Lebensende weiter. Man kann meinen Beruf schwer mit anderen vergleichen. Meine Karriere ist unendlich und so unendlich soll auch mein Familienleben sein, das ist für mich das Glück“, erklärt Buchbinder seine Lebensphilosophie.

Beethoven-Matinee

ORF

Buchbinder gilt als einer der wichtigsten Beethoven-Interpreten

Leidenschaftlicher Musikaliensammler

Er sammelt auch Gegenstände, die mit Klaviermusik und dem Klavier als Instrument zu tun haben, er malt gerne, und seine Videosammlung umfasst um die 5.000 Filme. Anlässlich seines Geburtstags ist der bereits vielfach Ausgezeichnete von Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) mit einer der höchsten Ehrungen des Landes Niederösterreich ausgezeichnet worden, mit dem „Goldenen Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich“.

Trotz seiner 70 Jahre wird Buchbinder auch in Zukunft nicht leiser treten: Dem Grafenegger Musiksommer bleibt er mindestens bis 2021 erhalten. Seine Konzerttätigkeit in Österreich und international setzt der Pianist auch mit unverminderter Intensität fort. Wenn man ihn fragt, was er sich zum Geburtstag wünsche, so kommt eine sehr bescheidene Antwort: „Dass es nicht schlechter werden soll. Nichts soll schlechter werden. Daran müssen wir arbeiten.“

Karina Fibich, noe.ORF.at

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