Eine beliebte Mimin feiert: Erni Mangold wird 90

„Lassen Sie mich in Ruhe“ nannte Erni Mangold ihre „Memoiren“: Diesen Gefallen wird man ihr am Donnerstag nicht machen, denn die in St. Leonhard am Hornerwald (Bezirk Krems) lebende Schauspielerin feiert ihren 90. Geburtstag.

Diesen Geburtstag wird die Kammerschauspielerin auf der Bühne der Wiener Kammerspiele bei der Premiere von „Harold und Maude“ feiern. Inszeniert wird Colin Higgins’ Klassiker von Fabian Alder, nachdem der ehemalige Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg aus gesundheitlichen Gründen seine geplante Regie abgeben musste.

Erni Mangold

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Erni Mangold in einer Drehpause zu „Der letzte Tanz“ (2014)

Im Vorfeld hatte Schottenberg die große Mimin gegenüber der Austria Presse Agentur als „eine der größten Schauspielerinnen unserer Zeit, ein Monstrum an Wahrhaftigkeit“ gewürdigt. „Sie ist zornig, ungehobelt, zärtlich und voller Liebe. Und sie ist der jüngste Mensch, den ich kenne.“ Mit „Harold und Maude“ kehrt Mangold nun an der Seite von Meo Wulf als Harold an jene Bühne zurück, an der sie 1946 ihr Debüt gab: Damals trat sie in „Pedro Pablo und die Gerechtigkeit“ auf der kleinen Studiobühne-Dependance in der Liliengasse auf, das Debüt am Haupthaus folgte im Jahr darauf in „Der Herr im Haus“ (in der Rolle der Mary Skinner).

Karrierestart als „Sexerl“ im Film

Erni Mangold wurde am 26. Jänner 1927 in Großweikersdorf (Bezirk Tulln) geboren. Nach der Ausbildung an der Wiener Schauspielschule Krauss spielte sie von 1946 bis 1956 im Wiener Theater in der Josefstadt. Wie sie dabei einerseits als „Sexerl“ Karriere machte, andererseits ihre Abwehrtechniken bei den häufigen Zudringlichkeiten („Die Männer waren hinter mir her, dass es ein Graus war“) verfeinerte und sich dennoch an der Seite von Helmut Qualtinger oder Ernst Haas mit Verve ins Wiener Nachtleben stürzte, schildert sie in ihrem Erinnerungsbuch „Lassen Sie mich in Ruhe“ ausführlich.

Erni Mangold Diagonale Graz 2016

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Erni Mangold beim Filmfestival Diagonale in Graz (2016)

1956 ging sie für acht Jahre ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg unter Gustaf Gründgens, danach ans Düsseldorfer Schauspielhaus unter Karlheinz Stroux. Zwischen 1965 und 1972 folgten weitere Engagements in Deutschland, der Schweiz und Österreich. Parallel dazu entdeckte Mangold ihre Liebe zum „alternativen“ Theater. So trat sie etwa in der Wiener Kulisse auf, ehe sie 1981 von Hans Gratzer an das Wiener Schauspielhaus geholt wurde, später war sie die Entdeckerin des Dramatikers Werner Schwab.

Als „spezieller rarer Frauentyp“ wurde die facettenreiche Künstlerin, die bereits 1972 mit der Kainz-Medaille ausgezeichnet wurde, 1999 bei ihrer Ernennung zur Kammerschauspielerin gewürdigt. Neben eher klassischen Rollen wie der Marthe Schwerdtlein im „Faust“, der Lady Macbeth oder der Frau Muskat im „Liliom“ empfahl sich Mangold auch als grandiose Spezialistin fürs Skurrile wie in „Arsen und alte Spitzen“ oder für eigenwillige Kunstfiguren wie das alterslose „Schneewittchen“ in Elfriede Jelineks „Prinzessinnendramen“, das sie am Volkstheater mit schneidender Schärfe ausstattete. Dafür gab es 2005 den Skraup-Preis und den Nestroy-Theaterpreis als beste Nebendarstellerin.

Seit Jahrzehnten Erfolge im Film und auf der Bühne

Neben ihrer Bühnenlaufbahn hat Mangold in weit über 100 Film- und Fernsehproduktionen mitgespielt, darunter in Karl Hartls „Der Engel mit der Posaune“ (1948), O. W. Fischers „Hanussen“ (1955), Peter Patzaks „Kassbach“ (1979) oder Richard Linklaters „Before Sunrise“ (1995). Eine Institution wurde die Schauspielerin, die mit Heinz Reincke verheiratet war, auch als Lehrerin. Sie unterrichtete am Salzburger Mozarteum (wo etwa Michael Schottenberg ihr Schüler war), der Wiener Schauspielschule Krauss und am Wiener Max Reinhardt Seminar, wo sie ab 1974 - zwischen 1983 und 1995 als ordentliche Hochschulprofessorin - den Nachwuchs ausbildete.

Erni Mangold als Puck im Volkstheater Wien

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Als Puck in Shakespeares „Sommernachtstraum“ am Wiener Volkstheater (2015)

Zurückgezogen hat sie sich in den vergangenen Jahren jedoch nicht: In Schottenbergs Abschlussinszenierung am Volkstheater gab sie in Shakespeares „Sommernachtstraum“ einen eigenwilligen Puck, gemeinsam mit Daniel Sträßer spielte sie in Houchang Allahyaris Film „Der letzte Tanz“ im Jahr 2014, in dem sie sich als Geriatriepatientin einer zärtlichen Annäherung mit einem Zivildiener hingibt.

Auf der Bühne war sie zuletzt etwa in den „Kalender Girls“ bei der Sommernachtskomödie Rosenburg oder in Anna Polonis „La Pasada“ im Thalhof Reichenau zu erleben. An Preisen häufte sie in den vergangenen Jahren u. a. den Großen Schauspielpreis der Diagonale (2016), den Österreichischen Filmpreis für ihre Rolle in Houchang Allahyaris „Der letzte Tanz“ (2015), den Nestroy-Ring der Stadt Bad Ischl (2015) oder das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2012) an.

Mangold: „Ich staune, wie ich das alles schaffe“

Seit vielen Jahren bewohnt Erni Mangold ein Bauernhaus im Waldviertel, seit ihrem 80er an einer Adresse mit ihrem Namen. Die Gemeinde St. Leonhard am Hornerwald widmete ihr den „Prof. Erni Mangold-Weg“. „Ich bin stolz auf meine Auszeichnungen, aber das war für mich das schönste Geschenk. Einen eigenen Straßennamen kriegt man ja für gewöhnlich nur posthum“, schreibt sie in ihrem Buch „Lassen Sie mich in Ruhe“. Ruhestand kennt sie allerdings nicht: „Ich staune manchmal selbst, wie ich das alles schaffe. Schonen muss ich mich nicht für die paar Jahre, die da noch bleiben. Solange es mir gut geht, mach ich, was ich kann und will.“

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