Novomatic: OGH spricht Spieler 430.000 Euro zu

Der Glücksspielkonzern Novomatic muss einem Spielsüchtigen 430.000 Euro zahlen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied damit als Höchstgericht, dass der Mann nicht mehr imstande war, seiner Spielsucht selbst ein Ende zu setzen.

In dem Verfahren ging es wie bei vielen anderen Spielerklagen um die Frage, ob die Novomatic-Kunden während des Spielens an Automaten aufgrund von Spielsucht teilweise geschäftsunfähig waren und daher ihre verspielten Einsätze via Gericht zurückfordern können. In dem aktuellen Fall zweifelte Novomatic mit Sitz in Gumpoldskirchen (Bezirk Mödling) an der Spielsucht des Klägers, er habe sich lediglich „psychiatrisches Wissen“ angeeignet. Außerdem kritisierte der Konzern den vom Gericht eingesetzten Sachverständigen - mehr dazu unter Novomatic muss Spieler 430.000 Euro zahlen (noe.ORF.at; 18.11.2016).

Mann spielte mehrere Stunden täglich

Der Mann war zwischen 2004 und 2013 in Novomatic-Spielstätten in Wien, etwa 25 Tage im Monat spielte er laut Erstgericht mehrere Stunden täglich. „Es war ihm nicht möglich, das Aufsuchen des Spiellokals zu unterlassen und selbstständig das Spielen zu beenden“, heißt es in dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 26. Jänner 2017, aus dem die Austria Presse Agentur zitiert.

Der Kläger begehrte ursprünglich die Rückzahlung von 675.860 Euro, konnte aber nicht über alle verspielten Beträge Nachweise erbringen. Letztendlich bekam er von erster und zweiter Instanz 372.220 Euro zugesprochen. Dazu kamen vier Prozent Zinsen für mehrere Jahre. Laut Klägeranwalt Peter Ozlberger bezehalte Novomatic die 430.000 Euro bereits.

Höchstgericht folgte Urteilen der Vorinstanzen

Novomatic konnte sich in dem Fall mit seinen Argumenten weder beim Erst- und Zweitgericht noch beim Höchstgericht durchsetzen. Schon das Berufungsgericht hatte etwa ausgeführt, dass Novomatic die Darlegungen des Sachverständigen übergehe, wonach beim Kläger sehr wohl ein Ausschluss der Willens- und Entscheidungsfreiheit abzuleiten sei.

Denn „über lange Zeitstrecken nachweisbare Kreditkarten- und Bargeldbehebungen“ ließen „sehr konkrete und anschauliche Rückschlüsse auf die Spielhallenbesuche des Klägers“ zu. Die Beweisbarkeit von behaupteter Spielfrequenz und -intensität sei nicht vom Sachverständigen zu beurteilen, so der OGH.

Teilweise Geschäftsunfähigkeit „vertretbar“

Dass die Vorinstanzen dem Kläger partielle Geschäftsunfähigkeit bescheinigten, ist laut OGH „vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig“. Geschäftsunfähigkeit ist nach Meinung des Höchstgerichts nicht nur bei „völliger Unfähigkeit zur Willensbildung“ gegeben. Für die teilweise Geschäftsunfähigkeit „kommt es darauf an, ob der Betreffende in der Lage war, die Tragweite und die Auswirkungen eines bestimmten Rechtsgeschäfts abzuschätzen und dieser Einsicht gemäß zu disponieren.“

Ob ein Kläger zu einem bestimmten Zeitpunkt geschäftsunfähig war, ist aus Sicht des OGH keine Rechtsfrage von Bedeutung, sondern eine typische Einzelfallbeurteilung. Aus diesem Grund war die außerordentliche Revision Novomatics zurückzuweisen.

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