Nachbar erschossen: Täter bleibt in Freiheit

Ein 47-jähriger Wiener, der vor mehr als acht Jahren seinen Nachbarn erschossen hat, darf weiter in Freiheit leben. Der Mann litt zum Tatzeitpunkt unter Schizophrenie. Der Prozess am Donnerstag endete mit einer bedingten Einweisung.

Die Entscheidung des Geschworenensenats am Landesgericht Krems ist rechtskräftig. Die von der Staatsanwaltschaft geforderte Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wurde dem 47-Jährigen auf zehn Jahre bedingt nachgesehen. Das bedeutet, dass der Mann weiterhin in Freiheit leben darf, aber strenge Auflagen zu erfüllen hat. Der Betroffene muss etwa täglich seine Medikamente nehmen und auch monatlich zu einer ärztlichen Kontrolle.

Der Mann erschoss 2009 seinen Wohnungsnachbarn im Waldviertel. Die Tat blieb zunächst unentdeckt, bis der Beschuldigte diese wenig später bei einem Bewerbungsgespräch erwähnte. Die Polizei begann daraufhin zu ermitteln, fand aber keine Leiche. Diese wurde erst im Herbst 2016 von einem Waldarbeiter in einem Waldstück in Puch (Bezirk Waidhofen an der Thaya) gefunden. Laut Gutachter beging der Angeklagte die Tat unter dem Einfluss einer paranoiden Schizophrenie. Er soll durch die wahnhafte Realitätsverschiebung Bedrohungsszenarien erlebt haben, die er laut Staatsanwaltschaft offenbar beseitigen wollte.

Betroffener kann sich nicht an Tatablauf erinnern

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft zeigte sich der 47-Jährige nach seiner Ausforschung geständig, nannte aber unterschiedliche Motive für die Tat. Zunächst habe er angegeben, der 42-Jährige hätte seine Schwiegermutter vergewaltigt, weshalb er ihn zur Rede stellen wollte. Es kam zu einem Gerangel, bei dem ein Schuss fiel. Gegenüber dem Sachverständigen erklärte der Mann dann, etwas durcheinandergebracht zu haben. Er habe demnach das Gefühl gehabt, dass der Wohnungsnachbar hinter einem Terroranschlag in den 1980er-Jahren stecke, und daher um sein Leben gefürchtet.

Vor Gericht sagte der Angeklagte am Donnerstag, dass er sich nicht gut daran erinnern könne, was sich damals im Waldviertel abgespielt habe. Bis Ende 2008 habe er eigentlich gar keinen Kontakt mit seinem Nachbarn gehabt. Auf die Frage, welche Hinweise auf dessen mögliche Gefährlichkeit er denn damals gehabt habe, wusste er keine Antwort außer seiner Krankheit. Nur soviel: Er sei nicht in Tötungsabsicht ins Waldviertel gefahren. Er erinnerte sich daran, eine Stunde neben dem Toten gesessen zu sein. Wie er die Leiche wegschaffte, wisse er nicht mehr. Seit er Medikamente nehme, „wurden die Gedanken immer klarer“, sagte er.

Mann soll medikamentös „perfekt eingestellt“ sein

Aufgrund der krankheitsbedingten Zurechnungsunfähigkeit musste sich der 47-Jährige nicht wegen Mordes vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Sein Anwalt plädierte unter Hinweis auf die Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen und die Tatsache, dass sein Mandant medikamentös „perfekt eingestellt“ sei, auf eine bedingte Nachsicht dieser Maßnahme, zu der es schlussendlich auch kam.

Auch seine Lebensgefährtin betonte vor Gericht, dass er seit er in Behandlung sei, keine Wahnvorstellungen mehr habe. Er sei der „liebenswürdigste“ Mensch, den man sich vorstellen könne, und redseliger als früher, nicht mehr so in sich gekehrt. Sie wolle „nichts gut reden, aber er ist ein guter Mensch“, meinte die 48-Jährige. Sie achte darauf, dass er seine Medikamente nehme.

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