Hirtenberg: Todesursache bei Häftling geklärt

Nach dem Tod eines Häftlings in der Justizanstalt Hirtenberg (Bezirk Baden) steht jetzt fest, dass der 55-Jährige aufgrund einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung starb. Hinterbliebene erheben weiterhin schwere Vorwürfe.

Der 55-jährige Häftling, der in der Justizanstalt (JA) Hirtenberg untergebracht war, kam am 6. Dezember 2016 in einem Wiener Spital ums Leben. Der Mann, der davor über starke Bauchschmerzen geklagt haben soll, sei nicht zeitgerecht behandelt worden, so der damalige Vorwurf seitens der Hinterbliebenen - mehr dazu in Hirtenberg: Vorwürfe nach Tod eines Häftlings (noe.ORF.at; 22.2.2017). Laut Gerichtsmediziner Christian Reiter steht nun fest, dass eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung kausal für den Todeseintritt war.

Weiterer Gutachter soll beigezogen werden

Reiter kam in seiner Expertise zu dem Schluss, dass „bei derzeitigem Aktenstand keine Anhaltspunkte für ein fremdes Verschulden am Tod des Mannes“ vorliegen würden. Diese Expertise hatte er Anfang März an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt, wo ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung anhängig ist.

Allerdings hält Reiter die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen für erforderlich, zumal der 55-Jährige im Gefängnis seit längerem über starke Bauchschmerzen geklagt haben soll. „Ob die medizinische Betreuung in der JA Hirtenberg bzw. in den nachfolgenden medizinischen Einrichtungen sorgfaltskonform war und ob die Bauchspeicheldrüsenentzündung vorhersehbar und abwendbar war, muss ergänzend einem Sachverständigen für Chirurgie unter Heranziehung der jeweiligen Krankenunterlagen übertragen werden“, betonte Reiter in seinem Gutachten.

Häftlinge sollen als Zeugen vernommen werden

Mirsad Musliu, der Rechtsvertreter der Hinterbliebenen, die sich dem gegen derzeit unbekannte Täter geführten Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen haben, beantragte bereits die Einholung eines chirurgischen Gutachtens. Außerdem will er mehrere Häftlinge der JA Hirtenberg als Zeugen vernehmen lassen. „Die haben alle mitbekommen, unter welchen Schmerzen der Mann im Gefängnis gelitten hat“, so Musliu im Gespräch mit der APA. Der 55-Jährige habe zunächst nur Schmerzmittel und Infusionen bekommen und sei nicht rechtzeitig lege artis behandelt worden. Die Generaldirektion für den Strafvollzug wies diesen Vorwurf bereits Ende Februar gegenüber der APA zurück.

Der Häftling war am 1. Dezember 2016 zur operativen Behebung eines Hodenbruchs in ein Wiener Spital überstellt worden. Am 2. Dezember verschlechterte sich kurz vor dem geplanten Eingriff plötzlich sein Gesundheitszustand, er musste reanimiert und auf die Intensivstation verlegt werden, wo ein Venenkatheter gesetzt wurde. Nach einer Stoffwechselentgleisung zeigten sich erhöhte Leber- und Pankreaswerte, eine Computertomographie wies schließlich eine ausgeprägte Bauchspeicheldrüsenentzündung nach. Am Morgen des 6. Dezember trat der Herz-Kreislaufstillstand ein.

Obduktion lässt Fragen offen

Was die Bauchspeicheldrüsenentzündung auslöste und inwieweit dabei eine vorbestehende Erkrankung der Leber eine Rolle spielte, konnte die gerichtliche Obduktion nicht klären. Gerichtsmediziner Reiter fand jedenfalls keine Hinweise, dass die Bauchspeicheldrüsenentzündung „schon längere Zeit bestanden hat“. Überdies hält Reiter in seinem Gutachten fest: „Die chronische Lebererkrankung kann mit Oberbauchschmerzen verbunden gewesen sein.“

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