„Staatsverweigerer“ teilweise geständig

Unter großem Medieninteresse ist am Mittwoch in Krems der Prozess gegen acht „Staatsverweigerer“ fortgesetzt worden. Die Erstangeklagte bekannte sich teilweise schuldig. Sie soll einen „Prozess“ gegen ihre Sachwalterin geplant haben.

Nachdem zum Prozessauftakt im März nur drei der acht Angeklagten erschienen waren und der Prozess deshalb vertagt werden musste, waren am Mittwoch alle Beschuldigten im Alter von 29 bis 57 Jahren anwesend. Fünf von ihnen wurden aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem schwere Nötigung, beharrliche Verfolgung und Amtsanmaßung vor.

Laut Anklage sollen die Beschuldigten im Juli 2014 - in wechselnder Zusammensetzung - einen „Haftbefehl“ gegen die Sachwalterin der Erstangeklagten ausgestellt und die Polizei um Unterstützung gebeten haben. Dabei sollen sich die Beschuldigten als Organe eines International Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV) ausgegeben haben. Weder die Festnahme, noch die geplante „Gerichtsverhandlung“ auf einem Bauernhof im Waldviertel fanden aber statt. Ein Großaufgebot der Polizei räumte den Bauernhof und führte Dutzende „Staatsverweigerer“ ab.

Angeklagte: „Das hat eine Eigendynamik entwickelt“

Am Mittwochvormittag war zunächst die 53-jährige Hauptangeklagte und Besitzerin des Bauernhofes am Wort. Die Frau bekannte sich vor Gericht teilweise schuldig und gab etwa zu, im Internet Klage gegen ihre Sachwalterin eingereicht zu haben. „Ich wollte eine Wiedergutmachung und, dass mein Leben wieder normal rennt“, meinte sie und berichtete, dass ihr im Juni 2014 der Strom auf ihrem Hof in Hollenbach, einer Katastralgemeinde von Waidhofen an der Thaya, abgedreht worden war, auch ihr Konto sei gesperrt worden. Daraufhin sei ihr Hilfe angeboten worden, einer Einladung zum „Wiesensommer“ in Hollenbach waren zahlreiche Personen gefolgt. Für das „Tribunal“ sei ein Stadel ausgeräumt worden.

„Irgendwie hat das so eine Eigendynamik entwickelt. Ich habe gemerkt, dass es gar nicht um das geht, was Sache ist“, schilderte die Frau, die in U-Haft sitzt. Viele seien unter dem Bann eines - nicht angeklagten - englischsprachigen Beteiligten gestanden, der im Juli 2014 durchgehend bei ihr am Hof gelebt habe. Diesen und andere nunmehr Mitangeklagte lernte sie laut ihren Angaben bei einem von ihr veranstalteten Infonachmittag zur staatsfeindlichen Bewegung OPPT (One People’s Public Trust) in Wien kennen.

Die Angeklagte gab auch zu, von 2013 bis 2016 Einträge ins US-amerikanische UCC-Schuldenregister gegen mehrere Personen - darunter ihre ehemalige Sachwalterin, den damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer, Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), Führungskräfte der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und der Landespolizeidirektion - verfasst zu haben. Die Forderungen gab sie mit 113 Billionen Silberunzen an.

Mehrere „Staatsverweigerer“ bereits befragt

Ein 42-jähriger Wiener, der zum Prozessauftakt nicht erschienen war, bekannte sich am Mittwoch nicht schuldig. Er war seinen Angaben zufolge zum Grillen auf dem Hof in Hollenbach im Waldviertel. „Ich habe dort die Natur genossen“. Auf die Frage nach dem „Haftbefehl“ gegen die Sachwalterin erklärte er, es sei ein falsches Formular verwendet worden. Geplant gewesen sei eine Einladung zu einem Gespräch. Bei der Übergabe in der Polizeiinspektion Waidhofen an der Thaya Mitte Juli 2014 hatte der Mann jedoch von einem „Haftbefehl“ gesprochen und angekündigt, die Sachwalterin abzuholen. Einer der Beteiligten hatte dies gefilmt, ein Ausschnitt des Videos wurde am Mittwoch gezeigt. Daraufhin kam der 42-Jährige in Erklärungsnot: „Ich kann mich nicht mehr erinnern.“

Ein 29-jähriger Drittangeklagter war bereits beim ersten Verhandlungstermin erschienen und befragt worden. Der in Wien lebende Mann, der 2014 den Titel „Hilfssheriff“ trug, bekannte sich am Mittwoch schuldig. Er berichtete erneut, als Übersetzer fungiert zu haben.

Laut Angeklagtem „Theaterstück“ geplant

Ein 51-jähriger Angeklagter beantwortete nach einem hitzigen Wortgefecht mit der Richterin zu Beginn seiner Einvernahme schließlich die an ihn gerichteten Fragen. Geplant gewesen sei im Juli 2014 in Hollenbach eine Veranstaltung wie ein Theaterstück, meinte der Oberösterreicher. „Es war zu keinem Zeitpunkt geplant, jemanden zu verhaften.“

Der Titel der Aufführung habe „Gerichtsverhandlung“ gelautet und „sollte eine gewisse Aufmerksamkeit erregen“, erklärte der 51-Jährige, der sich am Mittwoch nicht schuldig bekannte. Damit wollte man „ein Zeichen gegen Ungerechtigkeit setzen“, eine Menschenmenge sollte am 28. Juli 2014 in Hollenbach im Waldviertel seinen Angaben zufolge über das Thema Sachwalterschaft diskutieren. Der Mann gab zu, an diesem Tag eine Waffe mit sich geführt zu haben. Den Besuch Mitte Juli 2014 bei der Polizei, der u.a. ein „Haftbefehl“ gegen die Sachwalterin der Erstangeklagten übergeben worden war, begründete er folgendermaßen: Die Exekutive hätte den Sachverhalt klären und eine Anzeige aufnehmen sollen.

Ein 53-jähriger Angeklagter, der bereits beim Prozessauftakt Mitte März anwesend war, meinte am Mittwoch: „Ich habe damals zu wenig gewusst und war zu naiv.“ Er hatte als „Sachbearbeiter“ des ICCJV „Haftbefehle“ gegen die Sachwalterin der Hofbesitzerin und Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) unterschrieben. Am 28. Juli 2014 war er zum ersten Mal in Hollenbach gewesen und kurz vor dem Polizeieinsatz auf dem Hof angekommen. Am Abend standen noch Befragungen von zwei der am ersten Prozesstag nicht anwesenden Angeklagten aus.

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