Erwin Pröll: Eine Polit-Ära geht zu Ende

Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) übergibt sein Amt am Mittwoch nach knapp 25 Jahren offiziell an Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Er hat in dieser Zeit Niederösterreich politisch geprägt und zahlreiche neue Akzente gesetzt.

Nur wenige Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs begann die Amtszeit von Pröll als Landeshauptmann. Er wolle Niederösterreich zu einer pulsierenden Region im Herzen Europas machen, das betonte er bei vielen Gelegenheiten. Schwerpunkte seiner Regierungsarbeit waren die Stärkung des ländlichen Raumes, der Ausbau der Infrastruktur, die Entwicklung Niederösterreichs zu einem Wirtschafts- und Forschungsstandort und die Positionierung als Kulturland.

Von Straßenbau bis Hochwasserschutz

Eines der großen Straßenbauprojekte in Prölls Amtszeit war der Bau der Nordautobahn (A5) - mehr dazu in 20.000 Straßenbauvorhaben in 25 Jahren (noe.ORF.at; 28.3.2017). Im Jänner 2010 wurde das erste Teilstück zwischen Eibesbrunn und Schrick (beide Bezirk Mistelbach) eröffnet. Derzeit wird an der Verlängerung bis Poysbrunn (Bezirk Mistelbach) gebaut. Pröll traf in den vergangenen Jahren in dieser Sache auch immer wieder tschechische Verantwortungsträger um auf einen Weiterbau der Autobahn auf tschechischer Seite zu drängen. Der neue Kreishautpmann von Südmähren, Bohumil Schimek, zeigte sich zuletzt optimistisch, dass 2018 mit dem Bau begonnen werden kann.

Die Landesgesellschaft NÖVOG übernahm von den ÖBB mehrere Nebenbahnen. Insgesamt waren es 630 Kilometer, circa 330 davon werden noch befahren. Ein Beispiel ist die Mariazellerbahn, die mit modernen Zügen ausgestattet wurde. Der Rest der Nebenbahnen wurde stillgelegt oder umfunktioniert.

Landeshauptmann Erwin Pröll und Vizekanzler Michael Spindelegger am 4. Juni 2013, während eines Lokalaugenscheins in Wallsee (Bezirk Amstetten)

APA/NLK/Pfeiffer

Hochwasserkatastrophen, wie jene 2002 oder 2013 führten dazu, dass das Land Millionen in den Hochwasserschutz investierte. Hunderte Projekte entlang der Donau, des Kamps oder in zahlreichen Waldviertler Gemeinden wurden umgesetzt.

Konflikte: Semmeringbasistunnel und Handymasten

Ein Zankapfel zwischen Niederösterreich und der Steiermark war in den 90er Jahren der Semmeringbasistunnel. Die Steiermark wollte das Projekt. Pröll war in der damaligen Form aus Umweltschutzgründen - wie er argumentierte - dagegen. 2005 wurde das Projekt gestoppt und ein völlig neues ausgearbeitet. Seit 2015 wird gebaut.

Auf Konfrontation ging Pröll auch in Sachen Handymasten. Er forderte, dass Mobilfunkbetreiber Masten gemeinsam nutzen und drohte mit der Einführung einer Abgabe. EU-Kommissarin Vivane Reding drohte Niederösterreich mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Schließlich einigte sich Pröll in einer nächtlichen Sitzung mit den Mobilfunkbetreibern auf einen Mobilfunkpakt und die Querelen waren beigelegt. Pröll bezeichnete diesen Streit, für den er auch von anderen Parteien heftig kritisiert worden war, als den bis dahin härtesten Kampf in seiner politischen Laufbahn.

Niederösterreich als Wissenschaftsstandort

Ein hartes Match mit Wien lieferte sich Pröll als es um den Standort für das IST Austria ging. Pröll wollte es am Gelände der ehemaligen Nervenheilanstalt in Maria Gugging unterbringen und setzte sich dank eines besseren finanziellen Angebotes schließlich auch gegen die Aspern-Gründe in Wien durch. 2009 wurde das IST in Maria Gugging (Bezirk Tulln) eröffnet und wächst seither stetig.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Pröll: „Land der rauchenden Köpfe“

Pröll wollte Niederösterreich zu einem „Land der rauchenden Köpfe“ machen, sagt er im Gespräch mit ORF NÖ Chefredakteur Robert Ziegler.

Krems wurde mit der Donauuniversität, der IMC Fachhochschule und der kürzlich eröffneten Karl Landsteiner-Privatuniversität als Bildungsstandort positioniert. Die Donauuniversität bekam 2014 das Promotionsrecht zuerkannt und stieg damit zu einer vollwertigen Universität auf. Seit Ende 2016 werden in Wiener Neustadt Patientinnen und Patienten im Krebsbehandlungs- und Forschungszentrum MedAustron therapiert. Der dafür nötige Teilchenbeschleuniger wurde in Zusammenarbeit mit dem Kernforschungszentrum CERN in Genf entwickelt.

Pröll betrieb eine aktive Außenpolitik

Erwin Pröll pflegte in seiner Amtszeit als Landeshauptmann viele Kontakte ins Ausland. Auf Reisen nach China, Taiwan oder in den Oman wurden Wirtschaftsbeziehungen geknüpft. Eine enge Verbindung hatte Pröll stets zu den Verantwortungsträgern der Nachbarländer Tschechien und Slowakei.

Das Europaforum Wachau, das 1995 vom damaligen Außenminister Alois Mock (ÖVP) und Pröll gegründet wurde, war jedes Jahr Treffpunkt für internationale politische Gäste von Regierungschefs über Außenminister bis hin zu EU-Kommissaren. Jean Claude Juncker war ebenso dabei wie Vaclav Klaus oder 2001 der belgische Premierminister Guy Verhofstadt.

Erwin Pröll

ORF / Gernot Rohrhofer

Starke Regionen in einem großen Europa sind Pröll wichtig. 2010 vereint er 140 europäische Regionen um die Regionalförderungen der EU zu sichern. Dafür trifft er - für Landeshauptleute eher unüblich - sogar die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.
2016 schließen sich mehr als 300 Regionen der Initiative aus Niederösterreich an.

Pröll suchte Kontakt zu Kunstschaffenden

Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Andre Heller, Marianne Mendt, Erika Pluhar, Peter Turrini, Michale Haneke - das sind nur einige Künstlerinnen und Künstler, mit denen Erwin Pröll Kontakt pflegte. Die Kulturpolitik war einer der Schwerpunkt in Prölls Arbeit. Bei der Eröffnung des Nitsch-Museums in Mistelbach 2007 etwa erklärte er: „Ein Land oder eine Gesellschaft, wo die Kunst auch nur im geringsten beschnitten wird, das schneidet die eigenen Lebensadern ab.“ In Baden öffnete 2009 das Arnulf Rainer Museum seine Pforten. Das Land Niederösterreich erwarb den Vorlass des Schriftstellers Peter Turrini - mehr dazu in Vom „weißen Fleck“ zum „Kulturland“ (noe.ORF.at; 4.4.2017)

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Pröll: „Risiko ist ein Begleiter“

„Wir sind mutig vorangegangen“, sagt Pröll über die Kulturpolitik in seiner Amtszeit im Gespräch mit ORF NÖ Chefredakteur Robert Ziegler.

Das Prestigeprojekt im Kulturbereich wurde 2007 eröffnet, der Wolkenturm im Schlosspark von Grafenegg (Bezirk Krems-Land). Mit Rudolf Buchbinder holte sich Erwin Pröll einen Star mit vielen internationalen Kontakten als künstlerischen Leiter des Musikfestivals. In Krems entsteht derzeit die Galerie Niederösterreich. In einem imposanten neuen Gebäude wird ein Ausstellungsraum für die Kunstschätze des Landes geschaffen. Kommenden Herbst wird in St. Pölten außerdem das Haus der Geschichte eröffnet.

„Es gibt Höheres als die Politik“

Pröll wurde am 24. Dezember 1946 in eine Weinbauernfamilie in Radlbrunn (Bezirk Hollabrunn) geboren. Die Katastralgemeinde von Ziersdorf ist bis heute sein Zuhause.

Pröll, der mit Leopold Figl und Eduard Hartmann zwei seiner Vorgänger als politische Vorbilder nennt und den Ende Oktober 2010 verstorbenen Altlandeshauptmann Andreas Maurer stets als väterlichen Freund bezeichnete, betonte wiederholt, gern „erster Diener“ des Landes zu sein. Ab 19. April is es damit vorbei, Pröll will sich - er ist verheiratet, hat eine Tochter, drei Söhne und mittlerweile sechs Enkelkinder - seiner Familie widmen. Denn: „Es gibt Höheres als die Politik.“

Links: