Von der University of California nach Wieselburg

Der renommierte Energieforscher Michael Stadler kehrt seiner Wahlheimat Kalifornien den Rücken und arbeitet künftig am Technopol Wieselburg (Bezirk Scheibbs). Sein Forschungsgebiet, die Mikronetze, soll zum Milliardenmarkt werden.

Noch ist das Büro von Michael Stadler im Wieselburger Technopol eher karg eingerichtet. Der Energieforscher ist erst seit wenigen Wochen wieder in Österreich, zum Einrichten seines Arbeitsplatzes hatte er bislang kaum Zeit. Bis vor kurzem war Stadler der Leiter einer 40-köpfigen Arbeitsgruppe im Lawrence Berkeley National Laboratory an der University of California.

Doch er entschied sich, Kalifornien nach zwölf Jahren den Rücken zu kehren und zurück nach Niederösterreich zu kommen - aus privaten Gründen, wie er betont. Hier arbeitet der 42-Jährige am Technopol Wieselburg, nur wenige Kilometer von Hofamt Priel (Bezirk Melk), wo er aufwuchs, entfernt. Nun soll Stadler für das Forschungszentrum „Bioenergy 2020+“ dessen neuen Tätigkeitsbereich namens Micro-Grids aufbauen.

Michael Stadler

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Michael Stadler an seinem neuen Arbeitsplatz im Wieselburger Technopol

Micro-Grids (deutsch: Mikronetze) sind seit langem das primäre Forschungsgebiet von Michael Stadler. Mit dem Begriff wird lokal erzeugte, erneuerbare Energie bezeichnet, etwa jene aus Biomasse. Intelligente Computerprogramme sorgen für einen effizienteren Einsatz dieser Energie. Sie sollen durch stromsparendes Verhalten der CO2-Ausstoß und damit gleichzeitig die Energiekosten gesenkt werden. Dadurch sollen die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbaren Energien steigen. Zusätzlich verringern die großteils autonomen Netze das Risiko eines flächendeckenden Stromausfalls. Genau diese intelligenten Computerprogramme entwickelte Stadlers Team in den USA in den vergangenen Jahren.

Höchster Preis für junge Wissenschaftler in den USA

„Ich arbeite hauptsächlich mit Mathematik und Physik“, erklärt Stadler gegenüber noe.ORF.at. „In Simulationen werden Modelle der Realität abgebildet. Dann versucht man zu simulieren, wie sie sich alleine und zueinander verhalten.“ So könne man etwa sehen, wie sich CO2-Emissionen und Energiekosten eines Gebäudes unter verschiedenen Einflüssen verändern.

Für seine Arbeit wurde der Energieforscher schon mehrfach ausgezeichnet. Bisheriger Höhepunkt seiner Karriere war vor etwa einem Jahr die Verleihung des „Presidential Early Career Award for Scientists and Engineers“ durch den damaligen US-Präsidenten Barack Obama. Dies ist die höchste Auszeichnung, die das Weiße Haus an aufstrebende Wissenschaftler in den USA vergibt.

Michael Stadler bei der Ehrung durch Barack Obama

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Stadler bekam den „Presidential Early Career Award for Scientists and Engineers“ durch den damaligen US-Präsidenten Barack Obama verliehen

Die Entscheidung, bald nach der Auszeichnung in Washington nach Europa zu ziehen, führt Stadler auch auf unterschiedliche Lebensweisen zurück: „Ich lebte zwölf Jahre lang in der Nähe von San Francisco in der Stadt. Danach wollte ich eine Firma am Land finden, die innovativ und in meinem Bereich aktiv ist.“

Auf „Bioenergy 2020+“ trafen schließlich alle Faktoren zu. Das Technologieunternehmen mit Hauptsitz in Graz bezieht einen Teil seines Budgets aus Fördermitteln des Bundes. In Wieselburg stellt das Land Niederösterreich mit dem Technopol die Infrastruktur zur Verfügung. „Das Renommee eines Wissenschafts- und Forschungsstandortes ist nicht zu unterschätzen“, sagt Helmut Miernicki, Geschäftsführer von ecoplus, der Wirtschaftsagentur des Landes. „Es ist wie ein Börsenmarkt, der gehandelt wird. Je besser und bekannter die Wissenschaftler sind, desto mehr nützt das auch wieder dem Standort. Das ist eine Wechselwirkung.“

Export nach Asien und in die USA geplant

Michael Stadlers Ziel bei „Bioenergy 2020+“ ist es nun, weiter an den in den USA entwickelten Technologien zu arbeiten. Längerfristig sollen sie schließlich zur Marktreife gebracht und vorwiegend exportiert werden. Die größte Nachfrage dafür dürfte es in den USA und in Asien geben. Für das Jahr 2020 schätzt der Forscher, dass in seinem Tätigkeitsbereich weltweit ein Marktvolumen in Höhe von etwa 220 Mrd. US-Dollar geben wird.

„Wir werden natürlich auch in Österreich oder Europa die Technologie installieren“, so Stadler. Für ihn bietet sich derzeit beim Export eine große Chance. Denn wer auf dem internationalen Markt wettbewerbsfähig sei, könne auch die regionale Wertschöpfung erhöhen.

Zur Zielgruppe für die Technologie zählen kurz- bis mittelfristig aufgrund des Kostenfaktors größere Komplexe, etwa Unternehmen oder Universitäten. Für einzelne Häuser rechne sich Stadlers Produkt in absehbarer Zeit wohl nicht. Der Energieforscher rechnet zwar dennoch damit, dass sich Mikronetze in Privathaushalten irgendwann durchsetzen. Momentan sei das aber noch „Zukunftsmusik“.

Felix Novak, noe.ORF.at

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