Sechs Schuldsprüche gegen „Staatsverweigerer“

Nach 19 Stunden Verhandlung ist in der Nacht auf Donnerstag in Krems der Prozess gegen acht „Staatsverweigerer“ zu Ende gegangen. Sechs der Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Sie sollen eigenmächtig einen „Prozess“ geplant haben.

Die Verhandlung gegen die „Staatsverweigerer“ ging kurz nach 3.30 Uhr nach mehr als 19 Stunden zu Ende. Die nicht rechtskräftigen Urteile reichen von Geldbußen bis zu Haftstrafen. Die höchste Strafe - 20 Monate Haft, davon 15 Monate bedingt - fassten ein 51- und ein 53-Jähriger aus. Ein 57-Jähriger wurde beim Prozess am Landesgericht Krems freigesprochen. Außerdem wurde das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten, einen 47-Jährigen, ausgeschieden. In seinem Fall soll ein weiteres Gutachten eingeholt werden.

Prozess um vermeintliche „Gerichtsverhandlung“

In dem Prozess ging es um eine vermeintliche „Gerichtsverhandlung“ auf einem Bauernhof in Hollenbach in Waidhofen an der Thaya. Laut Staatsanwaltschaft wollte eine der Angeklagten, die 53-jährige Besitzerin des Hofs, vor drei Jahren, am 28. Juli 2014, ihrer Sachwalterin den Prozess machen und reichte im Internet Klage nach Naturrecht ein. „Ich wollte eine Wiedergutmachung und dass mein Leben wieder normal rennt“, sagte die Frau vor Gericht. Zuvor sei ihr der Strom abgedreht und auch ihr Konto gesperrt worden - mehr dazu in „Staatsverweigerer“ teilweise geständig (noe.ORF.at; 12.4.2017).

Die Angeklagten im Alter von 29 bis 57 Jahren, Organe bzw. Mitbegründer eines vom Außenministerium als „Fantasiegericht“ bezeichneten International Common Law Court of Justice Vienna (ICCJV), stellten daraufhin einen „Haftbefehl“ gegen die Sachwalterin aus. Zu der „Gerichtsverhandlung“ auf dem Bauernhof kam es jedoch nicht, weil die Liegenschaft in Hollenbach von der Polizei am Tag der „Verhandlung“ geräumt wurde.

Angeklagte verfasste Einträge in Schuldenregister

Vor Gericht sagte die erstangeklagte Frau, dass es lediglich ein Gespräch mit der Sachwalterin hätte sein sollen. Gleichzeitig räumte sie ein, von 2013 bis 2016 Einträge ins US-amerikanische UCC-Schuldenregister gegen mehrere Personen - darunter ihre ehemalige Sachwalterin, den damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer, Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), Führungskräfte der Nationalbank (OeNB) und der Landespolizeidirektion - verfasst zu haben. Die Forderungen gab die 53-Jährige mit 113 Billionen Silberunzen an.

Man habe ihr Hilfe angeboten, sagte die Frau, zahlreiche Personen folgten einer Einladung zum „Wiesensommer“. Viele seien unter dem Bann eines - abgeschobenen und nicht angeklagten - englischsprachigen Beteiligten gestanden, der im Juli 2014 durchgehend bei ihr auf dem Hof gelebt habe. Diesen und andere nunmehr Mitangeklagte hatte sie bei einem von ihr veranstalteten Infonachmittag zur staatsfeindlichen Bewegung OPPT (One People’s Public Trust) in Wien kennengelernt.

Angeklagter: „Verhandlung war Theaterstück“

Im Verlauf der weiteren Befragungen wurde die Beteiligung heruntergespielt - so wollte der Zweitangeklagte (42) aus Wien, ein ehemaliges BZÖ-Mitglied, nur „zum Grillen“ gekommen sein. Der wie der 42-Jährige zum „Sheriff“ ernannte Oberösterreicher (51) bezeichnete die „Gerichtsverhandlung“ als geplantes „Theaterstück“, mit dem ein „Zeichen gegen Ungerechtigkeit“ gesetzt werden sollte.

Andere hatten als „Hilfssheriff“ fungiert. Eine 42-Jährige gab an, eine „gerichtliche Vorladung“ ohne Kenntnis des Inhalts unterschrieben zu haben. Ein 47-Jähriger, ehemaliges Mitglied des BZÖ, wollte seinen Angaben zufolge als Journalist in das „Projekt“ ICCJV hineinschnüffeln. Ein Arzt (57) bestritt die Vorwürfe ebenfalls. Ein 29-Jähriger war eigenen Angaben zufolge als Übersetzer tätig. Er habe damals zu wenig gewusst und sei zu naiv gewesen, meinte ein 53-Jähriger.

Weiteres Gutachten gegen einen Angeklagten

Die Anklage lautete unter anderem auf schwere Nötigung und Amtsanmaßung. Neben sechs Schuldsprüchen und einem Freispruch wurde das Verfahren gegen einen 47-Jährigen ausgeschieden. In seinem Fall sollen graphologische Gutachten eingeholt werden, um zu beweisen, dass sich auf „Haftbefehlen“ gegen die Sachwalterin und auch gegen Landeshauptmann Pröll seine Fingerabdrücke und seine Unterschrift befinden. Der Mann soll bis zum neuerlichen Prozess weiter in Untersuchungshaft bleiben.

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