RH-Kritik an Regierungsviertel

Der Rechnungshof (RH) hat in einem aktuellen Bericht die Finanzierung des Regierungsviertels in St. Pölten geprüft. Kritisiert wurde, dass die Finanzierung in Schweizer Franken teurer als eine vergleichbare Variante in Euro sei.

Laut dem Rechnungshof (RH) ist die gewählte Finanzierungsvariante mit Stand September 2015 selbst unter Berücksichtigung von Zinseszinseffekten um 31,36 Mio. Euro teurer. Das Land Niederösterreich sprach hingegen von einer „buchhalterischen Momentaufnahme“, der im Bericht ausgewiesene Minusbetrag „resultiert im Wesentlichen aus nicht realisierten Kursverlusten“.

Land Niederösterreich: „Richtige Entscheidung“

Der Leiter der Abteilung Finanzen, Reinhard Meißl, verwies darauf, dass man zwei im Jahr 1996 für die Finanzierung dieses Projekts getroffenen Entscheidungen berücksichtigen müsse: Einerseits die Finanzierung in Schweizer Franken und andererseits überwiegend auf variabler Zinsbasis.

„Der Sachverständige Josef Zechner kommt in einem Gutachten zum Schluss, dass eine Entscheidung für eine risikolose Finanzierung (Euro & Fixzins) im Jahr 1996 zum heutigen Zeitpunkt um bis zu 200 Millionen Euro teurer gewesen wäre als das gewählte Modell“, selbst unter Einrechnung der stichtagsbezogenen Kursverluste, teilte Meißl mit. „Daraus ergibt sich klar, dass die gewählte Finanzierung die richtige Entscheidung war.“

Regierungsviertel St. Pölten

APA/Herbert Pfarrhofer

Die NÖ. Verwaltungszentrum - Verwertungsgesellschaft m.b.H. (NÖVV) und weitere Projektgesellschaften gingen seit 1996/97 Verbindlichkeiten in Schweizer Franken zur Finanzierung des Regierungsviertels St. Pölten ein. Laut den Leasingverträgen zwischen dem Land Niederösterreich und der NÖVV waren dem RH zufolge sämtliche Kosten aus dieser Finanzierung einschließlich der Verluste aus Wechselkursänderungen vom Land Niederösterreich zu tragen.

Die NÖVV und eine weitere Projektgesellschaft hatten mit Stand September 2015 dem Bericht zufolge Verbindlichkeiten über 719,40 Millionen Franken gegenüber der Hypo NOE Gruppe Bank AG. Infolge von Wechselkursänderungen im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise hatte sich der Gegenwert dieser Franken-Verbindlichkeiten laut RH von rund 445 Millionen Euro im Zeitraum der Schuldaufnahme (1996/97) um rund 212 Millionen auf circa 657 Millionen Euro erhöht. Zusätzlich hatten die NÖVV und die weitere Projektgesellschaft demnach im August 2015 aus einer Konvertierung von 23,50 Millionen Franken in Euro rund 7,15 Millionen Euro an Verlusten aus Wechselkursänderungen realisiert, die die Leasingratenvorschreibung an das Land Niederösterreich (für 2015) erhöhten.

RH: „Künftige Belastung des Landeshaushalts“

„Die Überwälzung sämtlicher Kursverluste auf das Land Niederösterreich wird daher voraussichtlich eine künftige Belastung des Landeshaushalts zur Folge haben“, hieß es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht. Das Land Niederösterreich teilte mit: "Das Land wird bis 2032 die Verbindlichkeiten entsprechend dem Tilgungsplan aus dem Jahr 1996 tilgen und dementsprechend auch das Währungsrisiko sukzessive von Jahr zu Jahr reduzieren. Die Form der Finanzierung sei dem RH nicht nur bekannt gewesen, er habe in seinen „Empfehlungen im Jahr 2000 selbst die Zinsvorteile dieser Finanzierungsvariante als positiv hervorgehoben“, erklärte Meißl.

Die zu erwartenden, vereinbarungsgemäß vom Land Niederösterreich zu tragenden Verluste aus Änderungen des Euro-Franken-Wechselkurses waren dem Rechnungshof zufolge „weder aus dem Voranschlag bzw. den Rechnungsabschlüssen des Landes Niederösterreich noch aus den jährlich dem Landtag vorgelegten Darstellungen der Leasingverbindlichkeiten des Landes Niederösterreich ersichtlich“. Die Kursverluste sollten ausgewiesen werden, wurde empfohlen.

Das Land Niederösterreich nützte das Regierungsviertel seit seiner Fertigstellung (überwiegend im Zeitraum 1996 bis 1998) laut Rechnungshof aufgrund von Leasingverträgen mit der NÖVV. Der Rechnungshof kritisierte in diesem Zusammenhang, dass zur Zeit der Prüfung über diese Verträge keine von den Vertragsparteien unterfertigten Vertragsurkunden vorlagen. „Es waren lediglich einem Anwaltsschreiben vom November 2003 angeschlossene, nicht unterfertigte Vertragstexte vorhanden“, hieß es.

Gesamtinvestitionskosten: 543,42 Mio. Euro

Das Fehlen der Unterfertigung in den Vertragstexten stellt dem Bericht zufolge eine Umgehung der Gebührenpflicht für (unterfertigte) Bestandverträge dar. Dem Bund seien dadurch Rechtsgeschäftsgebühren im Ausmaß von drei Prozent der Jahresmiete für das Regierungsviertel St. Pölten (zum Beispiel rund 400.000 Euro ausgehend von der Jahresmiete für das Jahr 2009) entgangen. Vom Land Niederösterreich hieß es dazu auf Anfrage, die Vorgangsweise sei „üblich und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur“.

Die per Ende Oktober 2010 endabgerechneten Gesamtinvestitionskosten des Regierungsviertels St. Pölten betrugen dem Bericht zufolge 543,42 Millionen Euro (einschließlich Bauzinsen). Zum Prüfungszeitpunkt rechnete die NÖVV demnach mit einer Erhöhung um 11,68 Millionen auf rund 555,10 Millionen Euro infolge von weiteren großteils noch in Bau befindlichen ergänzenden Maßnahmen.