Mindestsicherung: Deutschkurs für Österreicherin

Eine junge Österreicherin, die in Deutschland lebte, muss sich zu Deutschkursen verpflichten, um die Mindestsicherung beziehen zu können. Diesen Fall zeigte die Arbeiterkammer auf und fordert eine Korrektur der „Panne“.

Seit Jahresbeginn gibt es für Bedürftige, die sich in den vergangenen sechs Jahren nicht zumindest fünf rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, nur mehr die „BMS light“. Und sie müssen mit dem Antrag eine Integrationsvereinbarung unterschreiben, in der sie sich verpflichten, Deutsch- und Integrationskurse zu besuchen und bei Bedarf unbezahlte gemeinnützige Arbeit zu leisten - weil das Gesetz, um nicht gegen die gebotene Gleichbehandlung zu verstoßen, nicht nur Migranten in die Pflicht nimmt.

Frau lebte zwei Jahre in Deutschland

Also verlangte die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach diese Unterschrift jetzt auch von einer jungen Frau, die in den vergangenen sechs Jahren zwei in Deutschland lebte - aber in Österreich geboren wurde, die Schule besucht und vor Kurzem die Schlosser-Ausbildung über das AMS mit Auszeichnung abgeschlossen hat.

„Dieser Fall zeigt, dass das Mindestsicherungsgesetz repariert werden muss“, konstatierte AK Niederösterreich-Präsident Markus Wieser in einer Aussendung am Dienstag. Auch eine weitere Panne müsse umgehend behoben werden - nämlich dass sich auch ältere Menschen für gemeinnützige Tätigkeiten bereithalten müssen. Vergangenen Februar war eine 84-jährige Frau zur Leistung gemeinnütziger Arbeit aufgefordert worden - mehr dazu in 84-Jährige zu Arbeitseinsatz aufgefordert (noe.ORF.at; 23.2.2017).

Niederösterreicherin legte Beschwerde ein

Die junge Schlosserin wird höchstwahrscheinlich aber nicht im Deutschkurs landen. Denn die Behörde prüft nach Antragstellung, ob die Deutschkenntnisse ausreichen, hieß es in der AK auf APA-Nachfrage. Die Niederösterreicherin legte zudem Beschwerde gegen die Reduktion ihres Mindestsicherungsbezug ein. Der Bescheid ist daher noch nicht rechtskräftig. Die Entscheidung liegt beim Landesverwaltungsgericht.

Bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft in Mistelbach hieß es am Dienstag gegenüber noe.ORF.at, man wolle sich zu konkreten Fällen nicht äußern. Man habe aber jedenfalls nach korrekter Rechtslage gehandelt, da es bei der Untezeichnung einer Integrationsvereinbarung keine weiteren Unterscheidungen etwa nach Staatsbürgerschaft gebe. Von darin beschriebenen „sonstigen Maßnahmen“, etwa Deutsch- oder Wertekursen, könne man in diesen Fällen aber absehen.

Im November 2016 hatte der niederösterreichische Landtag beschlossen, den Bezug der Mindestsicherung auf 1.500 Euro pro Haushalts- bzw. Wohngemeinschaft zu deckeln. Gleichzeitig wurde die „BMS light“ für Personen beschlossen, die in den vergangenen sechs Jahren weniger als fünf Jahre ihren Hauptwohnsitz bzw. rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich hatten. Die Höhe der Leistungen liegt nun in diesen Fällen für einen Erwachsenen bei 572,50 Euro, wobei darin auch ein Integrationsbonus enthalten ist - mehr dazu in Landtag: Mindestsicherung neu beschlossen (noe.ORF.at; 17.11.2016).

Grüne gegen BMS-Novelle, ÖVP kontert

Unterstützung bekommt AK-Präsident Wieser von den niederösterreichischen Grünen. Helga Krismer, Klubobfrau der Grünen im Landtag, sprach angesichts des Mindestsicherungsgesetzes von einem „unmenschlichen Husch-Pfusch-Gesetz“, das in seiner derzeitigen Form „einzigartig grauslich“ sei. Bei der nächsten Sitzung des niederösterreichischen Landtags wollen die Grünen per Antrag die entsprechende Gesetzesnovelle abschaffen.

Die niederösterreichische ÖVP konterte, dass das derzeit geltende Mindestsicherungsgesetz für viele andere Bundesländer ein Vorbild gewesen sei, so ÖVP-Landtagsabgeordneter Anton Erber. In Bezug auf die verpflichtende Absolvierung von Deutsch- und Wertekursen zeichne die Arbeiterkammer bewusst ein falsches Bild in der Öffentlichkeit, „zumal eine Gleichbehandlung aller im Vordergrund steht“, so Erber.

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