Heimatverein will Grenzregion beleben

Buchers in Tschechien, nahe der Grenze zum Waldviertel, hat eine bewegte Geschichte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mussten viele ihre Heimat verlassen. Nun will der Bucherser Heimatverein die Region wieder beleben.

Wo einst die streng bewachte Grenze verlief, ist heute nur noch eine kleine Holzhütte zu sehen. Daneben steht ein Schild, das auf längst vergangene Zeiten hinweist. „Achtung Staatsgrenze“ steht in roter Schrift auf einer weißen Tafel. Welche Szenen sich in dieser Gegend einst abspielten, lässt sich heute nur noch erahnen.

Buchers in Tschechien

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Blick in Richtung Tschechien. Hier verlief einst die streng bewachte Grenze

Der 85-jährige Franz Koppenberger sollte im Jahr 1948 aus seiner Heimatgemeinde Buchers vertrieben werden. Dank des Tipps eines Nachbarn konnte er mit seiner Familie rechtzeitig fliehen: „Er hat das mitbekommen und zu seiner Ziehtochter gesagt: Geh hinüber zu den Koppenbergern und sag’ ihnen, sie sollen schauen, dass sie weiterkommen.“

Koppenberger und seine Angehörigen packten über Nacht alles zusammen und gingen über die Grenze nach Sandl (Oberösterreich). „Das kann sich niemand vorstellen“, erzählt er gegenüber noe.ORF.at. Er baute sich in Österreich ein neues Leben auf. „Mir ging es mein Leben lang gut. Ich bin gleich zu den Bauern gekommen, hatte etwas zu Essen und ein Dach über dem Kopf. Schon waren wir glücklich.“

Buchers in Tschechien

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Franz Koppenberger musste nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges seine Heimat Buchers verlassen. In Österreich baute er sich ein neues Leben auf.

Isolation und Räumung

Bei einem Lokalaugenschein steht noe.ORF.at mit dem 85-Jährigen auf einem Feldweg, umgeben von Wiesen und Wald. Früher stand an dieser Stelle sein Elternhaus. Die Gegend war gut besiedelt, noch vor 130 Jahren lebten hier knapp 1.300 Menschen. Im Laufe der Jahre wurden es immer weniger. Durch den Eisernen Vorhang geriet der Ort schließlich in die völlige Isolation und wurde geräumt.

Sofort nach der Grenzöffnung machte sich Koppenberger auf die Suche nach seinem Elternhaus - doch es war längst dem Erdboden gleichgemacht. „Die Häuser waren alle zerstört. Der Pfarrhof ist noch halb gestanden, aber er war auch schon grob beschädigt. Buchers war früher einmal ein herrlicher Ort“, erzählt der Pensionist.

„Die Grenze war derartig dicht“

Der kleine Ort Buchers liegt in Tschechien, nur wenige Kilometer von der Grenze zum Stadlberg (Bezirk Gmünd) im nördlichen Waldviertel entfernt. Noch vor nicht allzu langer Zeit war die Entfernung in den Köpfen der Menschen sehr viel größer, erzählt Günther Sulzbacher aus der oberösterreichischen Gemeinde Silberberg (Bezirk Freistadt): „Tschechien beziehungsweise Böhmen war weiter weg als Australien. Die Grenze war derartig dicht. Man machte keinen Versuch, diese zu überschreiten, das war unerreichbar.“

Sulzbacher war einer der letzten, der in der Kirche in Buchers getauft wurde. Heute engagiert er sich im Bucherser Heimatverein. „Was man wusste, wusste man über den Fernseher oder durch Überlieferungen von den Vertriebenen. Aber das war nicht immer das Schönste.“

Buchers in Tschechien

Bucherser Heimatverein

Buchers um 1900. Damals lebten hier noch viele Menschen, die Häuser und Höfe wurden in den darauffolgenden Jahren aber dem Erdboden gleichgemacht. Heute stehen noch knapp zehn Häuser in Buchers

Der Bucherser Heimatverein setzt sich dafür ein, die Grenzregion wieder aufzubauen. „Es ist schon sehr wichtig, das alles geschichtlich aufzuarbeiten. Es kann nur besser sein, wenn eine gewisse Aufklärung da ist. So funktioniert auch das Zusammenleben mit den Tschechen“, so Vereinsobmann Erich Altmann. Zu Beginn waren einige Menschen skeptisch, erzählt Altmann: „Die Tschechen haben geglaubt, wir wollen Buchers wieder zurückerobern. Die Österreicher haben geglaubt, wir tragen das Geld nach Tschechien.“

Buchers in Tschechien

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Eines der Projekte des Bucherser Heimatvereins ist die Renovierung der Pfarrkirche.

Erfolge und Projekte

Inzwischen kann der Verein, dessen Mitglieder sowohl aus Tschechien, als auch aus Österreich stammen, auf viele Erfolge zurückblicken. Regelmäßig werden grenzüberschreitende Konzerte veranstaltet, die Kirche wurde zum Teil renoviert und auch für die Zukunft sind Projekte geplant. Erst im Vorjahr fand die Glockenweihe statt. Der Verein betreibt ein Pfarrcafé, wo man sich regelmäßig trifft und austauscht. Die Menschen hier wollen zusammenarbeiten und über die Grenzen hinweg gemeinsam etwas bewegen.

Silvia Schreiber, noe.ORF.at

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