Toter Häftling: Kein Fremdverschulden

Beim Tod eines Häftlings aus der Justizanstalt Hirtenberg (Bezirk Baden), der im Dezember 2016 in einem Wiener Spital gestorben ist, war kein Fremdverschulden im Spiel. Zu diesem Ergebnis kommt ein chirurgischer Sachverständiger.

Der Sachverständige wurde von der Staatsanwaltschaft Wien beigezogen, die in diesem Fall wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt. Das Verfahren dürfte auf Grundlage des Gutachtens aber eingestellt werden, berichtete am Donnerstag die Austria Presse Agentur (APA).

„Vollbild eines Multiorganversagens“

Der Häftling war an einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung gestorben. Der Gutachter sollte klären, ob diese Erkrankung vorhersehbar beziehungsweise abwendbar war und ob der Mann in der Justizanstalt Hirtenberg sorgfältig betreut und nach seiner Überstellung ins Krankenhaus lege artis behandelt wurde.

Den nunmehr vorliegenden Feststellungen des Chirurgen Michael Rogy zufolge nahm die Bauchspeicheldrüsenentzündung einen fulminanten, plötzlich einsetzenden und Gewebe zerfallenden Verlauf. „Bei dieser Verlaufsform kommt es wie durch einen Blitz zum Gewebezerfall der Bauchspeicheldrüse und zur Freisetzung von hochaktiven Mediatoren, die innerhalb weniger Stunden das Vollbild eines Multiorganversagens initiieren“, ist der Expertise des Arztes zu entnehmen.

Überlebenschance bei maximal 20 Prozent

Obwohl beim betroffenen Häftling umgehend eine Intensivtherapie eingeleitet wurde, hatte dieser nur eine geringe Überlebenschance. Sie lag bei maximal 20 Prozent. Dass es zum Tode kam, ist nach Ansicht des Sachverständigen niemandem vorwerfbar: „Die Betreuung in der Justizanstalt Hirtenberg wie auch die Behandlung im Krankenhaus waren sorgfaltskonform und lege artis.“ Der Patient wäre auch an einem anderen Ort vermutlich nicht zu retten gewesen, betont der Sachverständige.

Der Häftling war am 1. Dezember 2016 zur operativen Behebung eines Hodenbruchs in ein Wiener Spital überstellt worden. Am 2. Dezember verschlechterte sich kurz vor dem geplanten Eingriff plötzlich sein Gesundheitszustand, er musste reanimiert und auf die Intensivstation verlegt werden, wo ein Venenkatheter gesetzt wurde.

Hinterbliebene erhoben schwere Vorwürfe

Nach einer Stoffwechselentgleisung zeigten sich erhöhte Leber- und Pankreaswerte, eine Computertomographie wies schließlich eine ausgeprägte Bauchspeicheldrüsenentzündung nach. Am Morgen des 6. Dezember trat schließlich der Herz-Kreislaufstillstand ein. Die Hinterbliebenen erhoben daraufhin schwere Vorwürfe - mehr dazu in Hirtenberg: Vorwürfe nach Tod eines Häftlings (noe.ORF.at; 22.2.2017).