Strafen für schaulustige Pkw-Lenker gefordert

Für Schaulustige könnte das Filmen bei Verkehrsunfällen bald schwerwiegende Folgen haben. Polizei und Feuerwehr sprechen sich für schärfere Gesetze aus, um wieder ungehindert arbeiten zu können. Vorbild dafür ist Deutschland.

Die Problematik wird vor allem bei Unfällen auf der Autobahn sichtbar: Schaulustige behindern schon die Zufahrt zum Unfallort, zusätzlich lassen sich Autofahrer auf der Gegenfahrbahn ablenken. Viele von ihnen bremsen ab oder bleiben stehen, um das Geschehen in Ruhe filmen oder fotografieren zu können. Dadurch kommt es immer wieder zu Auffahrunfällen. Doch auch bei anderen Einsätzen, etwa bei Unfällen und Bränden in bewohntem Gebiet, werden die Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit behindert.

„Das geht so weit, dass Brände oder Unfälle gefilmt und auf Facebook hochgeladen werden, noch bevor die Feuerwehr alarmiert wird“, so Landesfeuerwehrsprecher Franz Resperger: „Die Feuerwehrleute kommen ins Feuerwehrhaus und sehen auf den Handys beim Ausfahren schon das Szenario. Wie pietätlos kann man sein?“ Probleme mit Schaulustigen gebe es laut Resperger bei den niederösterreichischen Feuerwehren fast täglich.

Sichtschutz gegen Schaulustige

ORF / Novak

Feuerwehrleute zeigen bei einer Übung das Abschirmen einer Unfallstelle

Die Einsatzkräfte verwenden mittlerweile zum Abschirmen der Unfallstelle meist Decken, Planen oder Sichtschutzwände. So soll die Würde der Opfer und deren Angehöriger bestmöglich gewahrt werden. Doch diese zusätzliche Arbeit hält die Feuerwehrleute im Einsatz auf und zeigt nicht immer Wirkung. In einem Fall seien Videos in sozialen Netzwerken hochgeladen worden, die einen schweren Unfall mit einem Kind zeigten, erzählt Resperger: „Die Eltern haben dann auf diese Art erfahren, dass ihr Kind bei dem Unfall schwer verletzt wurde.“

Komplexe Gesetzeslage in Österreich

Die Gesetzeslage zu dieser Thematik ist derzeit komplex. Abgesehen von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung kann etwa unterlassene Hilfeleistung schon jetzt mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden, wenn ein Mensch dabei ums Leben kommt. Doch auch Fotos und Videos, die von Schaulustigen in den sozialen Netzwerken hochgeladen werden, können ein rechtliches Nachspiel haben. Kritisch sind vor allem jene Bilder, welche die Identität der Opfer preisgeben. Dazu reiche es bereits, wenn ein Kennzeichen zu sehen ist, sagt Polizeisprecher Johann Baumschlager gegenüber noe.ORF.at.

Nach derzeitiger Gesetzeslage darf die Polizei am Unfallort außerdem Unbeteiligte wegweisen, welche die Leistung von Erster Hilfe behindern oder die Privatsphäre der Opfer beeinträchtigen. „Wenn diese Person nicht einsichtig ist und hier wirklich weiter im Bereich der Erste-Hilfe-Leistung bleibt, dann haben wir die Möglichkeit, ihn abzumahnen. Er begeht dann eine Anstandsverletzung“, so Baumschlager. „Das geht dann weiter bis zu einer Festnahme und wäre dann von der Behörde zu beurteilen.“

In Deutschland wird schärfer durchgegriffen

Noch härter wird derzeit in Deutschland durchgegriffen. Am Dienstag trat dort das neue Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften in Kraft. Für Schaulustige ist darin nun eine Höchststrafe von einem Jahr Haft vorgesehen, wenn sie die Versorgung von Verunglückten erschweren. Die Vertreter von Feuerwehr und Polizei sind sich einig, dass eine ähnliche Gesetzesverschärfung auch in Österreich zur Lösung des Problems beitragen kann.