100-Tonnen-Koloss durch Dörfer gefädelt

In der Obersteiermark, nahe der niederösterreichischen Grenze, entsteht ein alpiner Windpark mit sechs Anlagen. Dafür müssen im Wechselgebiet 18 Rotorblätter durch kleine Orte gebracht werden - ein Transport, der ein Jahr geplant wurde.

Für den 100 Tonnen schweren Transporter mit 55 Meter langen Windrad-Blättern musste sogar eine Verkehrsinsel in Aspang (Bezirk Neunkirchen) extra umgebaut werden. Weil kein anderer Weg möglich ist, müssen die Bauteile für den Windpark von Aspang aus durch kleine Ortschaften ins Wechselgebiet transportiert werden. Das bedeutet 30 Kilometer durch enge, kurvige und teils steile Straßen.

Transport von einem Windrad im Wechselgebiet

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Bei der Fahrt ist Transportleiter Manfred Promitzer mit seinem Prangl-Spezialfahrzeug „Blade Lifter“ dafür verantwortlich, dass jedes der Rotorblätter unbeschädigt ankommt. Er musste schon Vorarbeit leisten: „Wir haben die Orte mit Infrarot genau abgemessen, ob wir mit dem liegenden Blatt durchkommen." Teilweise mussten Telefon- oder Stromkabel abgenommen werden, denn immerhin ist der gesamte Transporter 73 Meter lang.

Transport bedeutet Millimeterarbeit

Auf dem Spezialfahrzeug „Blade Lifter“ kann das Rotorblatt auch auf- und ab bewegt werden, um Strom- oder Telefonleitungen auszuweichen und diese nicht abzureißen. In Feistritz (Bezirk Neunkirchen) wälzte sich der Koloss mit seinen 13 Achsen nur langsam zwischen den Häusern durch, oft nur Zentimeter von den Mauern entfernt. Das engste Nadelöhr war in Kirchberg am Wechsel (Bezirk Neunkirchen).

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Präzisionsarbeit bei Transport

Das Rotorblatt musste durch kleine Orte und auf engen, kurvigen Straßen transportiert werden. Der gesamte Transporter ist 73 Meter lang.

Bei dem Transport ging es aber nicht nur darum, mögliche Schäden an den Häusern zu verhindern. Eine Kollision hätte den sensiblen, gut 200.000 Euro teuren Flügel unbrauchbar gemacht. Am Feistritzsattel musste dieser schließlich auf 60 Grad aufgestellt werden, um in den Kurven den Bäumen auszuweichen. Zum Schluss ging es über eine bis zu 16 Prozent ansteigende Schotterstraße zum Ziel. Ein zweiter Lkw musste dafür vorgespannt werden.

Aufwand rechnet sich für den Betreiber

Ziel war der Herrenstein in der Obersteiermark, ein 1.400 Meter hoher Bergrücken jenseits des Feistritzsattels. In dieser Höhe und mit Windrädern dieser Größe gebe es in Österreich derzeit nichts Vergleichbares, betont Daniela Dolkowski, Projektmanagerin des dänischen Windkraftanlagenherstellers Vestas.

Für den Generalunternehmer EcoWind aus Kilb im Mostviertel (Bezirk Melk) war der Transport ein enormer logistischer, aber auch finanzieller Aufwand. Dennoch rechnet es sich, sagt Projektleiter Ingo Schleifer: „Wir sind kein Non-Profit-Unternehmen, alles ist genau durchkalkuliert. Wir sind deshalb an diese exponierte Stelle gegangen, weil der Wind dort so gut weht und die nächste Siedlung weit weg ist. Das ist der große Unterschied zu Windparks etwa im niederösterreichischen Flachland, wo die Abstände zu Siedlungen eine große Herausforderung darstellen.“

Transport von einem Windrad im Wechselgebiet

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260 Windräder in der Warteschleife

Der Windpark soll in wenigen Wochen fertiggestellt sein. Dass er überhaupt gebaut werden kann, liegt daran, dass er weit vorne in der Warteschleife für Bundesförderungen gereiht ist. Derzeit sind bundesweit nämlich 260 Windräder fertig projektiert, können aber nicht gebaut werden, weil die Novelle des Ökostromgesetzes nicht fertig ist und damit die Förderung für den Bau blockiert ist. Alleine in Niederösterreich betrifft das 150 Windräder.

Stefan Moidl, Obmann der Interessensgemeinschaft Windkraft in Österreich, spricht von „höchster Zeitnot“. Werde die Novelle nicht bis Ende Juni fertig, dann könnte das angesichts der bevorstehenden Wahlen und der darauffolgenden Fristen über Jahre den Weiterbau von Windkraftanlagen blockieren und viele Projektbetreiber in den Ruin treiben, so Moidl.

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