„Brexit“: Ein Warnruf für Europa

Der „Brexit“ und seine Folgen sind zum Abschluss im Mittelpunkt des Europaforums Wachau gestanden. Die Rede war von einem Warnruf für das restliche Europa, aber auch von einer Chance für die 27 verbliebenen Mitgliedsstaaten.

Fiona Hyslop, Mitglied der schottischen Regierung bedauerte, dass sich viele Briten erst nach dem Votum mit den Errungenschaften der Europäischen Union auseinandergesetzt hätten: „Am Tag nach dem Votum ist im Internet am häufigsten danach gefragt worden, was die Europäische Union eigentlich ist. Leider sehen wir uns erst jetzt an, was sie uns gebracht hat“, verwies sie auf Reisefreiheit, Schutz der Arbeitnehmer oder Möglichkeiten der Wissenschaft.

Hyslop sprach von einem Warnruf: „Die EU muss sich ändern, sie muss relevanter und bürgernäher werden. Ich bin aber überzeugt, dass die EU ihr Projekt mit ihren Grundwerten weitermachen wird, die auch wir in Schottland haben: Respekt für die Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.“

„Chance für die künftige Entwicklung“

Für die bulgarische Außenministerin Ekaterina Zaharieva bedeutet der „Brexit“, dass grundlegende Probleme gelöst werden müssten: „Wir müssen eine Lehre für die Zukunft ziehen, der ‚Brexit‘ bedeutet ein ernstes Risiko für die EU, ist aber auch eine Gelegenheit, die wir nutzen müssen. Der gemeinsame Standpunkt der 27 Staaten für die Verhandlungen mit Großbritannien schafft eine neue Chance für die künftige Entwicklung des europäischen Projektes.“

Trotz aller Rückschläge wurde am Sonntag der Glaube an ein gemeinsames Europa bekräftigt: „Es gibt nicht mehr an Bürgernähe als Friedenssicherung, es gibt nichts Wichtigeres. Daher müssen wir diese EU, unser gemeinsames Haus Europa in Ordnung bringen“, sagte Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP).

„Handlungsunfähigkeit hintanstellen“

Nach dem zweitägigen Europaforum Wachau bleiben konkrete Vorschläge für die Weiterentwicklung Europas: Starke Regionen, mehr Bürgernähe, weniger Regeln und Mehrheitsbeschlüsse anstatt des Einstimmigkeitsprinzips. „Wenn wir all das einhalten, bin ich fest davon überzeugt, dass wir zu schnelleren Entscheidungen kommen und dass wir die Handlungsunfähigkeit der Europäischen Union hintanstellen können“, fasste Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zusammen.

Die Ergebnisse des Europaforums sollen nun gemeinsam mit der Donau Universität Krems wissenschaftlich aufgearbeitet und an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übermittelt werden. Als weitere Neuerung kündigte Mikl-Leitner an, dass das Europaforum ab dem kommenden Jahr über Diskussionsplattformen für alle Bürger geöffnet werden soll. „Das ist dann gelebte Bürgernähe, die wir unter Beweis stellen wollen“, so die Landeshauptfrau.

Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at

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