Zweitwohnsitzer müssen Wahlrecht begründen

Wer in Niederösterreich einen Zweitwohnsitz hat, darf in Zukunft nicht mehr automatisch bei Landtags- und Gemeinderatwahlen wählen, sondern muss das begründen. Das ist am Donnerstag auf Antrag der ÖVP im Landtag beschlossen worden.

Von der Änderung sind etwa 120.000 Zweitwohnsitzer in Niederösterreich betroffen - vor allem Wienerinnen und Wiener, die in Niederösterreich einen Nebenwohnsitz haben, aber auch all jene, die zwei oder mehrere Wohnsitze in Niederösterreich haben. Sie dürfen etwa bei der Landtagswahl im kommenden Frühjahr nicht mehr automatisch wählen, sondern müssen wirtschaftliche, berufliche oder gesellschaftliche Interessen in der jeweiligen Gemeinde nachweisen. Dasselbe gilt für kommende Gemeinderatswahlen.

Um festzustellen, ob ein „ordentlicher Wohnsitz im Sinne des NÖ Landesbürgerevidenzengesetzes“ vorliegt, müssen alle Gemeinden bis 30. September ihre Nebenwohnsitzer überprüfen. Passieren soll das mittels eines Wählerevidenzblattes, das den Betroffenen per Post zugeschickt wird und bis Ende September retourniert werden muss. Peter Anerinhof, Leiter der Abteilung Staatsbürgerschaft und Wahlen des Landes Niederösterreich, betont jedoch, dass Zweitwohnsitzer bei Nichtausfüllen des Formulares nicht zwangsläufig ihr Wahlrecht verlieren. Die Gemeinden müssten die Voraussetzungen - wie schon in der Vergangenheit - auch amtswegig feststellen. Mit dem Ausfüllen des Formulares könne man jedoch dazu beitragen, sein Wahlrecht zu sichern.

Landtagssitzung

ORF / Sunk

ÖVP: „Mehr Rechtssicherheit für Bürger“

Aus Sicht der ÖVP wolle man damit für mehr Rechtssicherheit sorgen. Die Zweitwohnsitzer sorgten ja in der Vergangenheit schon des Öfteren für Diskussionen, zuletzt etwa bei der Gemeinderatswahl in Waidhofen an der Ybbs. Im Dezember 2016 wurden dort 90 Nebenwohnsitzer aus der Wählerevidenz gestrichen - mehr dazu in Waidhofen prüft und streicht „Nebenwohnsitzer“ (noe.ORF.at; 15.12.2016).

ÖVP-Abgeordneter Karl Moser sprach von einer „Hilfestellung für die Gemeinde“. „Es geht uns darum, dass wir die Anregungen des Verwaltungsgerichtshofes vollziehen, um mehr Rechtssicherheit für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen“, so Moser. Laut ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger müsse die Erhebung vor allem in Hinblick auf die Landtagswahl 2018 rechtzeitig passieren, sodass diese ordnungsgemäß ablaufen könne.

Kritik von SPÖ, FPÖ und Grünen

Genau diese Eile wurde bei der Debatte im Landtag am Donnerstagabend von der SPÖ kritisiert. So sprach sich der Abgeordnete Rupert Dworak dafür aus, dass man über den Sommer weiter arbeiten und im September ein Gesamtpaket präsentieren sollte. Neben den Zweitwohnsitzern gäbe es nämlich noch weitere Problemfelder, etwa bei der Briefwahl.

FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl sprach von „Missbrauch mit den Scheinwohnsitzern“, den er abstellen wolle. Er forderte, dass jeder Wähler künftig nur „eine Stimme im Bund, eine Stimme im Land und eine Stimme in der Gemeinde“ habe. Auch die Grünen kritisierten den Gesetzesentwurf. Sie sprachen schon im Vorfeld der Sitzung davon, dass es der ÖVP um Machterhalt gehe. Madeleine Petrovic kritisierte auch den fehlenden Datenschutz. SPÖ, FPÖ und Grüne lehnten den Antrag daher ab. Die Liste Frank stimmte dem ÖVP-Antrag zu.

Änderungen auch für die Gemeinderäte

Mit dem Beschluss im Landtag wurden nicht nur das NÖ Landesbürgerevidenzengesetz, sondern auch die Gemeindeordnung 1973 und das Stadtrechtsorganisationsgesetz geändert. Ein Teilaspekt ist dabei, dass es künftig nicht mehr möglich ist, dass Personen in zwei Gemeinden ein Gemeinderatsmandat haben können. Betroffene müssen sich vor der konstituierenden Sitzung entscheiden, in welcher Gemeinde sie das Gelöbnis leisten wollen. Außerdem müssen Bürgermeister künftig in der Gemeinde, in der sie politisch tätig sind, auch ihren Hauptwohnsitz haben. Für diese Punkte votierte am Donnerstag neben der ÖVP und der Liste Frank auch die FPÖ.

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