Archäologen erforschen NS-Zwangsarbeiterlager

In St. Pölten beginnen archäologische Grabungsarbeiten auf dem Areal eines ehemaligen NS-Zwangsarbeiterlagers. Dessen Geschichte soll dokumentiert werden, bevor dort eine neue Wohnlandschaft entstehen kann.

In St. Pölten soll die „schlafende“ Au südlich der Viehofner Seen zum belebten Wohnquartier im Einklang mit der Natur werden. Vor der Realisierung des Projekts gilt es, die NS-Vergangenheit des Areals, auf dem sich ein Zwangsarbeiterlager befand, aufzuarbeiten. Dessen Geschichte soll im Zuge archäologischer Grabungen im Auftrag des Bundesdenkmalamtes dokumentiert werden.

Überreste Zwangsarbeiterlager

Corina Muzatko

Schon bei den Vorarbeiten wurden zahlreiche Überreste des Lagers entdeckt

Das Vorhaben wurde am Donnerstag vorgestellt. Wie Stadtarchäologe Ronald Risy erläuterte, sind die Betonpfeiler der ehemaligen Stacheldrahtumzäunung und die Fundamentplatte einer Baracke im dichten Bewuchs des Auwaldes immer sichtbar gewesen. Interniert waren damals Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, vornehmlich aus der Ukraine, aber auch anderer Herkunft, die in der Glanzstoff-Fabrik Zwangsarbeit verrichten mussten.

Rückschlüsse auf Wohn- und Lagerbedingungen

Nun soll die gesamte ehemalige Innenverbauung des Lagers freigelegt und dokumentiert werden. „Es ist uns wichtig, die letzten noch verbliebenen stummen Zeugen dieser nicht sehr ruhmreichen Vergangenheit zu dokumentieren und wieder ins Bewusstsein zu bringen“, erklärte Risy laut der Aussendung.

Überreste Zwangsarbeiterlager

Corina Muzatko

Das freigelegte Fundament einer Baracke des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers

Im Zuge der Vorarbeiten wurde das Gebiet um die sechs - durch Luftbilder aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bekannten - Baracken vom Bewuchs befreit. Bereits bei der Säuberung wurden zahlreiche Bau- und Konstruktionselemente der Gebäude entdeckt. „Diese geben gemeinsam mit anderen in diesem Bereich gefundenen Gegenständen des täglichen Gebrauchs wie Koch- und Essgeschirr von den Wohn- und Lebensbedingungen der Lagerbewohner Zeugnis“, berichtete der örtliche Grabungsleiter Volker Lindinger von der Firma ARDIG.

500 bis 800 Wohnungen geplant

Die WWE (Wohn- und Wirtschaftspark Entwicklungsgesellschaft m.b.H.) ist Eigentümerin von drei insgesamt rund acht Hektar großen Grundstücken im Norden von St. Pölten in unmittelbarer Nähe zum EKZ-Traisenpark, den Viehofner Seen und zum Stadtzentrum. Das Bebauungskonzept auf dem Grund zwischen der Traisen und der Austraße sieht die Errichtung von 500 bis 800 Wohnungen vor. „St. Pölten bekommt hiermit eine eigene Seestadt in optimaler Lage“, sagte Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ). In teilweise fußläufiger Entfernung finden sich Naherholungs-, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sowie Bildungseinrichtungen.

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