Landwirte wollen Donau anzapfen

Die Landwirtschaftskammer wälzt spektakuläre Pläne. Sie will die Donau anzapfen und mit dem Wasser Felder und Äcker beregnen, vor allem in Niederösterreich. Die Rede ist von einer Milliarde Euro Investitionssumme.

Ohne künstliche Bewässerung werde es im Osten Österreichs bald unmöglich sein, Lebensmittel anzubauen, so das Argument der Landwirtschaftskammer. Das zeige vor allem auch die Hitze in diesem Sommer. Geht es nach Plänen der Kammer, könnte deshalb die Donau angezapft werden. Über Druckleitungen soll das Flusswasser zu den Äckern und Feldern fließen und dort für die Beregnung der Pflanzen eingesetzt werden. Derzeit prüfen Fachleute, wo Korridore verlaufen könnten, an welchen Stellen es möglich sei, Wasser zu entnehmen und wie viel Wasser nötig wäre. Wie Raffaela Schaidreiter im Ö1-Morgenjournal am Dienstag berichtete, soll das Donauwasser bis zu 50 Kilometer weit transportiert werden.

Experte hält Projekt für realistisch

Andreas Leidwein aus Dürnkrut (Bezirk Gänserndorf) wäre einer von vielen Landwirten, die davon profitieren würden. Hitze- und Trockenperioden wie heuer würden sich häufen, ist Leidwein überzeugt. Bewässerung sei derzeit unmöglich. Das Wasser reiche gerade für das Trinkwasser. Die Folge: Die Sonnenblumen auf seinem Feld sind gerade einmal halb so hoch, wie sie es normalerweise um diese Jahreszeit sein sollten. „Die Blüten sollten so groß sein wie ein Teller, jetzt sind sie so groß wie eine Faust“, sagt Leidwein.

Trockenes Feld

dpa / Jan Woitas

Viele Landwirte leiden derzeit unter der anhaltenden Trockenheit

Helmut Habersack, Hydrologe der Universität für Bodenkultur, nennt das Vorhaben der Landwirtschaftskammer realistisch. Er verweist auf den Marchfeldkanal. Dieser sei nach einer ähnlichen Idee gebaut worden. Die Donau führe ausreichend Wasser und werde vom Westen her mit Regenwasser gespeist, so Habersack. Die Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt durch die Entnahme bewertet er als gering.

„Technisch ist natürlich vieles machbar. Bewässerung wird weltweit überall betrieben. Es ist immer nur eine Frage der Rahmenbedingungen, der Kosten und der Nutzen“, so Habersack im Ö1-Morgenjournal. Allerdings: Jeder Kubikmeter, der abgezweigt werde, fehle den Wasserkraftwerken in der Donau. Das sei zu berücksichtigen, sagt Habersack. Die Frage sei auch, wie viel Wasser gebraucht werde und wie die Entnahme funktioniere.

Kammer rechnet mit Kosten von einer Milliarde Euro

Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes versucht derzeit die öffentliche Diskussion voranzutreiben. Die angedachte Bewässerungsanlage sei eine Investition für die Allgemeinheit, für Obst und Gemüse aus Österreich. „Schienen werden auch nicht für die Eisenbahner gebaut, sondern für die Menschen, die mit dem Zug fahren. Wasserohre, die die Felder beregnen, baut man nicht für die Landwirte, sondern für die, die dann Produkte kaufen“, argumentiert Schultes.

Der Nutzen steht für den Landwirtschaftskammerpräsidenten außer Frage: Obst und Gemüse anzubauen werde ohne Bewässerung zunehmend schwerer. Der Aufwand für die Bauern steige und damit der Preis für die Kunden. Schultes schätzt, dass die Bewässerung der Region durch Wasser der Donau etwa eine Milliarde Euro kosten würde. In fünf Jahren könnten Pläne und Dokumente für ein Behördenverfahren fertig sein.

Abwartend zeigt man sich derzeit noch beim Stromerzeuger Verbund, der neun Wasserkraftwerke an der Donau betreibt, darunter Freudenau in Wien und Greifenstein in Niederösterreich. Für die Wasserkrafterzeugung zähle jeder Kubikmeter Wasser, sagt Verbund-Sprecher Florian Seidl: „Natürlich schmerzt uns jeder Kubikmeter Wasser weniger, der die Donau hinunter fließt, denn das bedeutet weniger Stromerzeugung.“ Laut Seidl sei jedes Donaukraftwerk auf etwa 2.000 bis 3.000 Kubrikmeter Wasser pro Sekunde ausgelegt.

Kraftwerk Greifenstein

Verbund

Die Entnahme von Wasser aus der Donau, könnte auch Auswirkungen auf die Stromproduktion beim Kraftwerk Greifenstein an der Donau haben

Auswirkungen derzeit schwer einzuschätzen

Beim Verbund bittet man jedoch um Verständnis, dass man zunächst konkrete Zahlen brauche, um eine Prognose abzugeben. Bei der energiewirtschaftlichen Bewertung spiele nämlich eine große Rolle, wie viel Wasser an welcher Stelle entnommen werden soll. So verweist Seidl darauf, dass es einen großen Unterschied mache, ob man die Donau weit im Westen abzapfe und das Wasser damit vielen Kraftwerken nicht mehr zur Verfügung stehe, oder ob man das Wasser im Osten entnehme und etwa nur Freudenau betroffen wäre. Man sei jedenfalls nicht besorgt, heißt es, sondern freue sich auf eine Diskussion, die zum Kern, dem Klimawandel, führe.

Da konkrete Zahlen zur Wasserentnahme fehlen, tun sich auch andere Experten derzeit schwer, die Auswirkungen einzuschätzen. Das gilt auch für die Auswirkungen auf die Umwelt. Dazu hält Magdalena Rauscher Weber, Sprecherin des Umweltministeriums, jedoch fest: „Wir haben in Österreich sehr, sehr strenge Auflagen und es wird auf jeden Fall sehr, sehr genau geprüft werden.“

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