Tierheime an ihren Kapazitätsgrenzen

In den vergangenen Wochen sind vermehrt Tiere ausgesetzt worden, was die Tierheime an ihre Grenzen bringt. Der Wiener Tierschutzverein führt das auf ein neues Tierschutzgesetz zurück, für den Tierschutzverband „eine Ausrede“.

28 Hunde und 35 Katzen sind derzeit im Tierschutzheim St. Pölten untergebracht. „Leider Gottes muss ich sagen, dass wir fast an der Grenze unserer Kapazitäten sind. In den letzten Monaten hat sich einiges abgespielt“, sagt Tierheimleiter Davor Stojanovic, „es ist derzeit zirka zehn Prozent mehr als normal zu dieser Jahreszeit.“ Die Präsidentin des Tierschutzverbands Niederösterreich, Andrea Specht, spricht gegenüber noe.ORF.at von einer Situation, die landesweit gelte. „Wir sind komplett überfüllt“, sagt sie.

Katzen bei 36 Grad in praller Sonne ausgesetzt

In den vergangenen Wochen wurden vermehrt Tiere ausgesetzt. Vergangenes Wochenende wurden in Niederösterreich sechs Katzen gefunden, zwei ausgewachsene Katzen bei der Shopping City Süd in Vösendorf (Bezirk Mödling) und vier Babykatzen in Zemling (Bezirk Hollabrunn). Nur etwa eine Woche zuvor wurden sechs Babykatzen auf einer Autobahnraststation in Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha) ausgesetzt. Beim bislang letzten Vorfall wurden drei junge Katzen bei 36 Grad in Lilienfeld ausgesetzt.

Tierschutzverein St. Pölten

Tierschutzverein St. Pölten

Diese drei Katzen wurden in Lilienfeld ausgesetzt

„Es ist eine schreckliche Tat gewesen bei dieser Hitze. Man muss sich vorstellen, man hat drei arme Katzen eingesperrt, die Kiste zugepickt und bei dieser Hitze in der prallen Sonne ausgesetzt“, sagt Stojanovic. Auf der Kiste war der Schriftzug „wegen Tierschutzgesetz“ zu lesen, weshalb man sich beim Wiener Tierschutzverein in Vösendorf (Bezirk Bruck an der Leitha) sicher ist, dass die Gesetzesnovelle Schuld an den vermehrten ausgesetzten Tieren und den überfüllten Tierheimen ist.

Petrovic: Neues Gesetz sei „Schuss ins Knie“

Die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, Madeleine Petrovic, bezeichnet das neue Gesetz als „Schuss ins Knie.“ Es könne „bald niemand mehr abstreiten, dass die aktuelle Zunahme an ausgesetzten und abgegebenen Tieren durch das verpfuschte Tierschutzgesetz verursacht wird“, sagt sie.

"Wir fordern umgehend eine Anpassung sowie die Miteinbeziehung der Tierschutzbewegung. Niemand würde auf die Idee kommen, die Autofahrerclubs bei einem Gesetz zum Thema Verkehr nicht mit ins Boot zu holen. Für den Tierschutz gilt dies nicht? Ein absolut inakzeptabler Zustand“, so Petrovic.

Tierschutzverein St. Pölten

Tierschutzverein St. Pölten

Das neue Gesetz wurde beschuldigt

Für Stojanovic ist das Gesetz nur eine Ausrede: „Für richtige Tierschützer, für Leute, die Tiere wirklich lieben, gibt es keinen Grund, ein Tier auszusetzen.“ Dennoch kann er sich vorstellen, dass manche Leute ein Problem mit der Gesetzesnovelle haben, wonach Privatpersonen keine Tiere mehr inserieren und verkaufen dürfen und strengere Haltungsbedingungen gelten. Ein anderer Grund sei aber auch die Sommerzeit. „Es ist immer diese Zeit, wo die Leute ihre Tiere aussetzen, wo sie sie einfach entsorgen wie Müll“, sagt der Tierheimleiter.

Specht: „Mehr Nachfrage bei Tierheimen“

Andrea Specht spricht hingegen vom „ganz normalen Wahnsinn.“ Die Überfüllung sei mittlerweile ein ganzjähriges Problem von Tierheimen. Im Sommer würden nur weniger Menschen Tiere aufnehmen, daher spitze sich die Situation zu. Die Gesetzesnovelle beurteilt sie positiv, auch wenn es noch Verbesserungsbedarf gebe: „Wir haben mehr Nachfrage bei den Tierheimen, da der Handel im Internet eingedämmt wird.“ Die Mindeststandards, die im neuen Gesetz gefordert werden, sollten zudem „eine Selbstverständlichkeit sein, wenn man ein Tier hält“, so Specht.

Auch Stojanovic sieht die Gesetzesnovelle als einen Schritt in die richtige Richtung. So werde „dem illegalen Handel im Internet ein Riegel vorgeschoben.“ Menschen, die sich durch das Gesetz nicht mehr in der Lage sehen, ein Tier zu betreuen oder unfreiwillig Jungtiere bekommen haben, empfiehlt Stojanoniv: „Bei uns im Tierheim melden. Wir helfen immer, Tiere zu vermitteln oder nehmen sie sogar auf, wenn unsere Kapazitäten nicht völlig erschöpft sind.“

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