Das wurde aus dem „Dorf ohne Zukunft“

Die Abwanderung ist im Bezirk Waidhofen an der Thaya seit Jahren ein Thema. 1972 berichtete der ORF über Wetzles als „Dorf ohne Zukunft“. In der Katastralgemeinde von Raabs an der Thaya setzt man heute auf Marktnischen.

In der Sendung „Horizonte“ brachte der ORF 1972 eine Reportage über Wetzles. 48 Menschen hatten damals in dem kleinen Ort gelebt, heute sind es 32. Doch die Einwohnerzahl sagt nichts darüber aus, wie ein Dorf aussieht und ob sich die Bewohnerinnen und Bewohner dort wohlfühlen. Heute wie damals dreht sich natürlich vieles um die Frage nach Arbeitsmöglichkeiten in der Region.

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Als „Dorf ohne Zukunft“ wurde Wetzles in der ORF-Reportage 1972 bezeichnet

Marktnischen als Chance

„Die Großindustrie werden wir hier nicht herbekommen“, sagt Rudolf Mayer, Bürgermeister von Raabs an der Thaya (ÖVP). Die Landwirtschaft in Wetzles würde jedoch zeigen, „dass sich jemand, der Marktnischen entdeckt, ein bisschen unternehmerisch denkt und bereit ist, ein Risiko einzugehen, auch am Land durchsetzen kann“, so Mayer.

In einer derartigen Marktnische ist der 27-jährige Christian Vorhemus tätig. Schon sein Vater hatte Christbäume verkauft, der Sohn verdoppelte in den letzen Jahren die Produktion. Für ihn ist Wetzles kein Standortnachteil, auch wenn er immer wieder über die Nachteile, die Schattenseiten eines Lebens in der Peripherie, nachdenkt: „Wenn bei 37 Grad der Mähdrescher kaputt ist, und man repariert ihn, dann man fragt sich auch, warum man sich das antut. Aber genauso gibt es die freudigen Momente, aus denen man neue Kraft schöpft.“

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Wetzles heute

Die Stadtgemeinde Raabs investiert in ihren 33 Katastralgemeinden vor allem in das Ortsbild, in das Vereinswesen sowie in den Straßen-, Wege- und Kanalbau. Das Auto ist im Bezirk Waidhofen an der Thaya noch immer das wichtigste Verkehrsmittel. Auf 1.000 Einwohner kommen 703 Autos, das ist die höchste Pkw-Dichte österreichweit. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Wetzles nach wie vor nicht zu erreichen.

Region setzt auf Tourismus

Für neun der 32 Einwohner wurde der Ort zum Zweitwohnsitz. Peter Landrichter ist seit dem Jahr 1979 einer von ihnen. „Es müssten Anreize geschaffen werden, um Firmen hier anzusiedeln“, erklärt Landrichter. „Ich glaube nicht, dass ein Ausbau einer Autobahn oder Ähnliches etwas bringt. Ich glaube im Gegenteil, dass man sich auf die Qualitäten dieser relativ unberührten Landschaft besinnen und daraus einen Vorteil machen soll.“ In der Region setzt man seit der Landesausstellung 2009 auf den Tourismus, seit damals ist auch die Einwohnerzahl von Wetzles stabil.

Christian Vorhemus hat eine neue Marktnische entdeckt. Vor drei Jahren hat er versuchsweise 400 Apfelbäume gepflanzt. Apfelanbau im nördlichen Waldviertel - ein Risiko? „Die Gefahr gibt es immer wieder und bei jedem Produkt. Solange es nicht beißt, soll man sich nicht kratzen und das Positive daraus machen“, so Vorhemus.

Reinhard Linke, noe.ORF.at

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