voestalpine: Selfmade-Lehrlinge in den USA

Nicht nur in Österreich sind heimische Unternehmen auf der Suche nach Fachkräften, sondern auch in den USA. Der Konzern voestalpine bildet in einem Werk in Cartersville, das zur Kremser Sparte für Metallformung gehört, Lehrlinge selbst aus.

Anders als in Österreich, Deutschland oder der Schweiz gibt es in den USA kein duales Ausbildungssystem. Dass Jugendliche nicht nur in der Schule, sondern auch als Lehrlinge in einem Betrieb unterrichtet werden, ist keinesfalls üblich. Weil heimische Firmen aber auch in den USA oft mit einem Mangel an Fachkräften zu kämpfen haben, führte der Technologie- und Industriegüterkonzern voestalpine in Cartersville im US-Bundesstaat Georgia in Absprache mit der örtlichen Gemeinde eine eigene Lehrlingsausbildung ein.

„Die große Schwierigkeit beim Lehrlingsprogramm war, dass die landläufige Meinung war, dass Kinder unter 18 Jahren in einem Industriebetrieb nicht arbeiten dürfen“, erklärte Philipp Schulz, der Geschäftsführer des voestalpine-Standortes in Cartersville, gegenüber noe.ORF.at. Dem sei man nachgegangen und habe dann festgestellt, dass das schlichtweg falsch ist. „Es gibt keine rechtlichen Einschränkungen“, so Schulz weiter, „auch dass uns möglicherweise Versicherungen nicht mehr versichern würden, war nicht der Fall.“

Voestalpine USA Cartersville Lehrling Ausbildung

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Sieben Lehrlinge durchlaufen im voestalpine-Werk in Cartersville derzeit das Ausbildungsprogramm

voestalpine investiert 70.000 Euro pro Lehrling

Mittlerweile sind im Werk in Cartersville sieben Lehrlinge tätig. Unter anderem wird ihnen beigebracht, wie sie richtig feilen oder auch wie sie diverse Maschinen betätigen. „Wir investieren in die Ausbildung eines jeden Lehrlings 70.000 Euro. Das ist natürlich eine enorme Summe, rechnet sich aber x-fach für uns, weil wir diese hochausgebildeten Facharbeiter dringend brauchen“, so Peter Schwab, voestalpine-Vorstandsmitglied und Leiter der „Metal Forming“-Sparte mit Sitz in Krems.

Weltweit bildet der heimische Stahlriese 1.320 Lehrlinge selbst aus, davon knapp 800 in Österreich und fast 270 in Deutschland. Die restlichen 250 Lehrlinge entfallen auf andere Länder, wie beispielsweise Großbritannien und die USA. „Das ist für uns einfach ein sehr wertvolles Instrument, um gute Mitarbeiter für die Zukunft zu erhalten“, erläuterte Schwab. Ansonsten würde man bald Probleme mit dem Nachwuchs haben.

Zusammenarbeit mit Gemeinde und College

Damit das Lehrlingsprogramm entsprechend aufgesetzt werden konnte, führte voestalpine intensive Gespräche mit der Gemeinde in Cartersville. Beispielsweise wurde im örtlichen College der Lehrplan angepasst, damit interessierte Schülerinnen und Schüler an der Lehre teilnehmen können. Auch ein Schulbus wurde organisiert, damit die Jugendlichen am Vormittag nach ihrem Aufenthalt im Werk sicher in die Schule gebracht werden.

Laut Schwab ist eine Facharbeiterkarriere durchaus lukrativ. Zwar hat die Lehre in Österreich oft einen schlechten Ruf, im Ausland gilt sie aber oft als Vorzeigemodell. In Cartersville etwa sollen umliegende Unternehmen ins Boot geholt werden, damit das Lehrlingsprogramm ausgerollt werden kann. Nicht zuletzt soll die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Cartersville bis 2020 von derzeit 240 auf 450 wachsen.

Thomas Puchinger, noe.ORF.at, aus Cartersville

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