Liste GILT setzt auf Bürgerparlamente

Die von Roland Düringer gegründete Liste GILT will in den Nationalrat einziehen. Sie setzt auf Bürgerparlamente. Politiker würden nämlich in einer Scheinwelt leben, sagt Josef Schelling aus Baden. Er tritt auf Platz zwei der Bundesliste an.

Die Liste GILT tritt zum ersten Mal bei einer Nationalratswahl an. Als Spitzenkandidat geht aber nicht der Kabarettist und Parteigründer Roland Düringer ins Rennen, sondern diverse Bürgerinnen und Bürger, die sich seiner Liste angeschlossen haben. Dass der Pensionist Josef Schelling aus Baden auf Platz zwei der Bundesliste antritt, verdankt er dem Zufall. „Es ist so, dass wir keine Spitzenkandidaten haben, weil wir ja aufgrund einer Vorselektion ausgelost wurden“, sagt Schelling im Gespräch mit noe.ORF.at. Eigentlicher Bundesspitzenkandidat ist der 70-jährige Günther Lassi. Er zog seine Kandidatur Ende August jedoch zurück, nachdem Antisemitismus-Vorwürfe laut geworden waren.

Bürgerparlamente geben Inhalte vor

Bei der inhaltlichen Ausrichtung setzt die Liste GILT auf sogenannte Bürgerparlamente. „Ich denke, dass es gilt, nicht vorgefasste Meinungen von einzelnen Leuten als Parteiprogramm zu deklarieren, sondern dass wir offen sind für alle Meinungen, die in der Bevölkerung auftreten“, erklärt Schelling. Jede Bürgerin und jeder Bürger könne sich für ein solches Bürgerparlament anmelden. Per Los wird dann entschieden, wer in das Bürgerparlament einzieht.

Wie Bürgerparlamente arbeiten: Ein Bürgerparlament soll 183 Menschen umfassen, die sich mit einem speziellen Thema auseinander setzen wollen. Via Internet gibt es eine sechswöchige Vordiskussionsphase. Danach tritt das Bürgerparlament an zwei Wochenenden zusammen, um zu einer Entscheidung zu gelangen.

„Das Ziel ist, dass wir möglichst viele Bürgerparlamente ins Leben rufen, weil wir ja möglichst schnell arbeiten wollen und das ist nicht möglich, wenn wir nur ein Parlament haben. Das sieht man ja auch beim jetzigen, professionellen Parlament, dass es nicht schnell genug arbeitet“, sagt der 65-jährige Listenzweite. Gleichzeitig übt er Kritik an den Berufspolitikern. Diese würden in einer „Scheinwelt leben“ und „das Volksvermögen verschleudern“.

Roland Düringer auf Düngehaufen vor Parlament

APA/Hans Punz

Roland Düringer, der Parteigründer der Liste GILT, machte zuletzt vor dem Parlament medienwirksam Stimmung für seine Bewegung

Bildung als erstes großes Thema

Sollte die Liste GILT in den Nationalrat einziehen, soll das erste Bürgerparlament zum Thema Bildung stattfinden. Laut Schelling soll diesem Bürgerparlament von den derzeitigen Parlamentsmitarbeitern und Sachverständigen zugearbeitet werden, damit alle Bürgerinnen und Bürger, die an dem Bürgerparlament teilnehmen, anhand fundierter Informationen gute Lösungen erarbeiten können. Als Entschädigung würde jeder dieser Bürger 100 Euro pro Tag bekommen. „Wir müssen Leute haben, die das auch mit einem gewissen Idealismus machen“, so Schelling.

Selbiges würde auch für jeden GILT-Abgeordneten gelten, der in den Nationalrat einzieht. Laut Schelling sollen sie nicht das übliche Parlamentariergehalt bekommen, sondern alles, was über 2.018 Euro hinausgeht, für soziale und wohltätige Zwecke einsetzen. Ziel sei es jedenfalls, dass jeder GILT-Abgeordnete im Parlament künftig so abstimmt, wie es vom Bürgerparlament zuvor entschieden wurde.

Das freie Mandat wird in der Bundesverfassung geregelt und sieht vor, dass jeder Abgeordnete sein Mandat im Parlament weisungsfrei ausübt. Sie dürfen folglich an keine Vorgaben von außen gebunden sein.

Auf die Frage, ob das nicht dem freien Mandat widersprechen würde und damit verfassungswidrig sei, sagt Schelling: „Natürlich wird die Entscheidungsfreiheit eines GILT-Abgeordneten durch das Bürgerparlament beschnitten und das ist auch sehr sinnvoll, weil wir glauben eben nicht, dass ein Einzelner im Parlament besser entscheiden kann als ein Bürgerparlament. In dem Sinn muss er sich dem Vorschlag des Bürgerparlaments beugen und entsprechend abstimmen.“ Sollte ein Abgeordneter etwas mit seinem Gewissen nicht vereinbaren können, könne er sich der Stimme enthalten. Etwaige Detailfragen müssten gegebenenfalls von Juristen geklärt werden.

Josef Schelling  Gilt

Tina King

Josef Schelling aus Baden will sich insbesondere für Pensionisten und Menschen mit schweren Krankheiten einsetzen

Schelling: „Rechne mit 4 bis 6 Prozent“

Als persönliches Wahlziel, habe er es sich gesetzt, „von 65 bis 70 aktiv arbeiten zu können und das Konzept allen Leuten zu erklären, damit es lebendig wird“, erzählt der 65-jährige Pensionist. Er habe 28 Jahre lang in der Schweiz gelebt und dort in Erfahrung bringen können, dass Leute, wenn sie entsprechend informiert werden, auch zu komplexeren Themen Stellung nehmen könnten.

Er selbst habe sich auch Themenschwerpunkte gesetzt. Wie Schelling erzählt, leidet er an Krebs. „Das heißt, ich werde mich speziell um die Anliegen der Pensionisten und der Menschen kümmern, die von schweren Krankheiten betroffen sind.“ Zum generellen Wahlziel der Liste GILT sagt Schelling: „Ich rechne schon damit, dass wir zwischen 4 und 6 Prozent erreichen.“

Thomas Puchinger, noe.ORF.at