Medien: „Schmutzkübel zahlen sich nicht aus“

Die Wahl ist geschlagen. Im Gespräch mit noe.ORF.at analysieren Journalisten aus Niederösterreich den Ausgang und diskutieren, welche Auswirkungen die Wahl auf die bevorstehende Landtagswahl haben könnte.

noe.ORF.at stellte Oswald Hicker, Chefredakteur der „Bezirksblätter“ in Niederösterreich, Karl Ettinger, Chefredakteur der „Niederösterreichischen Nachrichten“ („NÖN“) und Matthias Hofer, Politikchef des „NÖ Kurier“, drei Fragen. Einig sind sich die drei Printjournalisten, dass mit der Nationalratswahl auch das Thema „Dirty Campaigning“ neu bewertet wird.

Journalisten

ORF

Oswald Hicker und Matthias Hofer im Gespräch mit Werner Fetz (v.r.)

noe.ORF.at: Was wird vom Ergebnis der Nationalratswahl 2017 letztendlich übrig bleiben, Stichwort „Dirty Campaigning“?

Karl Ettinger: Es wird sicher so sein, dass sich jede Partei künftig überlegen wird, ähnliche Methoden wieder anzuwenden, weil das natürlich sehr wohl der SPÖ geschadet hat. Ob das wahlentscheidend war, kann man nicht sagen, aber „Finger weg“ wird sicher die Devise heißen und das ist auch von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bereits angesprochen worden. Wahlkämpfe könnten nach außen hin zumindest sauberer werden.

Oswald Hicker: Ich würde die Zuwanderungsfrage nicht außer Acht lassen. Sebastian Kurz hat es verstanden, sich als Macher zu positionieren. Er hat sich auch gegen jede Wettquote durchgesetzt, wie etwa bei der Westbalkanroute. Aber das ist bei den Leuten schon angekommen, und Kurz hat die Themen gut vermittelt. Ich glaube, das bleibt übrig. Selbstverständlich auch Tal Silberstein und die Methoden werden übrig bleiben. Das wird sich auch bis in den Landtagswahlkampf hineinziehen, weil noch immer nicht geklärt ist, was er in Niederösterreich beigesteuert hat.

Wahl 17

APA/Georg Hochmuth

Matthias Hofer: Die Inhalte würde ich völlig in Abrede stellen. Wir haben einen sehr langen Wahlkampf erlebt, der sich zuerst um das Thema Asyl und Zuwanderung gedreht hat. Ich glaube aber, dass das in den Köpfen der Österreicher überhaupt nicht übrig bleibt, sondern der Wahlkampf einzig und alleine mit einem Namen verbunden ist: Tal Silberstein. Auch wenn nicht alle wissen, was dieser Herr gemacht hat oder haben soll, das „dirty campaigning“ bleibt sicher übrig.

Wenn man nach den Ableitungen aus dem Wahlkampf fragt, muss man sagen, dass sich der Griff zum Schmutzkübel für die Parteien sicher nicht ausgezahlt hat. Vermutlich werden folgende Wahlkämpfe – wahrscheinlich auch der in Niederösterreich – völlig anders ablaufen, als das, was wir jetzt erlebt haben.

noe.ORF.at: Wie beurteilen Sie das Ergebnis der Nationalratswahl?

Ettinger: Als Schlagzeile: ÖVP-Wahlsieg mit starkem blauen Touch.

Hicker: Grundsätzlich kann man sagen, die Meinungsforscher haben wieder ihren guten Ruf hergestellt, weil, dass Sebastian Kurz Nummer eins sein wird, ist seit Monaten in allen Umfragen so, das hat sich bei der Wahl auch gezeigt. Beim Kampf um Platz zwei muss man sagen, diese geringen Unterschiede von nicht einmal einem Prozent sind schwer vorherzusagen. Grundsätzlich gab es diesbezüglich also keine großen Überraschungen.

Die große Überraschung sind meiner Meinung nach die Grünen. Dass sie jetzt offenbar zittern müssen, in den Nationalrat zu kommen, damit habe selbst ich nicht gerechnet. Ich habe schon geglaubt, dass sie verlieren werden, aber nicht, dass es so schlimm werden wird.

Hofer: Ich persönlich würde erwartbar sagen, auch wenn es von Politologen anders gesehen wurde. Es gibt aber einige ganz kleine Ereignisse, von denen aus man schon auf das Gesamtergebnis schließen hätte können. Eines der zentralen Themen für mich ist die völlig überraschende Rücktrittsankündigung des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl. Die SPÖ Wien verfügt traditionell über sehr gute Umfragen, was ein mögliches Wahlergebnis auf Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene betrifft. Ich glaube, er hat schon etwas „gerochen“, als er sich dazu entschieden hat.

Nationalratswahl Plakate

APA/Barbara Gindl

noe.ORF.at: Welche Auswirkungen sehen Sie für die nächste Landtagswahl 2018 in Niederösterreich?

Ettinger: Es ist auf alle Fälle ein Rückenwind für die niederösterreichische ÖVP und FPÖ. Für die ÖVP, weil sie zu den Mentoren von Sebastian Kurz gehört und von den Themen - Migration war eines der Hauptthemen - hat die FPÖ wieder profitiert.

Hicker: Ich glaube, es wird sicher jeder sehr genau überlegen, was er in diesem Wahlkampf tut. Es wird auch um die Aufarbeitung der Vergangenheit gehen. Grundsätzlich ist ein Landtagswahlkampf viel mehr personenabhängig als dieser Bundeswahlkampf. Ich meine damit etwa „meinen“ lokalen Landtagsabgeordneten oder „meinen“ Landesrat. Da orte ich schon einen Rückenwind für die ÖVP. Die SPÖ hat sich neu aufgestellt, teilweise mit Personen, die gar nicht hier leben. Das könnte ein Problem werden, das muss man sich anschauen. Ich rechne mit einer schnellen Wahl Ende Jänner.

Hofer: Man muss sich die Ausgangsposition anschauen. SPÖ und Grüne haben in ihren Hochburgen teils massive Verluste hinnehmen müssen. Bei den Grünen sind wir fast überall, wo es Verluste gibt, im zweistelligen Bereich. Das ist eine ganz schwierige Ausgangsposition, um eine Wahlbewegung für die Landtagswahl auf die Beine zu stellen. Dazu darf man nicht vergessen, dass sich Österreich jetzt – die Bundespräsidentschaftswahl mitgerechnet – schon sehr lange im Wahlkampf befindet, die Funktionäre sind müde.

Nur bei den Siegern wird es noch einmal so etwas wie einen Push geben, in eine Landtagswahl zu gehen. Bei der SPÖ darf man auch nicht vergessen, dass die vor kurzem durchgeführte Reduktion der Bezirksstellen es aus jetziger Sicht noch einmal schwieriger macht, die Funktionäre zu motivieren.

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