Engpass bei Gerichtsmedizinern

Gerichte in Niederösterreich müssen oft wochenlang auf Gutachten warten. Im Pflegeheimskandal in Kirchstetten fehlt etwa noch immer die gerichtsmedizinische Expertise. Grund dafür ist ein Engpass bei Gerichtsmedizinern.

Bei den Gerichtsmedizinern gibt es laut Homepage des Justizministeriums 30 Sachverständige in ganz Österreich, davon sind zwei in Niederösterreich tätig. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten bezeichnet den Zustand als „dramatisch“.

Ein Verfahren dauere oft länger, wenn den Gutachtern weitere Fälle dazwischenkommen oder umfangreiche Schriften und Patientenbegutachtungen anstünden, sagt Sprecher Leopold Bien. „Wir können die Aufgaben derzeit noch bewältigen, es ist aber völlig unklar, wie es weitergeht“, so Bien gegenüber noe.ORF.at.

Gerichtsmedizin Wien

APA/ HERBERT P. OCZERET

Ausbildung dauert elf Jahre

Das Problem ist kein Neues, sondern besteht seit Jahren. „Die Schwierigkeiten sind vielfältig“, sagt der niederösterreichische Sachverständige Wolfgang Denk. Das Durchschnittsalter der Gutachter liege bei 50 Jahren und es gebe wenig Nachwuchs, so Richard Schaidhauer von der Medizinischen Universität Innsbruck. Er spricht von einem „Überalterungsproblem“, da mehr Sachverständige ausscheiden als nachkommen.

Fehlendes Interesse und eine elfjährige Ausbildung zum Sachverständigen sind Gründe für den fehlenden Nachwuchs. Auch wird oft über die schlecht bezahlten Tarife der Gutachter geklagt. Obwohl sich mehrere Minister mit dem Thema befassten, ist es bisher jedoch zu keinen Anpassungen gekommen - mehr dazu in Gerichte warten zu lang auf Gerichtsgutachten (noe.ORF.at; 8.2.2016).

Auch psychiatrische Sachverständige fehlen

Ein ähnliches Problem besteht laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Leopold Bien, bei den psychiatrischen Sachverständigen und bei Dolmetschern bei Gerichtsverhandlungen. Auch in diesen Bereichen gebe es zu wenig Personal. „Wir sehen, dass der Bedarf gerade bei uns im ländlichen Bereich immer mehr steigt“, so Bien.