Das Bundesheer im Auftrag der Kultur

Das Bundesheer hat die Aufgabe, im Krisenfall ausgewählte Kulturgüter zu schützen. Gemeinsam mit den Einsatzkräften wurde am Samstag im Stift Göttweig ein solches Szenario geübt. Vor allem die Feuerwehr soll sensibilisiert werden.

Bei Sanierungsarbeiten stürzt im Bereich der alten Küche ein Teil des Stifts ein, einige Menschen sind verschüttet: Das war das Übungsszenario. Für die Einsatzkräfte war die erste Herausforderung sich im Stift zu Recht zu finden. „Aufgrund der Weitläufigkeit des Stiftes und der verschiedenen Ebenen ist es sehr schwierig, auch für uns als ortsansässige Feuerwehr“, schildert Feuerwehr-Einsatzleiter Thomas Schmölz.

Wirklich ortskundig seien nur jene, die im Stift arbeiten. Im Alarmplan für die Feuerwehr ist deshalb auch vorgesehen, dass vom Stift Lotsen zur Verfügung stehen. Priorität haben bei allen Einsätzen natürlich die Verletzten.

„Gustostücke“ werden zuerst geborgen

Neben der Größe des Stifts erschweren aber auch die unzähligen Kulturgüter, darunter jahrhundertealte Gemälde, Bücher oder Musikinstrumente, den Einsatz. Deshalb wird auch die Gruppe Kulturgüterschutz des Bundesheeres alarmiert, denn das Stift gilt als eines jener 34 Objekte in Niederösterreich, die vom Bundesdenkmalamt als schützenswert eingestuft sind.

Übung Stift Göttweig

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Vor der Bergung besprechen die Soldaten, in welcher Reihenfolge die Kulturgüter herausgeholt werden

„Wir haben vom Eigentümer eine Liste mit Prioritäten. Dieser legt im Vorfeld fest, welche Schätze, quasi die ‚Gustostücke‘ aus seiner Sammlung, besonders wichtig sind“, erklärt Kulturgüterschutzoffizier Philipp Loske. Sobald die Feuerwehr die Räume freigibt, wird diese Liste dann den Prioritäten entsprechend abgearbeitet.

Eigener Bergungsort für Kulturgüter

Ins Freie sollten die Gegenstände nur im äußersten Notfall gebracht werden, hält Loske fest: „Zuvor sucht man gemeinsam mit der Feuerwehr einen sicheren Bergungsort. Das ist ein Bereich, der vom Feuer oder sonstigen Gefahren nicht gefährdet ist, und dort werden wir das sicher verwahren.“

Übung Stift Göttweig

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Die Gegenstände werden mit aller Vorsicht geborgen und sicher verwahrt

Kulturgüter stehen in Europa durch das Haager Abkommen aus dem Jahr 1954 unter besonderem Schutz. Demzufolge muss das Bundesheer bei bewaffneten Konflikten die Kulturgüter schützen. Die Schätze aus Museen, Archiven und Bibliotheken sind heute aber weniger durch Kriege oder gezielte, terroristische Zerstörungen bedroht, als durch Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Feuer. Weil es im Ernstfall schnell gehen muss, werden deshalb nun auch die Feuerwehren dafür sensibilisiert.

„Hoffen, dass alles gut geht“

Im Stift Göttweig arbeiten die Mitarbeiter gerade an so einem kulturellen Notfallplan, erklärt Kustos-Stellvertreter Bernhard Rameder: „Dann muss klar sein, welcher Kasten, welches Buch, welches Gemälde Priorität hat.“ Eine Herausforderung seien allerdings die ständig wechselnden Ausstellungen, weil der Notfallplan darauf abgestimmt werden müsste.

Im Ernstfall bleibe eine Bergung der Gegenstände eine komplexe Angelegenheit, weil mehrere hunderttausend Kulturgüter betroffen sind. Zwar muss im Notfall immer ein Ansprechpartner des Stifts anwesend sein, erklärt Rameder, ist aber auch realistisch: „Im Notfall kann man eigentlich nur hoffen, dass alles gut geht.“

Stefan Sailer, noe.ORF.at

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