Ulrich Seidls „Böse Spiele“ zum 65er

Ulrich Seidl ist einer der kontroversesten und wichtigsten Filmemacher. Am Freitag wird Seidl, der im Waldviertel aufgewachsen ist, 65 Jahre alt. Gefeiert wird hinter der Kamera, er dreht gerade seinen neuen Kinofilm „Böse Spiele“.

Der niederösterreichische Filmregisseur, Drehbuchautor und Produzent Ulrich Seidl hat den Begriff des Doku-Dramas völlig neu und eigens definiert. In vielen seiner Werke verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion, Realität und Dokumentation. „Da gibt es keine Gesetzmäßigkeit“, sagte Seidl 2016 über seine filmische Handschrift. Er entwickelte in seinen Dokumentationen und Spielfilmen eine eigene Bildsprache, die stets großes Aufsehen in der Filmwelt und beim Publikum hervorrief.

Ulrich Seidl

APA / Herbert Neubauer

Ulrich Seidl wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Filmpreisen ausgezeichnet

Aktuell arbeitet der Filmemacher an seinem neuen Film „Böse Spiele“ - das heißt, er wird seinen 65. Geburtstag am Freitag wohl auch arbeitend verbringen. Der neue Film handelt von zwei Brüdern, die nach dem Begräbnis ihrer Mutter wieder nach Rumänien und Rimini in Italien zurückkehren. Georg Friedrich und Michael Thomas verkörpern die beiden Brüder und stehen derzeit vor der Kamera. Ob „Böse Spiele“ wieder ein Aufreger-Film wird, ließ Seidl in öffentlichen Statements bislang offen.

Viele Projekte hat Seidl noch in der Schublade. Eines ist ihm ein besonderes Herzensanliegen: ein bisher an der Finanzierung gescheiterter historischer Film über den Räuberhauptmann Grasel, der Anfang des 19. Jahrhunderts im Waldviertel und Südmähren sein Unwesen trieb: „Das wäre noch einmal etwas ganz anderes. Das wäre eine große Herausforderung für mich“, so der im Waldviertel lebende Filmemacher.

Durchbruch mit „Good News“ und „Tierische Liebe“

Seidl wurde 1952 in Wien geboren und wuchs in Horn im Waldviertel auf. Er studierte Publizistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft an der Universität Wien. Mit 26 Jahren entschloss er sich, die Filmakademie zu besuchen, und debütierte 1980 mit dem Film „Einsvierzig“ sowie 1982 mit dem umstrittenen Film „Der Ball“. Bekannt wurde Seidl aber 1990 mit „Good News. Von Kolporteuren, toten Hunden und anderen Wienern“, einem Film über die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Wiener Zeitungskolporteuren.

Im Jahr 1994 kam „Tierische Liebe“ heraus, eine umstrittene satirische Dokumentarstudie über die Tierleidenschaft vieler Österreicher. Im Jahr 1997 entstand das Porträt eines ungewöhnlichen Mathematiklehrers mit dem Titel „Busenfreund“. Mit der Semidokumentation „Models“ 1998 über das Modeldasein wagte Seidl erstmals den Schritt in eine neue Richtung, weg vom reinen Dokumentarfilm hin zum Spielfilm.

Sein erster Spielfilm „Hundstage“ markierte eine bedeutende Weiterführung dieser Idee und kam zu internationalen Ehren. Mit „Hundstage“ gewann Seidl 2001 den Großen Preis der Jury bei den 58. Filmfestspielen in Venedig. Mit seinem Dokumentarfilm „Jesus, Du weißt“ im Jahr 2003, einem ungewöhnlichen Porträt von Menschen und ihrer ganz persönlichen Beziehung zu Jesus Christus, hatte Seidl ebenfalls großen Erfolg. So wurde der Streifen in Karlovy Vary, bei der Viennale und in Montreal ausgezeichnet und lief auf mehreren internationalen Filmfestivals.

Paradies-Trilogie bei allen großen Festivals

2003 wurde der Regisseur zum Produzenten, er gründete „Ulrich Seidl-Film“ und produzierte „Import Export“, der 2007 im Wettbewerb von Cannes seine Uraufführung hatte. Ab 2012 präsentierte Seidl die „Paradies“-Trilogie jeweils auf einem internationalen A-Festival: „Paradies: Liebe“ 2012 in Cannes, „Paradies: Glaube“ im gleichen Jahr in Venedig sowie „Paradies: Hoffnung“ 2013 auf der Berlinale.

Ulrich Seidl erhält den Spezialpreis der Jury

EPA/Claudio Onorati

Ulrich Seidl mit dem Spezialpreis der Jury in Venedig 2012

Aufreger gehören zum Seidl-Oeuvre dazu

Immer wieder sorgten die Arbeiten von Seidl für Kontroversen und Diskussionen in der Öffentlichkeit. So zog er etwa im Oktober 2012 seine Filme „Paradies: Liebe“ und „Paradies: Glaube“ von der Viennale zurück. Die anvisierten Termine um jeweils 18.00 Uhr fand der Regisseur nicht akzeptabel. „Österreichische Filme werden in den Vorabend verräumt“, ärgerte sich Seidl. Der Film „Im Keller“ zeigt neben anderen Szenen Männer, die sich in einem mit Nazi-Devotionalien gespickten Keller in Marz treffen, und löste den Rücktritt von zwei der Gefilmten als Gemeinderatsmandatare der ÖVP aus. Seidls bisher letzter Film „Safari“, eine dokumentarische Annäherung an die Großwildjagd, feierte 2016 Premiere.

Im Privatleben ist Seidl mit der Journalistin und Drehbuchautorin Veronika Franz verheiratet und lebt in Wien und im Waldviertel. Franz war bisher bei allen Seidl-Filmen als Co-Autorin, Regieassistentin und Casterin beteiligt. Das Paar hat zwei Kinder.

Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

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