Suizidfall: Diakonie habe Behörden gewarnt

Im Suizidfall eines elfjährigen Flüchtlings in Baden, betonte die Diakonie am Mittwoch, dass sie die Behörden mehrfach vor einem Obsorgemissstand gewarnt habe. Der Bub wohnte in einem von der Diakonie betreuten Flüchtlingsheim.

In mehreren Schreiben habe die Diakonie im vergangenen Jahr die Bezirkshauptmannschaft und das Bezirksgericht Baden auf Probleme in der Obsorge der sechs minderjährigen Flüchtlinge hingewiesen, wird am Mittwoch betont. „Wenn uns Dinge auffallen, die für die Kinder gefährlich sein können, dann ist es unsere Verpflichtung das zu melden - und das haben wir mehrfach getan“, erklärte Roberta Rastl-Kircher, Sprecherin der Diakonie Österreich, gegenüber noe.ORF.at.

Diakonie: „Schwierige Situation bemerkt“

Der Elfjährige war gemeinsam mit seinen sechs Geschwistern im Flüchtlingsheim der Diakonie untergebracht. Die Obsorge für die Minderjährigen hatte der 23-jährige Bruder, der damit überfordert gewesen sein soll. „Wir haben in den Schreiben an die Behörden bemerkt, dass es eine schwierige Situation für den Bruder ist, mit seinen sechs Geschwistern den ganzen Alltag zu gestalten“, so Rastl-Kircher. „Alles, was uns aufgefallen ist, haben wir im Detail den Behörden gemeldet.“

Diakonie zu Suizid Elfjähriger Baden

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Behörde wies Vorwürfe zurück

Eine Reaktion der Behörden habe es laut Rastl-Kircher zwar gegeben, aber erst Monate später. Eine Änderung bei der Obsorge habe man seitens der Behörden als nicht notwendig erachtet. Diese Entscheidung sei für die Diakonie nicht nachvollziehbar, sagte Rastl-Kircher.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen.

„Wir sagen immer, dass es wichtig ist, dass Flüchtlingskinder bestmöglich betreut werden und Kinder sind am besten in Kinderquartieren betreut“, so die Sprecherin. „Dieses ist ein Erwachsenenquartier und wir können nur Auffälligkeiten melden und können nicht die Entscheidungen der Behörden kommentieren.“

Seitens der Bezirkshauptmannschaft Baden hieß es am Mittwoch, dass man den Fall nicht weiter kommentieren werde. Bereits am Montag wurden Vorwürfe über ein mögliches Fehlverhalten der Behörde zurückgewiesen - mehr dazu in Nach Suizid: Behörde weist Vorwürfe zurück (noe.ORF.at; 20.11.2017).

Flüchtlingskoordinator intervenierte vor einem Jahr

Neben der Diakonie soll nun auch der damalige Flüchtlingskoordinator Christian Konrad im September 2016 an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Baden geschrieben haben. Das berichtet die Tageszeitung „Kurier“ in ihrer Donnerstagsausgabe. Konrad wies darauf hin, dass dem ältesten Bruder die Obsorge für seine sechs Geschwister zu viel sei.

Konrad bat laut „Kurier“ die Bezirkshauptmannschaft, die Obsorge zu übernehmen. Das Antwortschreiben der BH lautete dem Bericht zufolge: Falls das ambulante Angebot der Kinder- und Jugendhilfe nicht ausreiche, bliebe die Obsorgeübertragung.

Unicef fordert bessere Betreuung

Anlässlich des Suizids fordert das UN-Kinderhilfswerk Unicef Europa zu einer besseren Betreuung traumatisierter Flüchtlingskinder auf. Buben und Mädchen seien durch den Verlust ihrer Heimat stark gezeichnet. „Für einige ist es einfach zu viel, das zu ertragen“, betonte Unicef am Mittwoch in Genf. Die Minderjährigen bräuchten rechtzeitig psychologische Hilfe, die Langzeitfolgen für ihr Leben und die Gesellschaft seien ansonsten nicht berechenbar.

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