Krismer im Porträt: „Politik ist mir passiert“

Seit 15 Jahren ist Helga Krismer grüne Landtagsabgeordnete. Bei der Wahl am 28. Jänner steht sie zum ersten Mal ganz oben auf dem Stimmzettel. Politik sei ihr „passiert“, weil sie immer schon auf der Seite der Schwächeren gestanden sei, sagt sie.

Bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2013 war Helga Krismer noch Listenzweite. Diesmal schlägt die 45-Jährige als Spitzenkandidatin die erste Landtagswahl der Grünen nach dem Ausscheiden der Partei aus dem Nationalrat. In Niederösterreich gilt es für sie 8,1 Prozent und vier Mandate im Landtag zu verteidigen.

Von der Veterinärmedizin zur Politik

Als gebürtige Tirolerin (Hopfgarten im Brixental) verschlug es Krismer wegen des Veterinärmedizin-Studiums mit Schwerpunkt Lebensmittelhygiene von Tirol nach Wien beziehungsweise nach Baden, wo sie mit 18 „eigentlich zufällig über familiäre Beziehungen“ landete, wie sie im persönlichen Porträt in „NÖ heute“ erzählt, und wo sie auch heute noch lebt. Tierärztin sei als Kind ihr Traumberuf gewesen, sagt Krismer, Politik sei ihr „passiert“. Sie sei aber in die Politik gegangen „um Dinge zu verändern und zu verbessern“, so die Spitzenkandidatin der Grünen.

Helga Krismer im "Radio Niederösterreich Wahlcafé"

ORF / Sunk

„Ich war immer eine, die sich nicht zurückhält, wenn ich das Gefühl habe, es läuft etwas in die falsche Richtung, mir gefällt etwas nicht, beziehungsweise auch wenn jemand Hilfe oder Unterstützung braucht. Ich bin immer schon auf der Seite der Schwächeren gewesen“, so Krismer. Seit dem Jahr 2000 engagiert sie sich als Gemeinderätin der Grünen und seit 2010 als Vizebürgermeisterin in Baden sowie seit April 2003 als Landtagsabgeordnete und seit Jänner 2014 als Klubobfrau im niederösterreichischen Landtag.

Sendungshinweis

„Guten Morgen NÖ“, 9.1.2018

Im November 2015 folgte Helga Krismer als Landessprecherin der Grünen Niederösterreich auf Madeleine Petrovic, Anfang März wurde sie bei einem Landeskongress zur Spitzenkandidatin gewählt - mehr dazu in Grüne wählen Krismer zur Spitzenkandidatin (noe.ORF.at; 5.3.2017).

Leidenschaftliche Mountainbikerin

Privat lebt die 45-Jährige mit Mann, Sohn Lukas (12 Jahre) und Stieftochter Sarah in einer Patchworkfamilie. Fragt man Helga Krismer nach ihren Vorbildern, nennt sie ihre Eltern ebenso wie „Menschen, die mit wenig Einkommen das Auslangen finden müssen“ und den als „Retter des Wienerwaldes“ bekannten Josef Schöffel, der dafür gekämpft habe, dass der Wienerwald nicht abgeholzt wird. Der Biosphärenpark Wienerwald sei auch ihr Rückzugsgebiet, wo sie Energie tanke, sagt Krismer, die sich selbst als „leidenschaftliche Mountainbikerin“ bezeichnet.

Helga Krismer im "Radio Niederösterreich Wahlcafé"

ORF / Sunk

Am Dienstag war Helga Krismer zu Gast im „Radio Niederösterreich Wahlcafé“

Wordrap mit Helga Krismer

  • Meine Freunde nennen mich…
    Helga
  • Mein größtes Vorbild ist…
    Meine Eltern und Menschen, die mit wenig Einkommen das Auslangen finden müssen
  • Mein Traumberuf als Kind war…
    Tierärztin
  • Dieses Buch liegt derzeit auf meinem Nachtkästchen…
    „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse
  • Dieser Versuchung kann ich nicht widerstehen…
    Einem guten Glas Wein
  • Wenn ich morgens in den Spiegel schaue, denke ich…
    „Reifungsprozess“
  • Mein Lebensmotto lautet…
    Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.
  • Diesen Tag würde ich gerne noch einmal erleben...
    Den 19. August 1989, den Fall des Eisernen Vorhangs.
  • Der Titel meiner Biographie wäre…
    „Die Aufdeckerin“
  • In den Wahnsinn triebt mich...
    Sturheit
  • Mein Lieblingsplatz in Niederösterreich ist…
    Das Zuhause
Helga Krismer im "Radio Niederösterreich Wahlcafé"

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Umwelt und Kontrolle als zentrale Wahlkampfthemen

Im Wahlkampf setzen die Grünen vor allem auf die Themen Umwelt und Kontrolle. Erstmals tritt bei dieser Landtagswahl aber auch NEOS an und will sich ebenfalls als Kontrollpartei positionieren. Darauf angesprochen sagt Krismer, sie habe NEOS „noch nie als Kontrollpartei wahrgenommen“ und höre auch derzeit nichts von ihnen im Nationalrat. Die Grünen seien hingegen in Niederösterreich „eine starke, laute Stimme“.

Landtagswahl 2018 auf noe.ORF.at:

Alle Informationen und Hintergrundberichte zur Wahl finden sie bis 28. Jänner hier.

Im Gespräch mit ORF-NÖ-Moderatorin Claudia Schubert im „Radio Niederösterreich Wahlcafé“ betont Krismer auch, dass die Grünen jetzt „ganz unabhängig“ seien, da sie nicht mehr im Nationalrat vertreten sind. In Niederösterreich wolle sie vor allem einen Ausgleich zur Regierung darstellen, sagt Krismer, die auf Grund der Proporzregierung ÖVP, SPÖ und Freiheitliche „ganz fix in der Landesregierung“ sieht.

In diesem Zusammenhang kritisiert Krismer vor allem die aus ihrer Sicht fehlenden Minderheitenrechte. Die im Vorjahr im Landtag beschlossenen Änderungen gehen ihr nicht weit genug. „In Niederösterreich ist es nach wie vor so, dass die Regierungsparteien sich selber kontrollieren“, sagt Krismer und verweist darauf, dass die Regierungsparteien sowohl im Rechnungshofausschuss als auch in einem Untersuchungsausschuss den Vorsitz hätten. „Wenn man Demokratie ernst meint in Niederösterreich, dann wird man sich an die Grünen wenden müssen“, so Krismer.

Krismer wünscht sich „Vorzeigemodellregion“

Nicht müde wird Krismer auch bei ihrer Forderung nach einem „365€-Öffiticket“, das aus ihrer Sicht ein „gutes Investment“ sei. „Das sind genau jene Elemente, die den Menschen tagtäglich was bringen und gegen die Klimakrise ankämpfen“, sagt Krismer. Gerade an den Achsen des öffentlichen Verkehrs sei es zunehmend möglich, zukunftsorientierte, innovative Betriebe nach Niederösterreich zu holen, sagt Krismer. „Das birgt Potenzial - und zwar großes Wirtschaftspotenzial - und damit werden Arbeitsplätze geschaffen.“ Auf die Finanzierung angesprochen sagt Krismer, sie gehe davon aus, dass es durch das „365€-Öffiticket“ zu mehr Einnahmen komme.

Helga Krismer im "Radio Niederösterreich Wahlcafé"

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Man wolle Niederösterreich zu einer „Vorzeigemodellregion in Sachen Klima“, aber auch „sozialer Wärme“ machen, sagt Krismer. Sie kritisiert, dass die aktuelle Bundesregierung „bei den Ärmsten“ spare. In puncto Umwelt will sie, „dass Niederösterreich beweist, dass es eine Glyphosat-freie Region sein kann in Europa." Beim Thema Familie fordert Krismer vor allem Gratis-Kindergärten am Nachmittag. „Ich bin für die Alltagssorgen und habe daher auch diese Angebote“, sagt Krismer.

„Möglichst viele grüne Stimmen“ als Wahlziel

Weil das Wahlkampfbudget der Grünen nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat von 1,2 Millionen auf 700.000 Euro deutlich gekürzt wurde, wollen die Grünen bis zur Wahl am 28. Jänner vor allem bei Bürgerkontakten von diesen Angeboten überzeugen. „Überzeugungsarbeit im direkten Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern kostet nichts und bringt am meisten“, sagt Krismer. Auf ein konkretes Wahlziel legt sie sich aber nicht fest - und auf Umfragen gebe sie „schon seit längerem nicht mehr sehr viel“.

Man brauche es nicht schön zu reden, sagt Krismer: „Wir beginnen bei 29.619 Wählerinnen und Wählern, die den Grünen am 15. Oktober das Vertrauen gegeben haben (Anm.: 2,7 Prozent der Stimmen bei der Nationalratswahl). Mein Ziel ist, jede Stimme, die ich mehr bekomme, ist eine Kraft, die man in Niederösterreich als Ausgleich, als Kontrollkraft gegenüber den anderen drei Parteien braucht. Das ist das Ziel.“

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