Collini spricht von „Förderunwesen“

Die erste Spitzenkandidatin, die bei Chefredakteur Robert Ziegler zu Gast ist, ist Indra Collini von NEOS. Sie will den Landesschulden zu Leibe rücken und prangert als - aus ihrer Sicht – größten Schuldentreiber die Förderungen an.

noe.ORF.at: Frau Collini, Sie treten an mit dem Slogan „enkelfit rein, Verschwendung raus“. Das heißt, es soll gespart werden. Wo konkret soll denn aus Ihrer Sicht gespart werden?

Indra Collini: Unser großes Thema ist die Steuergeld-Verschwendung, die wir stoppen wollen. Wir haben ja in Österreich grundsätzlich das Thema, dass der Bund die Steuern einnimmt, die in Österreich sehr, sehr hoch sind, und die Länder das mit beiden Händen ausgeben. Konkret sparen wollen wir bei den Parteien selbst, die sollen mit gutem Vorbild vorangehen. Wir setzen uns ein für eine Halbierung der Parteienförderung.

Chefredakteur Robert Ziegler und Indra Collini

ORF / Gernot Rohrhofer

Indra Collini im Gespräch mit Robert Ziegler

noe.ORF.at: Bei der Parteienförderung geht es um einige Millionen, wir sprechen aber von einem Milliardenbudget für ganz Niederösterreich. Das heißt, wenn gespart werden muss, müssen ja größere Brocken angegangen werden. Woran denken Sie da?

Collini: Ein Beispiel sind die Förderungen in Niederösterreich. Das ist ein Förderunwesen, das hier betrieben wird. Wir wissen, 1,88 Milliarden Euro pro Jahr gehen in Förderungen. Da mögen auch sinnstiftende Dinge dabei sein, keine Frage, aber wenn man das herunterrechnet, sind das pro Tag 5,2 Millionen Euro, das ist eine unglaubliche Summe.

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noe.ORF.at: Welche Förderung würden Sie streichen?

Collini: Das Allerwichtigste ist, dass wir hier in die Sichtbarkeit kommen, das Befüllen der Transparenzdatenbank, damit wir wissen, wo das Geld hingeht. Fakt ist, von über 500 Förderungen, die sich der Rechnungshof angesehen hat, sind nur 130 entsprechend der Förderrichtlinien formal richtig beantragt worden. Das heißt, dass hier Geld auf Zuruf zugewiesen wird, und das heißt, dass dieses System, das wir hier in Niederösterreich haben, dieses System von Abhängigkeiten, von Gefälligkeiten und auch des „sich gefügig machens“, dass das hieraus bedient wird.

noe.ORF.at: Was wäre denn das erste Thema im Landtag, wenn NEOS den Einzug schaffen würde?

Collini: Eine nachhaltige Politik ist uns sehr, sehr wichtig. Wir fordern eine Schuldenbremse in der Landesverfassung. Schulden kosten Geld, allein 125 Millionen Euro geben wir im Jahr aus, um den Zinsendienst zu bezahlen. Und mit diesem Geld würden wir NEOS lieber etwas Sinnstiftendes machen, etwas Zukunftsorientiertes. Mit 125 Millionen Euro könnte man zum Beispiel 2.500 Lehrerinnen und Lehrer bezahlen.

noe.ORF.at: NEOS ist ja oft sehr kritisch, wenn es um die Bundesländer geht. NEOS-Parteivorsitzender Matthias Strolz spricht sogar von den „Fürsten der Finsternis“, wenn er von den Landeshauptleuten spricht. Was haben Sie denn für ein Interesse, Teil eines solchen Systems zu sein, da mittendrin zu sein?

Collini: Ich bin der Meinung, man kann nur etwas verändern, wenn man sich in die Spielregeln des Systems begibt, wenn man von innen heraus auch für Veränderung sorgt.

Chefredakteur Robert Ziegler und Indra Collini

ORF / Gernot Rohrhofer

noe.ORF.at: Sind Sie der Meinung, dass man in den Bundesländern, also in Niederösterreich, etwas von der Struktur her ändern müsste? Da gibt es den Landtag mit 56 Abgeordneten – soll das so bleiben, wenn es nach NEOS geht, oder soll es radikale Änderungen geben?

Collini: Es gibt drei Herausforderungen, wenn wir von den Bund-und-Länder-Themen sprechen. Die erste Herausforderung ist natürlich die Gesetzgebung. Es versteht in Österreich wirklich niemand, warum wir neun unterschiedliche Gesetzgebungen brauchen. Neun Jugendgesetze, neun Bauordnungen, neun Anlagegenehmigungsverfahren. Hier braucht es einen Denkprozess, um Klarheit zu bekommen, auf welcher Ebene man welche Gesetzgebung ansiedelt.

Das zweite große Thema ist natürlich das Kompetenzwirrwarr, das wir durch diese Situation haben. Gerade im Bildungsbereich sieht man, dass es schwer ist, hier voranzukommen. Und das dritte Thema ist das verantwortungsvolle Umgehen mit Steuergeld. Solange es hier so ist, dass der Bund einnimmt und die Landeshauptleute das Geld ausgeben, werden wir hier nie in effiziente Systeme kommen.

noe.ORF.at: Wer ist denn NEOS eigentlich in Niederösterreich? Sie kandidieren ja, aber gibt es NEOS eigentlich in Bezirken oder Gemeinden, kann man sich das so wie andere Parteien in diesem Land vorstellen?

Collini: Ja, wir sind viele in Niederösterreich, wir werden immer mehr. Wir sind bereits in 23 Gemeinden politisch aktiv. Überall, wo NEOS drin sind in den Gemeinden, da sieht man auch, da gibt es mehr Kontrolle, da gibt es mehr Transparenz. Und was mir auch ganz wichtig ist: Wir sind alle keine Berufspolitiker, sondern wir sind alle ehrenamtlich engagiert, um eine Erneuerung auch für unsere Kinder voranzutreiben.

Chefredakteur Robert Ziegler und Indra Collini

ORF / Gernot Rohrhofer

noe.ORF.at: Sie treten als Partei an, die kontrollieren will. Jetzt behaupten die Grünen, sie tun das schon seit 20 Jahren. Was wollen Sie anders machen als die Grünen?

Collini: Grundsätzlich kann ich dazu sagen: Je mehr Kontrolle, desto besser. Was wir noch mitbringen: Unser Fokus ist weiter, weil wir noch das Thema mit den Finanzen und der Schuldenpolitik durchleuchten wollen. Wir haben zum Bespiel bereits im Dezember eine parlamentarische Anfrage im Nationalrat eingebracht zum Thema Hypo Niederösterreich. Weil wir wissen wollen, wie groß das Damoklesschwert ist, das möglicherweise über den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern schwebt.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 15.1.2018

noe.ORF.at: Jetzt treten zwei Parteien an, die kontrollieren wollen, beide Parteien liegen in Umfragen immer so knapp am Einzug in den Landtag, da ist nichts fix. Es könnte sogar sein, dass keine der beiden Parteien den Einzug schafft. Verstehen Sie da die Sorgen der Grünen, dass das ein hohes Risiko ist, dass beide antreten und dass es am Ende sogar gar keine Opposition im Landtag mehr geben könnte, weil es beide nicht schaffen?

Collini: Natürlich verstehe ich, dass die Grünen da in einer sehr, sehr kritischen Situation sind. Und es ist wichtig, dass wir Kontrolle im Landtag haben. Das ist auch der Punkt, warum ich ganz sicher bin, dass wir NEOS den Einzug in den Landtag schaffen, weil es das ist, was es braucht: Es braucht eine konstruktive Kontrollkraft und es braucht einen Reformmotor, und das ist das, was wir einbringen werden.

Chefredakteur Robert Ziegler und Indra Collini

ORF / Gernot Rohrhofer

noe.ORF.at: Was macht Sie da so sicher? In Vorarlberg, von wo Sie herkommen, und in Wien, da hat es geklappt, in anderen Bundesländern – in der Steiermark, in Oberösterreich und im Burgenland – ist es schief gegangen. Was macht Sie so sicher, dass Sie den Einzug schaffen?

Collini: Also, wir sind eine junge Bewegung, und es ist eine ganz normale Entwicklung, dass es Erfolge, aber auch Tiefschläge gibt. Und ich glaube, nur so kann man vorankommen, daraus lernen und es beim nächsten Mal besser machen.

noe.ORF.at: Jetzt ist in Niederösterreich die Parteienlandschaft ja nicht in besonderer Bewegung, schon über Jahrzehnte. Es gibt aber den Unterschied zu 2013, dass das Team Stronach nicht mehr antritt. Wer sind die Wähler von 2013, von denen Sie erwarten, dass sie diesmal NEOS wählen sollen?

Collini: Ich kann nur sagen, wofür wir stehen, und ein Angebot an alle machen, die eine „enkelfite“ Politik wollen, eine nachhaltige Politik, die wollen, dass es weniger Packelei im Landtag und im Land gibt, und die einfach mehr Freiheit wollen. Für alle die sind wir ein Angebot.

Das Gespräch mit Indra Collini führte Robert Ziegler, noe.ORF.at

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