Im Wahlkampf zählen auch „Likes“ und „Klicks“

Der Wahlkampf im Internet wird für die Parteien immer wichtiger. „Auch in Niederösterreich sind Social Media angekommen“, sagt Politikwissenschafterin Gerda Füricht-Fiegl. Entschieden werde die Wahl aber in der realen Welt.

Neben Plakaten und Händeschütteln setzen alle fünf Parteien, die bei der Landtagswahl am 28. Jänner landesweit antreten, auch verstärkt auf den Wahlkampf im Internet. „Die Parteien nehmen den Online-Wahlkampf ernst“, sagt Politikwissenschafterin Gerda Füricht-Fiegl von der Donau-Universität Krems im Gespräch mit noe.ORF.at. „Die Social Media sind aber nur ein Teil der Kommunikation der Parteien.“

Parteien setzen vor allem auf Facebook

Bei der ÖVP heißt es, dass die Wahlwerbung ebenso online wie offline passiere. „Das Web-Angebot reicht vom Wahlkampftagebuch über Kandidatenvideos bis zur persönlichen Grußbotschaft der Spitzenkandidatin, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner“, so ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner.

„Der Online-Auftritt der SPÖ fokussiert sich vor allem auf Facebook. Mit der Seite der Partei und der Seite von Franz Schnabl möchten wir vor allem Tagesaktuelles aufgreifen und unsere Inhalte thematisieren“, sagt SPÖ-Pressesprecherin Gabriele Strahberger.

Die FPÖ Niederösterreich ist online vor allem auf Facebook aktiv, „weil da die meisten Leute erreicht werden“, sagt Pressesprecherin Edda Kuttner. Thematisch bleibe man online bei den drei Hauptthemen Sicherheit, Wohnen und Gesundheit. Auf Social Media müsse man „unbedingt dabei sein, das ist ein wichtiges Kommunikationsmittel“, so Kuttner.

Die niederösterreichischen Grünen legen den Fokus im Online-Wahlkampf auf die Social-Media-Kanäle Facebook, Instagram und Youtube, sagt Pressesprecher Michael Pinnow. Ein Zehntel des Wahlkampfbudgets, 60.000 Euro, werde dafür verwendet.

NEOS setzt im Online-Bereich wiederum auf drei Punkte: eine eigene Kampagnenwebsite, auf E-Mails an Kontakte von vergangenen Kampagnen und auf Facebook. Auf der Social-Media-Plattform wolle man „die eigenen Follower und die eigene Community erreichen und darüber hinaus Menschen, die sich thematisch für unsere Anliegen und Inhalte interessieren“, sagt NEOS-Marketingleiter Christoph Jung.

Der Online-Wahlkampf sei „genauso wichtig oder unwichtig wie Plakate oder Anzeigen zu schalten. Er ist ein Teil des Medienmix.“ NEOS investiert laut Jung fünf bis sieben Prozent des gesamten Wahlkampfbudgets in den Online-Bereich.

Parteien wollen Kandidaten bekannt machen

Alle fünf Parteien hätten das Ziel im Wahlkampf, die Kandidatinnen und Kandidaten bekannt zu machen, erklärt Politikwissenschafterin Gerda Füricht-Fiegl. „Ganz groß bespielt werden Facebook, natürlich die Homepages und auch YouTube, also Video-Channels. Das Ziel in diesem Wahlkampf ist ganz spezifisch: Bekanntwerden“, so Füricht-Fiegl.

Landtagswahl 2018 auf noe.ORF.at:

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Dazu fahren die Parteien online unterschiedliche Strategien. „Die ÖVP positioniert sich mit der Botschaft ‚Eine Landeshauptfrau für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher‘“, sagt die Politikwissenschafterin. Die SPÖ hingegen wolle „Aufmerksamkeit um jeden Preis. Sie will auffallen, eine sehr kreative, bunte, moderne, ungewöhnliche Kampagne - sehr klar auf den Spitzenkandidaten fokussiert.“ Die FPÖ setzt laut Füricht-Fiegl in den sozialen Medien so wie auch in der realen Welt vorrangig auf das Thema Sicherheit. Bei Grüne und NEOS sei das Opposition und Kontrolle.

Mehrere Themen offline, ein Hauptthema online

Zwischen dem Offline-Wahlkampf mit Plakaten und Flyern und dem Online-Wahlkampf sieht Politikwissenschafterin Gerda Füricht-Fiegl zwar keinen großen Unterschied, was die Themen betrifft, auf den Plakaten sei die Themenvielfalt allerdings größer als in der Online-Welt. Diese Strategie bezeichnet die Politikwissenschafterin als richtig. Das gesamte Wahlprogramm in den sozialen Medien zu präsentieren mache auch gar keinen Sinn. „Die Expertenmeinung geht dahin, dass ich vor allem emotionalisieren und auch mobilisieren kann.“ Sich auf ein Thema zu fokussieren und „in der Sprache der Social Media“ auf ungewöhnliche Art einen Zugang zu schaffen – das funktioniere laut der Expertin online sehr gut.

Online Wahlkampf

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Gerda Füricht-Fiegl: „Social Media sind nur ein Teil des Wahlkampfs“

Entscheidend seien die sozialen Medien aber nicht nur im Wahlkampf. Laut Füricht-Fiegl müssten sie von Politikern langfristig bespielt werden. „Ich muss mein Netzwerk aufbauen, ich muss Vertrauen schaffen, ich muss Glaubwürdigkeit lukrieren. Dann kann ich es im Wahlkampf quasi ‚ernten‘“, so die Politikwissenschafterin. „Da ist noch Potential da. Da können die Parteien auch in Zeiten, in denen nicht Wahlkampf ist, mehr in den Social Media tun, um dann die Zielgruppe direkt erreichen zu können.“

Nachholbedarf bei Instagram und Snapchat

Eine Zielgruppe, die vor allem über soziale Medien erreicht werden kann, sind laut der Expertin 14- bis 29-Jährige, eine andere die eigenen Funktionäre. „Die eigenen Funktionäre auch über die sozialen Medien abzuholen ist eigentlich eine schlaue Idee. Das tut zum Beispiel die ÖVP mit dem Wahltagebuch, auch die FPÖ und die Sozialdemokraten mit Selfies mit den Spitzenkandidaten oder auch die Grünen, wo man die eigenen Wahlhelfer gemeinsam abbildet. Das dient der Mobilisierung auch ein Stück weit“, erklärt sie.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 23.1.2018

Facebook und vor allem auch Videos haben die Parteien laut Füricht-Fiegl bislang im Wahlkampf gut eingesetzt. Nachholbedarf gebe es bei anderen Kanälen, wie Snapchat und Instagram, um noch jüngere Wähler zu erreichen. Zudem könnten die Parteien online noch originellere Ideen liefern, meint sie.

Online Wahlkampf

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In den sozialen Medien sollten die Parteien Themen auf spielerische Art aufbereiten, meint die Politikwissenschafterin

„Wahlkampf findet in der realen Welt statt“

Ob es die Parteien geschafft haben, online Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen wird man „letztendlich am Wahltag sehen.“ Auslassen könne man aber soziale Medien im Wahlkampf nicht, hält sie fest. „Sie sind ein wichtiger Bestandteil, wenn man Zielgruppen anschaut. Es geht um Jugendliche. Das sind 18 Prozent der Wähler“, so Füricht-Fiegl. „Was man aber auf jeden Fall sagen kann: Der Wahlkampf in Niederösterreich findet in der realen Welt statt und nicht in der virtuellen Welt.“ Die Wahl am 28. Jänner wird somit nicht im Internet entschieden.

Thomas Koppensteiner und Pia Seiser, noe.ORF.at

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