Liederbuch-Affäre könnte FPÖ geschadet haben

Die Liederbuch-Affäre um Udo Landbauer (FPÖ) bleibt bis zum Schluss das bestimmende Thema im Wahlkampf. Die Vorwürfe gegen den 31-jährigen Wiener Neustädter könnten der FPÖ geschadet haben, sagt Politikberater Thomas Hofer.

Landtagswahl 2018 auf noe.ORF.at:

Alle Informationen und Hintergrundberichte zur Wahl finden sie bis 28. Jänner hier.

noe.ORF.at: Am Sonntag wird ein neuer Landtag gewählt, der Wahlkampf ist zu Ende. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Thomas Hofer: Es war ein schaumgebremster Wahlkampf, allerdings mit einem furiosen Finish. Mit der Affäre um den Spitzenkandidaten der FPÖ, Udo Landbauer, ist es auf den letzten Metern - und das nicht nur auf bundespolitischer, sondern auch auf internationaler Ebene - noch einmal heftig geworden. Die Frage ist natürlich, wie sehr sich das auf die FPÖ auswirken kann.

noe.ORF.at: Kann die Affäre um Udo Landbauer und das Liederbuch der Burschenschaft Germania das Wahlverhalten beeinflussen? Oder wurde sie dafür zu spät Thema?

Hofer: Bis eine Affäre sickert, dauert es normalerweise zehn bis 14 Tage. In diesem Fall ist es aber ein wenig anders, weil Udo Landbauer schon frühzeitig in diesem Wahlkampf auf sich aufmerksam gemacht hat, zum Beispiel mit der Zuschreibung „Moslem-Mama“ in Richtung Mikl-Leitner. Schon das hat der FPÖ nicht gut getan. Sie wird morgen sicher zulegen, aber ich denke, dass derartige Dinge das Wachstum beschränken.

noe.ORF.at: Die Rücktrittsaufforderungen an Udo Landbauer häufen sich. Nun fordert das auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Wie sehr erhöht das den Druck auf Landbauer?

Hofer: Ich denke, dass es für Udo Landbauer ganz schwierig sein wird zum Beispiel in eine Landesregierung einzuziehen, denn eines ist klar: Das ist keiner anderen Partei recht gewesen und selbst innerhalb der FPÖ gab es einige, die gemeint, dass diese Affäre nicht nötig war. Insofern meine ich, dass der Druck auf ihn steigt.

Man merkt gerade bei der ÖVP auf Bundesebene, dass man mit dem Koalitionspartner, also mit der FPÖ, sehr pfleglich umgeht, dass man nicht provozieren will und die Causa nicht noch mehr zuspitzen wollte. Aber klar ist, dass hier die anderen Parteien einsteigen und auch Van der Bellen hat sich für einen Bundespräsidenten sehr deutlich geäußert und insofern erhöht das den Druck auf Udo Landbauer noch einmal, denn auch die FPÖ will wie bisher in der Bundesregierung ein ganz gutes Auslangen mit dem Bundespräsidenten finden.

noe.ORF.at: Welches Gewicht hat die Aufforderung eines Bundespräsidenten? Hat Landbauer eine andere Möglichkeit, als dieser Aufforderung nachzukommen?

Hofer: Es ist ein dramatischer Unterschied, ob NEOS, die Grünen oder die SPÖ einen Rücktritt fordern oder, ob das der Bundespräsident macht. Ein Mitbewerber fordert einen bald einmal zum Rücktritt auf, aber wenn das der parteiunabhängige Bundespräsident macht, der in seinem Amt eine gewisse Zurückhaltung eingebaut hat, kann man zwar sagen, dass er sich für den Fall, dass Landbauer nicht zurücktritt, weit aus dem Fenster lehnt, auf der anderen Seite erhöht das schon den Druck.

Das kann der FPÖ nicht egal sein und Heinz Christian Strache und die Führungsmannschaft im Bund wissen, dass darauf auch international beobachtet wird. Es würde mich daher nicht überraschen, wenn Udo Landbauer ein mögliches Landesratsmandat nach der Wahl nicht annimmt.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 27.1.2018

noe.ORF.at: Landbauer will für die FPÖ das „historisch beste Ergebnisse“ erreichen. Sogar von Platz zwei war die Rede. Ist dieses Ziel noch realistisch?

Hofer: Die FPÖ wird prozentmäßig zu den Siegern zählen, das ist aber auch nicht so schwer. Man kommt von einem wirklich sehr, sehr schlechten Stand von acht Prozent, da kann es also nur nach oben gehen. Aber ich denke, dass das Wachstum in den vergangenen Tagen und Wochen durchaus gebremst worden ist.

Im Nationalratswahlkampf hatte man eine neue, eine andere Tonalität gefunden und versucht, in die Mitte zu rücken. Auch wenn das nicht ganz gelungen ist, war es kein Wahlkampf, der von Radikalismen geprägt war. In Niederösterreich war das wieder anders und ich denke nicht, dass das dazu geeignet war, große Wählerscharen um sich zu reihen.

Thomas Hofer

Hofer

Thomas Hofer analysierte für noe.ORF.at den Wahlkampf in Niederösterreich

noe.ORF.at: Immer wieder heißt es, dass das Wiener Umland für einige Parteien besonders wichtig sein wird. Wird die Wahl tatsächlich hier entschieden?

Hofer: Natürlich kommt dem Speckgürtel um Wien große Bedeutung zu, weil er ein wenig wie Wien und nicht unbedingt wie der große Rest von Niederösterreich funktioniert. Hier kommt es bei einigen Parteien darauf an, ob man die eigene Mobilisierungsschwäche überwinden kann.

Gelingt das, kann es zügiger vorangehen, wenn man die absolute Mehrheit der ÖVP brechen will. Bislang war es aber so, dass sowohl die SPÖ wie auch die Grünen und NEOS eigentlich ihr Potential in genau diesem Gebiet nicht wirklich ausschöpfen konnten. Hier wird man sich die Wahlbeteiligung mit besonderer Hingabe ansehen müssen.

Das Gespräch mit Thomas Hofer führte Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at

Links: