Mindestsicherung: Welche Regeln jetzt gelten

Mehr als 16.200 Personen beziehen derzeit in Niederösterreich Mindestsicherung. Durch den Verfassungsgerichtshof wurden zwei Bestimmungen, die die Deckelung und die Wartefristen betreffen, aufgehoben. Daher gelten neue Regeln.

Die Neuregelung der Mindestsicherung in Niederösterreich trat Anfang 2017 in Kraft. Seither beschwerten sich ist mehr als 160 Personen, weil sie weniger Geld bekommen haben. Die Beschwerden seien zu Recht erfolgt, hatte der Verfassungsgerichtshof am Montag entschieden und zwei Bestimmungen gekippt: Zum einen die Obergrenze von 1.500 Euro pro Haushalt, unabhängig von der Anzahl der Kinder, zum anderen die Wartefrist für den Bezug der vollen Mindestsicherung.

Mindestsicherung aktuell:

Derzeit sind von der Obergrenze pro Haushalt 5.186 Personen betroffen, davon 764 Asylberechtigte. Wegen der Wartefrist erhalten 4.323 Personen derzeit eine geringere Mindestsicherung

Für jene, die derzeit Mindestsicherung beziehen, ändert sich vorerst nichts, außer sie stellen einen neuen Antrag, bei dem dann weder Wartefrist noch Obergrenze angewendet werden dürfen. Bei neuen Anträgen gilt das ebenso, wie Wolfgang Sablatnig, der Mediensprecher des Verfassungsgerichtshofs, kurz nach der Entscheidung betonte: „Für Anträge, die noch von einer Behörde zu entscheiden sind, ist diese Rechtslage mit der Wartefrist und der Deckelung nicht mehr anzuwenden“, bestätigte Sablatnig. Hinzu kommt bei den 160 Beschwerdeführern, dass sie möglicherweise rückwirkend mehr Mindestsicherung erhalten als ursprünglich in ihrem Bescheid gestanden wäre.

Verfassungsjuristen sehen wenig Spielraum

Darüber muss aber im Einzelfall entschieden werden. Bei einer möglichen Reparatur der beiden aufgehobenen Gesetzesbestimmungen - wofür sich ÖVP und FPÖ am Montag aussprachen - sehen Verfassungsrechtler aktuell wenig Spielraum. „Beides ist in der Form nicht aufrechtzuerhalten. Das spießt sich mit dem erklärten Zweck des Gesetzes und den Aktionsmöglichkeiten. Es bliebe nur eine Neuregelung, und wir haben ja auch Beispiele anderer Bundesländer, die auf diese beiden Instrumente verzichten und damit eine verfassungskonforme Regelung schaffen“, erklärte der an der Universität Wien lehrende Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk.

Der Arbeits- und Sozialrechtsexperte Wolfgang Mazal - wie Funk ebenfalls Professor an der Universität Wien - betonte, „dass es wichtig ist, zunächst die politischen Ziele hinter einer Neuregelung zu klären. Die Obergrenze und die Wartefrist als solche sind in Zukunft nicht zulässig, wohl aber lässt der Verfassungsgerichtshof eine Differenzierung zwischen den Mindestsicherungsbeziehern zu, sofern sie sachlich begründet ist, beispielsweise aufgrund des Grades der Integration“, sagte Mazal.

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