Video-Ambulanz für Alkoholsüchtige startet

70.000 Menschen sind in Niederösterreich schwer alkoholabhängig, 200.000 konsumieren Alkohol in schädlichem Ausmaß. Um diesen Menschen unbürokratisch zu helfen, wird die Beratung per Videoschaltung angeboten.

„Ich bin wieder in meine alten Muster zurückgefallen“, erklärt eine 20-Jährige, die gerade an einem Tisch in einer Suchtberatungsstelle der Caritas sitzt. „Ich trinke wieder mehrere Flaschen Wein pro Tag.“ Vor ihr steht ein Tablet, über das sie via Videoschaltung mit einer Ärztin im Landesklinikum Mauer (Bezirk Amstetten) verbunden ist. „Was wünschen Sie sich denn in Bezug auf die Behandlung?“, fragt die Medizinerin, und: „Wann könnten Sie starten?“

Caritas: „Angebot bisher gut angenommen“

Die sogenannte „virtuelle Suchtambulanz“ begann Ende 2017 mit einem Pilotprojekt der Caritas der Diözese St. Pölten gemeinsam mit dem Landesklinikum Mauer. „Von Klientinnen und Klienten aller Altersgruppen wurde das Angebot sehr gut angenommen“, erzählt Ulrike Gerstl, Leiterin der Caritas-Suchtberatung.

Videokonferenz

ORF

Eine Klientin der Suchtberatung im Gespräch mit einer Ärztin via Video

Die Idee: Suchterkrankte Menschen, die an Entzug und Alkoholentwöhnung interessiert sind, können in einer Beratungsstelle der Caritas auf eigenen Wunsch per Video direkt mit dem ärztlichen Personal im Landesklinikum Mauer verbunden werden. Über die Schaltung vereinbaren sie alle nötigen Termine für ihre Aufnahme, unterstützt werden sie von Mitarbeitern der Caritas. „Das ist für viele eine Erleichterung“, sagt Gerstl.

Ziel: Hemmschwelle für Therapiebeginn reduzieren

Hintergrund des Projekts ist, dass Menschen, die nicht nüchtern sind, häufig auch nicht mobil sind. Mit dem Projekt hoffe man daher, dass sich mehr Betroffene für eine Behandlung entscheiden, so Christian Korbel, Leiter der Abteilung für Alkoholabhängigkeit am Landesklinikum Mauer, der das Projekt ins Leben rief: „Wir wollen mit der Videoschaltung die Hemmschwelle reduzieren, eine Therapie zu starten.“

Vorbild für das Projekt war laut Korbel Kanada. „Dort arbeitet man im Suchtbereich aufgrund der großen Distanzen schon seit Längerem mit Videoschaltungen", so der Abteilungsleiter. In Niederösterreich wurde die „virtuelle Suchtambulanz“ bisher ausschließlich in Amstetten getestet. In Zukunft soll sie auf alle Caritas-Suchtberatungsstellen der Diözese St. Pölten ausgeweitet werden. Klientinnen und Klienten können die Beratung dann nahe ihres Heimatortes durchführen und ersparen sich dadurch auch längere Anfahrtswege.

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