Mikl-Leitner erhöht Druck auf Bund

Am 19. April 2017 hat Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ihr Amt als Landeshauptfrau angetreten. Ein Jahr später erhöht sie bei der Mindestsicherung und dem Kostenersatz durch den Wegfall des Pflegeregresses den Druck auf den Bund.

Sollte es bis zum Sommer bei der Mindestsicherung keine bundesweit einheitliche Lösung geben, wird Niederösterreich erneut ein eigenes Modell erarbeiten. Das kündigt Landeshauptfrau Mikl-Leitner im Interview mit ORF NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler an. Sie spricht sich allerdings weiterhin für eine bundesweit einheitliche Lösung aus. Eine zeitnahe Lösung erwartet sich die Landeshauptfrau auch im Zusammenhang mit der Abschaffung des Pflegeregresses. Konkret geht es dabei um die Mehrkosten, die dadurch in den Ländern entstehen.

Johanna Mikl-Leitner im Gespräch mit Robert Ziegler

ORF / Gernot Rohrhofer

Seit einem Jahr Landeshauptfrau

Nach dem Rückzug von Erwin Pröll (ÖVP) als Landeshauptmann trat Johanna Mikl-Leitner im April 2017 seine Nachfolge an und wurde damit die erste Landeshauptfrau Niederösterreichs. Am 19. April 2017 wurde sie im niederösterreichischen Landtag mit 52 von möglichen 56 Stimmen in ihr neues Amt gewählt - mehr dazu in Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau gewählt (noe.ORF.at; 19.4.2017).

Bei ihrer ersten Landtagswahl als ÖVP-Spitzenkandidatin konnte sie am 28. Jänner 2018 die absolute Mandatsmehrheit verteidigen. Vor vier Wochen wurde sie schließlich erneut vom niederösterreichischen Landtag zur Landeshauptfrau gewählt. Zentrale Themen ihrer Regierungserklärung waren Arbeit, Gesundheit, Mobilität und Familie - mehr dazu in Breite Mehrheit für Mikl-Leitner im Landtag (noe.ORF.at; 22.3.2018).

Johanna Mikl-Leitner im Gespräch mit Robert Ziegler

ORF / Gernot Rohrhofer

noe.ORF.at: In Ihrem ersten Jahr als Landeshauptfrau ist ein Langzeitthema besonders aktuell geworden - die Pflege. Finanzminister Hartwig Löger sagt, dass ihm die Berechnungen der Länder zu hoch vorkommen. Während Niederösterreich jährlich von etwa 100 Millionen Euro ausgeht, rechnet der Bund mit 100 Millionen Euro für ganz Österreich. Was entgegnen Sie dem Minister?

Johanna Mikl-Leitner: Durch Abschaffung des Pflegeregresses entstehen dem Land und den Gemeinden Kosten von etwa 54 Millionen Euro. Rechnet man die gesteigerte Nachfrage hinzu, können es bis zu 100 Millionen Euro sein. Aber ich bin hier sehr positiv gestimmt und vertraue dem Finanzminister, dass wir nächste Woche zu einer gemeinsamen Lösung im Hinblick auf die Refundierung seitens des Bundes gegenüber dem Land und den Gemeinden kommen.

noe.ORF.at: Bei der Mindestsicherung gibt es einen neuen Anlauf für eine bundeseinheitliche Regelung. Die niederösterreichische Regelung und damit auch zwei Kernpunkte - die Begrenzung von 1.500 Euro pro Haushalt und eine Wartefrist - sind vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Was muss im Kern bleiben, damit es für Niederösterreich einen Sinn hat?

Mikl-Leitner: Das Entscheidende ist, dass wir eine Gerechtigkeit zwischen der Erwerbstätigkeit und der Sozialleistung brauchen - dass es hier also einen Unterschied zwischen dem, der arbeitet und dem, der von der Sozialleistung lebt, gibt. Hier hoffe ich auf einen positiven Vorschlag seitens des Bundes, sodass es zu einer bundeseinheitlichen Lösung kommt. Kommt es bis zum Sommer zu einer solchen nicht, werden wir in Niederösterreich an einem eigenständigen Modell arbeiten.

Johanna Mikl-Leitner im Gespräch mit Robert Ziegler

ORF / Gernot Rohrhofer

noe.ORF.at: Bildungsminister Heinz Faßmann setzt für Schülerinnen und Schüler, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind, die Deutschklassen um. Vor allem aus Wien kommt daran viel Kritik - so heißt es, dass die Klassen zerrissen würden und die Finanzierung unklar sei. Wie sieht es hier in Niederösterreich aus?

Mikl-Leitner: Was die Deutschklassen betrifft, sind wir in Niederösterreich Vorreiter. Mir ist es wichtig, dass alle Kinder die gleichen Chancen haben und dazu braucht es die deutsche Sprache. Die deutsche Sprache ist wichtig und notwendig, um dem Unterricht folgen zu können, weshalb wir zu Beginn des Semester mit den Deutschklassen begonnen haben, wo wir an 80 Schulstandorten Deutschklassen haben, mehr als 60 Junglehrerinnen und Junglehrer im Einsatz sind und mehr als 2.000 Kinder betreut werden. Das ist meines Erachtens ein Erfolgsmodell. Aufgrund unseres Pilotprojektes wissen wir, dass die Sprachkompetenz innerhalb von drei Monaten um 70 Prozent angestiegen ist.

noe.ORF.at: Beim Thema Kinderbetreuung gibt es in Niederösterreich doch einige Defizite, vor allem, wenn es um kleinere Kinder und auch um Öffnungszeiten am Nachmittag geht. Was kommt hier in absehbarer Zeit?

Mikl-Leitner: Wir sind in vielen Bereichen der Kinderbetreuung sehr gut aufgestellt. Wo wir investieren wollen, ist bei der Kleinstkinderbetreuung, das heißt bei den Kindern unter zweieinhalb Jahren. Deshalb gibt es unser blau-gelbes Familienpaket, wo es vor allem darum geht, 100 Einrichtungen für die Betreuung von Kleinstkindern zu schaffen. Wir investieren für die Errichtung dieser Einrichtungen und für die Unterstützung der Gemeinden an die 65 Millionen Euro, und natürlich ist es ein Mehr für die Eltern und die ganze Familie.

noe.ORF.at: Beim Thema Verkehr ist zuletzt über Großprojekte in ferner Zukunft diskutiert worden, etwa über die Waldviertelautobahn oder die Verlängerung der Wiener U-Bahn. Was haben Sie denn in absehbarer Zukunft vor?

Mikl-Leitner: Hier gilt es, in den nächsten Jahren unser Mobilitätspaket im Ausmaß von 3,3 Milliarden Euro umzusetzen. Hier geht es zum Einen darum, die Straßen auch weiterhin auszubauen. Es geht aber vor allem um den öffentlichen Verkehr, also darum, den Individualverkehr noch besser mit dem öffentlichen Verkehr zu verbinden. Wir wollen hier vor allem im Wiener Umland eine Taktverdichtung vornehmen.

Johanna Mikl-Leitner im Gespräch mit Robert Ziegler

ORF / Gernot Rohrhofer

noe.ORF.at: Sie sind genau vor einem Jahr als Nachfolgerin von Erwin Pröll Landeshauptfrau geworden. Was hat sich denn aus Ihrer Sicht seither in der Landespolitik geändert? Eines hat sich ja nicht geändert, womit viele gerechnet haben, nämlich, dass die ÖVP die absolute Mehrheit verliert.

Mikl-Leitner: Ich habe bei der Landtagswahl einen unglaublichen Vertrauensvorschuss seitens der niederösterreichischen Landsleute bekommen. Jetzt geht es darum, diesem Vertrauensvorschuss durch Fleiß und harte Arbeit auch gerecht zu werden und die Schwerpunktthemen, die wir uns gesetzt haben - Arbeit, Mobilität, Gesundheit und Familie - auf Punkt und Beistrich umzusetzen. Und da sind wir auf einem guten Weg. Einiges haben wir schon umgesetzt und vieles ist am Weg.

Das Interview führte ORF NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler