Hameseder: „Raiffeisenbank soll jünger werden“

„Krisenfester und schockresistenter als je zuvor“ sei die Raiffeisen-Holding, sagt deren Obmann Erwin Hameseder. Die Holding ist zu 79,1 Prozent an der Raiffeisenlandebank beteiligt. Diese soll jünger werden, so Hameseder im Interview.

Hameseder wurde am Freitag mit 99,1 Prozent der Stimmen als Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien für sechs weitere Jahre wiedergewählt - mehr dazu in Raiffeisen-Holding: Hameseder bestätigt (noe.ORF.at; 4.5.2018). Bei der Jahrestagung im Wiener Congress Center sprach der 61-jährige Manager von überbordenden Vorschriften für Banken. noe.ORF.at führte mit Hameseder anlässlich seiner Wiederwahl über neue Strategien und Herausforderungen das folgende Gespräch.

Erwin Hameseder

ORF / Gernot Rohrhofer

Erwin Hameseder im Gespräch mit noe.ORF.at

noe.ORF.at: Was entgegnen Sie all jenen, die sagen, dass der Genossenschaftsgedanke von Raiffeisen nicht mehr zeitgemäß ist?

Erwin Hameseder: In mehr als 100 Ländern gehören 800 Millionen Menschen einer Genossenschaft an. Ich denke, das ist Beweis genug, dass auf ein derartiges Modell weiter aufgebaut wird.

noe.ORF.at: Studien zeigen, dass 51 Prozent aller Bankkunden ihre Geschäfte nicht mehr in Filialen abwickeln. Wie reagieren Sie darauf?

Hameseder: Man muss insofern darauf reagieren, dass die eine oder andere Bankstelle leider eine andere Funktion haben wird. Dabei geht es aber nicht darum, etwas zuzusperren, sondern etwas Neues aufzumachen. Konkret sind wir am Überlegen, wie wir in den Orten, in denen wir Bankstellen haben, diese der Bevölkerung zugänglich machen. Zum Beispiel, um in sogenannten Genossenschaftshäusern Breitband-Internet nutzen zu können. Wir geben den Bankstellen also eine neue Funktion.

noe.ORF.at: Wie passt das mit dem Gedanken der Regionalität zusammen?

Hameseder: Wenn Kunden eine Bankstelle nicht mehr brauchen und nicht mehr benützen, hat sich diese im wahrsten Sinne des Wortes überholt. Unser Ziel ist es nun, etwas Neues zu etablieren: Ein Haus der Kommunikation - analog und digital.

noe.ORF.at: Die Holding hat 2017 das beste Konzernergebnis seit Bestehen erwirtschaftet. Was bedeutet das für die künftige Ausrichtung?

Hameseder: Wir gehen sehr demütig mit diesem Ergebnis um. Es war ein Spitzenergebnis, die Raiffeisen-Holding hat mehr als 712 Millionen Euro erwirtschaftet. Das ist die Basis für die Zukunft. Man darf damit aber nicht übermütig umgehen, sondern wir müssen uns bewusst auf unser Kerngeschäft konzentrieren: Das ist das Bankgeschäft und das heißt, Agrarbeteiligungen zu halten, uns in der Infrastruktur weiter zu entwickeln, und auch der Bereich Medien gehört dazu.

noe.ORF.at: Wie sehr machen Ihnen die strengeren Regularien als Konsequenz der Finanzkrise zu schaffen?

Hameseder: Es geht um das richtige Maß des Regulierens. Wir brauchen Regularien, dazu stehe ich, aber es geht immer um die Sinnhaftigkeit solcher Regularien, wenn Sie so wollen: Es geht um den Hausverstand.

noe.ORF.at: Wie sehr belastet der höhere Verwaltungsaufwand das Budget?

Hameseder: Die Raiffeisen-Landesbank und Raiffeisen-Holding haben die Regularien im Jahr 2017 80 Millionen Euro gekostet.

noe.ORF.at: Sie sind mit 99,1 Prozent der Stimmen als Obmann der Raiffeisen-Holding wiedergewählt worden. Wie werden Sie die nächsten sechs Jahre anlegen?

Hameseder: Wir wollen mit voller Energie gemeinsam an der Zukunft arbeiten. Wir sind eine föderalistisch aufgebaute Gruppe. Es geht darum, die Meinungsbildner zusammenzuholen und diese herauszufordern. Immer, wenn das gelingt, machen wir auch entscheidende Schritte nach vorne. Als ganz wichtige Aufgabe sehe ich, die digitale Revolution beherrschbar oder beherrschbarer zu machen.

noe.ORF.at: Welche Herausforderungen kommen darüber hinaus auf Sie zu?

Hameseder: Wir wissen nie genau, welche Herausforderungen in der Zukunft noch auf uns zukommen. Es wird irgendwann wieder eine Abschwächung der Konjunktur geben, es wird eine neue Flut an Regularien geben und es geht darum, diese Themen unter Einbindung möglichst vieler Menschen möglichst sensibel abzuarbeiten.

noe.ORF.at: Wie ist Ihre Ankündigung zu verstehen, jünger werden zu wollen?

Hameseder: Mein Ziel ist es, dass bis 2025 25 Prozent unserer Funktionäre maximal 35 Jahre alt sind, wobei ich auf eine gute Durchmischung von jungen Damen und jungen Herren hoffe. Ich denke hier an 50 Prozent Frauen. Dann habe ich keine Angst, dass wir gute Entscheidungen treffen werden.

Das Gespräch mit Erwin Hameseder führte Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at