Kritik nach Mord in Asylunterkunft

Nach dem Mord an einem 26-jährigen Asylwerber in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) wird Kritik am Vorgehen der Polizei laut. Laut Volksanwaltschaft seien seit dem Jahr 2016 aber auch in dem Quartier Defizite in der Betreuung bekannt.

Im Missionshaus St. Gabriel in Maria Enzersdorf werden 140 Flüchtlinge betreut, für 50 von ihnen gibt es nach Auskunft einer Sprecherin wegen psychischer oder physischer Probleme einen Sonderbetreuungsplatz. Einen solchen hatte auch der 25-jährige Tatverdächtige aus Nigeria. Weil er am vergangenen Dienstag zwei Asylwerber aus Afghanistan attackiert haben soll, sprach die Polizei jedoch ein Betretungsverbot gegen ihn aus.

Das Betretungsverbot wurde ausgesprochen, obwohl sich die Auseinandersetzung außerhalb der Asylunterkunft zugetragen hatte. Der Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich, Johann Baumschlager, sagt gegenüber noe.ORF.at dazu: „Unsere Kollegen haben hier über das normale Maß hinaus eine Maßnahme gesetzt, damit es nicht noch einmal zu einer Körperverletzung kommt.“

Volksanwaltschaft ortet Gesetzeslücke

Angesprochen darauf, ob man den Mann durch den Ausspruch des Betretungsverbotes vor die Türe gesetzt habe, sagt Baumschlager: „Wird ein Betretungsverbot ausgesprochen, erhält der Betroffene ein Informationsblatt in seiner Sprache, auf dem angeführt ist, welche Institutionen und Schlafstellen er aufsuchen kann.“

Der Volksanwaltschaft ist das zu wenig. „Bei Wegweisungen und Betretungsverboten müssten psychiatrische Dienste einschreiten und die betreffenden Personen betreuen. Dann kann man solche Vorfälle hoffentlich weitestgehend vermeiden“, fordert Volksanwalt Günther Kräuter in Richtung Politik und spricht von einer Lücke im Gesetz. „Es gilt das Sicherheitspolizeigesetz, hier wird aber nicht unterschieden zwischen normalen Betretungsverboten bzw. Wegweisungen und solchen, von denen psychisch kranke Menschen betroffen sind.“

Defizite bei Kontrolle in Missionshaus

Die Volksanwaltschaft habe auf diesen Mangel bereits hingewiesen, nachdem 2016 ein Kenianer am Wiener Brunnenmarkt eine Frau mit einer Eisenstange erschlagen hatte - mehr dazu in wien.ORF.at. Dazu komme, dass bei einer Überprüfung des Missionshauses St. Gabriel bereits vor zwei Jahren Defizite festgestellt wurden, so Kräuter: „Wir haben damals festgestellt, dass es zu wenig Personal und zu wenig psychiatrische Versorgung gibt. Das ist ein Problem, das wir in vielen Einrichtungen dieser Art haben.“

Eine Sprecherin des Missionshauses sagt dazu, dass man die zuständigen Stellen beim Land mehrmals darauf hingewiesen habe. Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) will der Einrichtung zwischen 50.000 und 70.000 Euro anbieten. Ursprünglich sei es der Wunsch des Missionshauses gewesen, für die Umsetzung eines Projektes 350.000 Euro zu bekommen. Damals sei er aber noch nicht für das Asylwesen zuständig gewesen, betont Waldhäusl.

Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at

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