Reichenau profitiert vom Theater-Bonus

Vor 30 Jahren hat die Erfolgsgeschichte der Festspiele Reichenau (Bezirk Neunkirchen) begonnen. Seither prägt das Theater den kleinen Ort am Fuße der Rax. Davon profitiert auch die heimische Wirtschaft.

Die geografische Lage bescherte der Gemeinde Reichenau an der Rax schon zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie einen populären Stellenwert als Nobelkurort. Und tatsächlich sind die Spuren der k. u k. Sommerfrische auch heute noch sichtbar. In den vergangenen 30 Jahren prägte vor allem das Theater den Ort. Doch bevor ab 1988 die ersten Produktionen auf der Bühne zu sehen waren, waren die Bedenken insbesondere bei den Einheimischen groß.

„Da gab es Skeptiker, die meinten, wer braucht die Festspiele im Sommer, das ist ja alles nur für die Wiener, also für die Zweitwohnsitzer gedacht“, erzählt Bürgermeister Johann Döller (ÖVP). Die Situation habe sich nicht zuletzt durch das Theater in den letzten Jahren sehr gewandelt. „Mittlerweile macht keiner mehr einen Unterschied zwischen dem Gast und dem Einheimischen oder zwischen dem Hauptwohnsitzer und dem Zweitwohnsitzer“, sagt der Bürgermeister.

2.800 Vorstellungen in 30 Jahren

Peter und Renate Loidolt hoben den Schauspielbetrieb 1988 aus der Taufe. Seither wurden 2.800 Vorstellungen gespielt, darunter Werke von Arthur Schnitzler oder Johann Nestroy, Stefan Zweig und Tennessee Williams. Man habe die Menschen rasch von der Qualität überzeugen können, erinnert sich Intendantin Renate Loidolt. Mittlerweile kommen die Besucherinnen und Besucher aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, sagt Loidolt, „weil es sich herumspricht, dass unsere Inszenierungen einfach besonders sind, nicht so wie sie es im üblichen Theaterrahmen der großen Stadtteater oder Burgtheater erleben. Wir müssen etwas anderes machen, sonst hätten die Leute ja keine Ursache hierher zu reisen.“

Petra Morzé, Johanna Arrouas

Festspiele Reichenau

Petra Morzé und Johanna Arrouas (v.l.) werden ab 3. Juli in Reichenau in Williams’ „Endstation Sehnsucht“ zu sehen sein

Große Namen der Theaterszene spielten seither in Reichenau. Die Liste der Bühnenstars ist lang und reicht von Karlheinz Hackl, Peter Matic, Otto Schenk, Maresa Hörbiger, Petra Morzé bis hin Nicholas Ofczarek, Joseph Lorenz und Julia Stemberger. Knapp eine Million Besucherinnen und Besucher zählte man in den letzten 30 Jahren.

Spezialmenüs und Künstler-Suiten für die Gäste

Einfluss hatte das Theater von Anfang an auch auf die heimische Wirtschaft. Gastronom Bernd Scharfegger weiß, dass sich die Betriebe ganz gezielt auf die Festspielzeit einstellen. „Die Hotellerie entwickelt auch spezielle Menüs für unsere Gäste. Manche Hotelbetriebe haben spezielle Zimmer, die nach den Künstlern benannt sind, die im Laufe der Jahre zu uns gekommen sind. Also, wir leben das Thema ‚Festspiele‘ sehr stark in den Betrieben“, so der Unternehmer.

Theater Reichenau

ORF

In den letzten 30 Jahren prägten vor allem die Festspiele, das Theater und knapp eine Million Besucherinnen und Besucher den Ort Reichenau an der Rax

Der Theater-Bonus wirke das ganze Jahr über. „Wer im Sommer bei den Festspielen war, kommt vielleicht im Herbst zum Wandern wieder“, ergänzt der Bürgermeister. So habe das Theater einen touristischen Ganz-Jahres-Effekt gebracht. Und auch die Skepsis der Einheimischen sei längst verflogen, heißt es.

Friederike Lang etwa lebt in Reichenau und mag die Festspielzeit. „Da kann ich von meinem Balkon aus oft Prominente beobachten,“ sagt sie. Auch Horst Thaller ist ein Einheimischer aus Reichenau. Er mag es, wenn sich die Künstler im Sommer unter die Leute mischen. „Es kommen so viele Schauspieler her, wie zum Beispiel Peter Simonischek, der im Haus neben mir wohnt. Er hat dort eine Privatunterkunft während der Theatersaison“, verrät Herr Thaller.

Heuer startet die Festspielsaison in Reichenau an der Rax mit einem Festakt zum 30-Jahr-Jubiläum und einem Konzert mit Rudolf Buchbinder. Auf dem Spielplan stehen unter anderem Produktionen wie „Endstation Sehnsucht“ von Tennessee Williams und „Das Vermächtnis“ von Arthur Schnitzler. Auf der Bühne stehen Publikumslieblinge wie Petra Morzé, Joseph Lorenz und Peter Matic.

Doris Henninger, noe.ORF.at

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