Güterbahnhof: Kritik und Zuspruch

Die ÖBB wollen den Güterverkehr zwischen Russland und Österreich ausbauen. In Niederösterreich soll dafür ein riesiger Güterbahnhof errichtet werden. Die betroffenen Regionen sehen das Projekt mit gemischten Gefühlen.

Bis zum Jahr 2033 soll die Breitspurbahn, die in Moskau beginnt und derzeit noch im slowakischen Kosice endet, bis nach Wien verlängert werden. Um die Waren umladen zu können, braucht es einen eigenen Güterbahnhof. Dafür benötigen die ÖBB aber viel Platz, immerhin soll der Bahnhof fünf Kilometer lang und 300 Meter breit werden.

Als Standort für den Verladebahnhof war bislang die Region Parndorf (Burgenland) vorgesehen. Die betroffenen Gemeinden sprachen sich am Mittwoch aber offiziell dagegen aus - mehr dazu in Breitspurbahn: Parndorf aus dem Rennen (burgenland.ORF.at; 16.5.2018). Die ÖBB suchen deshalb nun in Niederösterreich einen Standort - mehr dazu in ÖBB suchen Standort für riesigen Güterterminal (noe.ORF.at; 17.5.2018).

Standortanforderung: Straße, Schiene und Fluss

Neben Parndorf wurde immer wieder das Marchfeld genannt, aber auch die Region Carnuntum würde laut Anforderungsprofil der ÖBB in Frage kommen. „Momentan befinden wir uns in der Phase der Projektidee, das heißt, es läuft eine Machbarkeitsstudie“, erklärt ÖBB-Pressesprecher Robert Lechner. Der Standort müsse jedenfalls drei Komponenten erfüllen: „Neben der Anbindung an die Schiene muss eine Anbindung an die Straße vorhanden sein, und im Osten Österreichs bietet sich auch die Donau an.“

Die ÖBB sehen das Projekt vor allem als Chance, erklärt Lechner: „Es gibt Studien, die davon ausgehen, dass rund um einen derartigen Güterbahnhof 3.000 bis 4.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.“ Konkret gehen die ÖBB davon aus, dass sich am Areal auch viele Logistikunternehmen ansiedeln.

Schleritzko: „Land und Gemeinden einbinden“

In Niederösterreich zeigt man sich vom Standortschwenk etwas überrascht, auch weil es bisher noch wenig konkrete Informationen zu den Plänen der ÖBB gab, so Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) im Gespräch mit noe.ORF.at. Fest stehe aber, „dass sowohl das Land als auch die Gemeinden eingebunden werden.“ Die Gemeinden wären schließlich auch für die Umwidmung zuständig. Außerdem gilt es, „die Entwicklung bezüglich des Verkehrs sowie der Wirtschaft abzuschätzen“, betont Schleritzko.

Im Marchfeld (Bezirk Gänserndorf) sieht man den geplanten Güterbahnhof als Chance, sagt der Obmann des Regionalentwicklungsvereins und Bürgermeister von Gänserndorf, Rene Lobner (ÖVP): „Das Marchfeld braucht auf jeden Fall Arbeitsplätze, allerdings wissen wir noch nicht, wie das Projekt genau aussieht. Dafür braucht es noch Informationen.“ So sei etwa zu klären, ob und wie die Lebensqualität beeinflusst werde, erklärt Lobner, „aber prinzipiell sind wir gesprächsbereit.“

Carnuntum fürchtet um Lebensqualität

Die Region Carnuntum (Bezirk Bruck an der Leitha) hingegen lehnt das Projekt entschieden ab. „Wir sehen die Lebensqualität vor allem wegen der kleinteiligen Struktur der Gemeinden gefährdet“, erklärt der Obmann des Römerlandes Carnuntum, Hans Rupp.

Bereits vor zwei Jahren beschloss der Gemeinderat der Stadtgemeinde Bruck an der Leitha deshalb eine Resolution gegen den Bau des Bahnhofs in Parndorf. Anfang Juni sind laut Rupp zwar Gespräche zwischen den Gemeinden und den ÖBB geplant, an der ablehnenden Haltung werde sich daran aber nichts ändern.

Entscheidung in drei bis fünf Jahren

Laut Zeitplan wollen die ÖBB in drei bis fünf Jahren einen Standort fixiert haben. In sechs Jahren soll dann mit dem Bau des Bahnhofs begonnen werden. Bis dahin versprechen die ÖBB, dass mit dem Land und den Gemeinden intensive Gespräche geführt werden.

Stefan Sailer, noe.ORF.at

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