Europa-Forum: „Starke Regionen notwendig“

Über die Zukunft der EU wird beim Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig diskutiert. Für Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist ein sicheres Europa mit starken Regionen notwendig, damit die EU Zukunft und Akzeptanz hat.

„Brauchen wir überhaupt noch ein gemeinsames Europa?“ – diese Frage stellte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrer Rede am Eröffnungstag des Europa-Forums Wachau. „Wer Europa will, muss die Frage nach dem ‚Warum Europa?‘ und ‚Wofür Europa?‘ immer wieder stellen. Wer Europa will, muss darauf immer wieder Antworten geben“, so die Landeshauptfrau.

Europa Forum Wachau

ORF/Gernot Rohrhofer

Hochkarätige Referentinnen und Referenten beim 23. Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig, an die 600 Gäste werden am Freitag und Samstag erwartet

„Wir brauchen mehr und weniger Europa zugleich“, sagte die Landeshauptfrau weiters: „Mehr dort, wo Europa groß sein kann. Dort, wo nur Europa Wichtiges schaffen kann. Mehr von den großen Linien – in der Sicherheits-, in der Wirtschafts- oder in der Außenpolitik. Weniger dort, wo es die Staaten besser können. Weniger dort, wo sich Europa in das Leben der Menschen zu sehr einmischt. Weniger Regulierungen, weniger Vorschriften.“

Mikl-Leitner: „Vier Leitlinien für erfolgreiches Europa“

In ihrer Rede skizzierte die Landeshauptfrau vier Leitlinien, wie aus ihrer Sicht „die Europäische Union wieder erfolgreicher werden kann“. Zum Ersten hielt sie fest: „Europa wird dann erfolgreich sein, wenn es den Menschen ein sicheres Zuhause bietet.“ Angesichts von Terror und Migrationskrise brauche es mehr denn je eine gemeinsame europäische Sicherheitsstrategie, es brauche ausreichend Mittel für einen europäisch organisierten Grenz- und Küstenschutz, und es brauche eine enge Verzahnung der nationalen Streitkräfte.

Zum Zweiten betonte Mikl-Leitner: „Europa wird dann erfolgreich sein, wenn es auf Zukunftsthemen setzt – Regionen und Menschen miteinander vernetzt.“ In diesem Zusammenhang sei Niederösterreich „ein Vorzeige-Beispiel“, sie verwies auf den Aufbau der Wissenschaftsachse mit Einrichtungen wie dem IST Austria oder den Ausbau der Mobilität.

„Zum Dritten wird Europa dann erfolgreich sein, wenn es weiterhin auf die Regionen und gewachsene Strukturen setzt“, so die Landeshauptfrau weiters. Statt „europäisch oder national“ sollte es heißen „europäisch und regional“, betonte sie: „Europa ist unser Dach, die Region ist unser Wohnzimmer. Beides gemeinsam ist unser Haus.“

Europa Forum Wachau

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Das Europa-Forum Wachau steht unter dem Motto „Doing less more efficiently“

Zum Vierten werde Europa „nur dann erfolgreich sein, wenn es auf die Stimmen der Bürger hört“, hob Mikl-Leitner abschließend hervor. „Europa sind nicht ,die anderen‘, Europa sind nicht ,die da draußen in Brüssel‘“, betonte sie: „So wie Niederösterreich mehr als unsere Hauptstadt St. Pölten ist, so wie Österreich mehr als Wien ist, so ist Europa viel mehr als Brüssel oder Straßburg.“

Eichtinger: „Regionen müssen gestärkt werden“

Im Fokus des Europa-Forums Wachau steht neben dem Generalthema „Doing less more efficiently“ auch die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft“, sagte Europa-Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP) bei der Eröffnung am Freitagvormittag. Großbritanniens Ausstieg aus der EU sei ein schwerer Verlust für Europa, „der ‚Brexit‘ zeigt aber eines ganz klar: Richtungsweisende Entscheidungen einer Gesellschaft benötigen einen qualifizierten Konsens. In Niederösterreich stehen wir für Stabilität, Sicherheit und für das Miteinander“, so Eichtinger.

Mit der EU-Ratspräsidentschaft stehe Österreich eine große Verantwortung bevor. „Das Ziel lautet klar: Der Herzschlag Europas muss in den Regionen pulsieren. Dazu müssen wir die Regionen weiter stärken.“ Der EU-Finanzrahmen sei dabei für Niederösterreich wesentlich. "Es haben sich 342 europäische Regionen unter der Führung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zusammengeschlossen und dadurch ihr Ziel in Brüssel erreicht: alle Regionen in der EU werden weiterhin Fördermittel zur Verfügung gestellt“, so Eichtinger.

Europa Forum Wachau

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Am Nachmittag gibt es beim Europa-Forum Wachau Arbeitskreise zu den Themen Bürgerbeteiligung, EU-Budget und EU-Ratsvorsitz

Die EU müsse für alle Niederösterreichinnen und Niederösterreicher spürbar sein, deshalb sei das Europa-Forum Wachau bürgernaher gestaltet worden, so Eichtinger. Schüler, Studenten und EU-Gemeinderäte der LBS St. Pölten, des BG/BRG Krems Piaristengasse und des BG/BRG Klosterneuburg, Studentinnen und Studenten der Donau-Universität Krems und dem IMC FH Krems sowie wissenschaftliche Mitarbeiter waren im Vorfeld intensiv miteingebunden und setzten sich in Workshops mit den Fragen der Zukunft auseinander. Ihre Inputs fließen in das Europa-Forum Wachau direkt mit ein.

Abt Columban Luser, Gastgeber des traditionellen Forums im Stift Göttweig, warnte in seinen Eröffnungsworten davor, nationale und ideologische Motive in den Vordergrund zu stellen. Für ein künftiges „zukunfts-fittes“ Europa müsse man das Ego zurückstellen. Dem Forum wünschte er „Licht, Mut und Optimismus“.

Blümel: „Für mich ist Europa Heimat“

Die Sicherheit Europas ist ein zentrales Thema des Europa-Forums Wachau. Mit den Worten „Europa ist in Krisen und Umbrüchen“ eröffnete EU-Minister Gernot Blümel (ÖVP) am Freitag seine Ausführungen vor dem hochkarätigen Forum. Es gelte, die Sicherheit und den Binnenmarkt Europas zu stärken. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) strich die Europa-Perspektive der Balkan-Staaten hervor. „Der Balkan ist ein wesentlicher Teil des europäischen Kulturerbes“.

Blümel sprach in der Eröffnungssitzung am Freitag den „Brexit“ an. „Niemand freut sich, dass Großbritannien Europa verlässt.“ Auf der anderen Seite konnte man beobachten, wie diese Situation das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Europäern gestärkt habe. Man war sich einig: „Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen.“ Blümel setzte hinzu: „Für mich ist Europa Heimat.“ Man habe auch Lehren gezogen aus den jüngsten Erfahrungen. In Europa gebe es „Furcht vor Migration und Furcht vor Wohlstandsverlust“. Es gehe um die Stärkung des Vertrauens. Dem Balkan müsse Europa eine Perspektive bieten.

Kneissl: „Wir erlebten sicherheitspolitisches Vakuum“

In diese Kerbe schlug auch die Außenministerin. Erfreut verwies Kneissl auf den Durchbruch im Namensstreit um Mazedonien. Dies sei ein diplomatischer Drahtseilakt gewesen, der als Vorbild für andere diffizile Agenden dienen könne. Zum Thema Sicherheit merkte sie in Erinnerung an die Migrationsströme von 2015 an: „Wir erlebten ein sicherheitspolitisches Vakuum.“ Die Ministerin sprach zugleich auch die starke ökonomische Präsenz der Chinesen auf dem Balkan an. In Sachen Ukraine lobte sie die diplomatischen Bemühungen zur Krisenprävention.

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