Brauch des Herbergsuchens als gelebte Tradition

In Erinnerung an Maria und Josef wird auch heute noch in vielen niederösterreichischen Gemeinden der Brauch des Herbergsuchens abgehalten. In ländlichen Gemeinden kennt man den Brauch als „Frauentragen“.

Meist ist es eine Statue oder ein Bild der Muttergottes, die beim Herbergsuchen von Haus zu Haus getragen wird, daher auch der Name „Frauentragen“. Es eignet sich aber auch ein Bild von der Heiligen Familie oder ein Relief von Maria und Josef am Weg nach Bethlehem für diesen Brauch.

Krippe im Diözesanmuseum Osnabrück

APA/dpa/Friso Gentsch

Der genaue Ablauf des Herbergsuchens variiert je nach Gruppe. Anna Rosenberger, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in der Diözese St. Pölten, berichtet, dass alleine in der 180-Einwohner-Gemeinde Oed-Oehling (Bezirk Amstetten) vier verschiedene Varianten üblich sind.

Traditionelles Herbergsuchen...

Zum 50. Mal trifft sich heuer in Oed eine Gruppe von Nachbarn zum Herbergsuchen, insgesamt gibt es in jedem Advent neun Treffen. Rosenberger erzählt, dass „bis vor drei Jahren diese Gruppe das sehr traditionell gestaltet hat, jetzt haben sich die Jungen aber ausgemacht, dass jeder ‚Herberggeber‘ sich selbst überlegt, wie er seinen Abend gestalten will.“ Eine zweite Gruppe in Oed geht ebenfalls Herbergsuchen, betet dabei den Rosenkranz, allerdings werden hier nicht neun Treffen abgehalten, sondern weniger.

...und Herbergsuche „light“

Die dritte Gruppe, die in Oed unterwegs ist, besteht vorwiegend aus Familien mit Kindern. Auch diese Gruppe geht nicht neun Mal, sondern weniger oft auf Herbergsuche. Eine Familie, welche die Statue beherbergt, bringt sie zur Nachbarsfamilie. Dort wird ein kurzes Gebet gesprochen, dann gibt es eine Jause und es wird geplaudert. Diese Familile geht dann am Tag darauf mit der Statue ins nächste Haus.

Krippenfigur aus dem Diözesanmuseum Osnabrück

APA/dpa/Friso Gentsch

Anna Rosenberger berichtet von der positiven Resonanz dieses weniger traditionellen Herbergsuchens: „Eine Bekannte hat gemeint, wenn wir das Modell der Herbergsuche nicht hätten, würden wir uns wahrscheinlich gar nicht treffen, dabei ist es immer so gemütlich.“

Die vierte Variante in Oed schließlich reduzierte sich im Lauf der Zeit auf ein einmaliges Treffen der Nachbarn. Aber auch hier gilt: „Das Zusammenkommen, das gemeinsame Singen, aber auch das Reden über Themen, die uns sonst nicht unterkommen würden, das ist es, was das Herbergsuchen ausmacht“, erklärt die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in der Diözese St. Pölten.

Flüchtlinge sind immer wieder ein Thema

Herbergsuchen - alleine schon der Name drängt die Verbindung zur aktuellen Flüchtlingsthematik auf. Rosenberger betont, dass die Katholische Frauenbewegung eigene Behelfe zum Herbergsuchen anbietet.

Sendungshinweis

„Guten Morgen NÖ“, 4.12.2016

„Natürlich geht es da auch um die Frage, was heißt Herbergsuchen eigentlich für mich. Jeder von uns sollte darüber nachdenken, wo er sich fremd fühlt, wo er seine Herberge hat und sich geborgen fühlt. Vielleicht nimmt man von so einem Abend ein paar Gedanken mit nach Hause. Und beim nächsten Einkauf nimmt man dann seinen Nächsten auf einmal tatsächlich wahr, schenkt ihm vielleicht sogar ein Lächeln. Das bewirkt etwas.“

Ursula Köhler, noe.orf.at

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