Regisseur Paulus Manker wird 60

Der Schauspieler und Regisseur Paulus Manker wird am Donnerstag 60 Jahre alt. Bekannt wurde er mit „Alma“ im Sanatorium Purkersdorf, im Juli hat seine Mega-Produktion „Die letzten Tage der Menschheit“ in Wr. Neustadt Premiere.

Seit jeher scheiden sich an Paulus Manker die Geister. Die einen halten ihn für genial und sehen ihm seine Eskapaden nach, mit denen er ebenso häufig Schlagzeilen macht wie mit seinen künstlerischen Leistungen. Die anderen halten ihn für einen manischen Misanthropen, der auf der Bühne wie im Leben keine Grenzen kennt und mit diebischem Vergnügen sein schlechtes Image pflegt, was ihm mit der Zeit allerdings immer schwerer zu fallen scheint, wie er jüngst zum „Kurier“ sagte: „Auf Dauer unausstehlich und gefürchtet zu bleiben, ist anstrengend.“ Dass er in den vergangenen Jahren milder geworden sei, störe ihn sehr, „weil es einem den Ruf ruiniert“.

Paulus Manker Nestroy Publikumspreis 2010

APA/Herbert Neubauer

Paulus Manker mit dem Nestroy-Publikumspreis (2010)

In den vergangenen Jahren war - zumindest auf gerichtlicher Ebene - allerdings eher wenig von einkehrender Ruhe zu spüren: So musste Manker sich 2016 vor Gericht gegen Vorwürfe der unbefugten Inbetriebnahme einer Lokomotive, Sachbeschädigung und Körperverletzung verantworten, wurde am Ende aber freigesprochen. Davor hatte das Land Niederösterreich aufgrund der Vorwürfe sogar eine geplante Ehrung (einen Tourismuspreis) abgesagt. Mit seinem Mäzen, dem Großgärtner Christian Blazek, gab es einen Zivilprozess. Auch mit Kollegen scheint es nicht immer einfach zu sein: Im vergangenen Sommer wurde Manker einen Tag vor der Premiere bei den Bad Hersfelder Festspielen hinausgeworfen, nachdem es bei der Probenkritik zu einem „irreparablen Zerwürfnis“ mit dem Intendanten Dieter Wedel gekommen war.

Seit 21 Jahren Dauererfolg mit „Alma“

Auf der anderen Seite stehen sein anhaltenden Erfolge etwa mit der Produktion „Alma“. Am 25. August findet die 500. Vorstellung statt, für das 25-Jahr-Jubiläum der Produktion im Jahr 2020 würde er gerne in New York gastieren, wie er dem „Kurier“ erzählte. Uraufgeführt wurde das „Polydrama“ rund um Alma Mahler-Werfel und ihre berühmten Männer und Liebhaber in Mankers Regie und mit ihm in der Rolle Oskar Kokoschkas im Sanatorium Purkersdorf (Bezirk St. Pölten) - ein fulminanter Erfolg, der von Manker verfilmt wurde, bis 2001 in Purkersdorf 140 ausverkaufte Vorstellungen erlebte und auf Tournee an ausgewählten Schauplätzen bereits in Venedig, Lissabon, Los Angeles, Petronell, Berlin, Jerusalem und am Semmering gastierte. In den letzten Vorbereitungen steckt Karl Kraus’ Weltkriegsdrama „Die letzten Tage der Menschheit“, das am 13. Juli in einer ehemaligen Fabrikshalle in Wiener Neustädter Premiere feiern und von 50 Schauspielern in 800 Rollen gestemmt werden soll.

Paulus Manker in "Alma"

Sebastian Kreuzberger

Im August zeigt Manker die 500. „Alma“-Aufführung

Als Sohn des Regisseurs und Theaterdirektors Gustav Manker, dem er vor einigen Jahren eine „Spurensuche“ in Buchform widmete, und der im Vorjahr verstorbenen Schauspielerin Hilde Sochor war Paulus Manker, der am 25. Jänner 1958 geboren wurde, die Theatralik wohl buchstäblich in die Wiege gelegt. Der Hochbegabte, der als Sechsjähriger als ersten Berufswunsch „Raubmörder“ angegeben haben soll und noch als 30-Jähriger bisweilen „der kleine Manker“ genannt wurde, studierte am Max Reinhardt-Seminar und agierte bald in den Zentren des Bühnengeschehens: Er spielte in Hans Hollmanns legendärer Wiener Festwochen-Inszenierung von „Die letzten Tage der Menschheit“, sowie am Burgtheater, in Frankfurt, Hamburg und München.

Langjährige Partnerschaften mit Zadek und Haneke

Mit dem von ihm verehrten Regisseur Peter Zadek, für den er laut eigener Aussage auch eine Küchenschabe gespielt hätte, arbeitete er immer wieder zusammen, u.a. in den Aufsehen erregenden Inszenierungen von „Lulu“, „Der Kaufmann von Venedig“, „Hamlet“ oder „Der Jude von Malta“, aber auch an spektakulären Flops wie „Alice im Wunderland“ und „Richard III.“. Letztere Aufführung, bei der Wiener Festwochen-Premiere zerrissen und an den Münchner Kammerspielen ein Publikumserfolg, führte 1997 zu nicht nur medial, sondern auch auf offener Bühne ausgetragenen Zwistigkeiten zwischen Hauptdarsteller Manker und dem Ensemble des Theaters, das er „bis auf die Knochen verrottet“ nannte.

Paulus Manker Salzburger Festspiele 2010

APA/Barbara Gindl

Paulus Manker als Theseus in Jean Racines „Phädra“ bei den Salzburger Festspielen (2010)

Auch mit dem israelischen Autor Joshua Sobol verbindet Manker eine langjährige Zusammenarbeit: 1986 spielte er erstmals in Sobols Stück „Weiningers Nacht“, mit dem er zwei Jahre später am Wiener Volkstheater mit sich selbst in der Hauptrolle sein Regiedebüt gab und das er auch verfilmte. 1995 inszenierte er in Wien das von Sobol und Niklas Frank geschriebene Stück „Der Vater“ bei den Wiener Festwochen. Im Jahr darauf hatte Sobols „Alma - A Show Biz ans Ende“ Premiere. 2003 brachte Manker am Cameri-Theater in Tel Aviv „iWitness“, Sobols Drama um den Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter, heraus.

Sendungshinweis

„Radio NÖ, Radioclub“, 25.1.2018

Mankers Burgtheater-Inszenierungen von „Liliom“ (1993) und der "Dreigroschenoper (1996) wurden Publikumserfolge, mit „F@lco - A Cyber Show“ versuchte er sich 2000 im Wiener Ronacher auch am Musiktheater. Seinen ersten Filmauftritt hatte der prägnante Darsteller im Haneke-Streifen „Lemminge“ (1979) - weitere Filme mit Haneke folgten. Sein erster als Regisseur gedrehter Film, „Schmutz“, erlebte 1985 seine Uraufführung in Cannes. Sein stark unterschätzter, 1995 uraufgeführter Film „Der Kopf des Mohren“ mit Angela Winkler und Gert Voss über den in einem normalen Menschen langsam ausbrechenden Wahnsinn arbeitete mit eindrucksvoller, suggestiver Bildsprache und schien auch Mankers eigenen Grenzgang zwischen „Triumph oder Terror, Größe oder Wahn“ („Falter“) auszudrücken.

Paulus Manker 2016

APA/Robert Jäger

Eigentlich sei er ein „herzensguter, zärtlicher, liebenswerter Mensch, der Traum jeder Schwiegermutter“, so Manker

„Man soll sich nicht vornehmen, mich zu reizen" 

2006 schlüpfte Manker, der mit markanter hoher Stirn, langen Haaren und Stoppelbart gern als personifizierter Bürgerschreck auftritt und auch Wirten gelegentlich das Fürchten lehrt, in Michael Glawoggers "Slumming“ in der Rolle eines Obdachlosen, der von zwei Burschen aus Jux im Schlaf von Wien in den Osten transportiert und dort ausgesetzt wird. In Elisabeth Scharangs Unterweger-Film „Jack“ war er als Gefängnispsychologe zu sehen. 2013 setzte er an der Theaterfront im K&K Post- und Telegrafenamt mit „Wagnerdämmerung“ ein kraftvolles Zeichen anlässlich des 200. Geburtstags des Komponisten.

Zu dieser zwischen „Nervenschauspieler“ und „Berserker“ pendelnden künstlerischen Biografie, die um zahlreiche angekündigte, doch nie realisierte Ideen und um von prominenten Unterstützungserklärungen begleitete Überlegungen für eine Volkstheater-Direktion erweiterbar wäre, gesellen sich eine Reihe von Ereignissen, die medial mehr auf den Chronik-Seiten ihren Niederschlag fanden. Bei heftigen Szenen von „Alma“ gab es in der Hitze des Gefechts so manche Verletzung im Ensemble, und auch Zuschauer waren nicht immer vor Mankers Zugriff sicher. Eigentlich sei er ein „herzensguter, zärtlicher, liebenswerter Mensch, der Traum jeder Schwiegermutter“, versicherte er einmal. „Aber man soll sich nicht vornehmen, mich zu reizen.“

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