Petra Bohuslav und Robert Friess
ORF
ORF
„GANZ PERSÖNLICH“

Petra Bohuslav: Von der Politik in die Oper

Vor einem Jahr hat die langjährige ÖVP-Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav das Ende ihrer Politkarriere und einen Wechsel an die Wiener Staatsoper angekündigt. Im Interview mit noe.ORF.at erzählt sie von ihrem Einstand in Lockdownzeiten.

Nach 15 Jahren als Mitglied der niederösterreichischen Landesregierung wechselte die ehemalige Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav im September 2020 an die Wiener Staatsoper, wo sie seither als kaufmännische Geschäftsführerin tätig ist.

Im Gespräch mit noe.ORF.at erzählt Bohuslav von ihrem politischen Ende, dem Wunsch nach etwas Neuem und von ihrem Beginn an der Wiener Staatsoper im coronavirusbedingten Krisenjahr. Wie alle in der Kulturbranche Tätigen hofft auch sie darauf, dass Aufführungen möglichst bald wieder vor Publikum stattfinden können.

noe.ORF.at: Zwei Monate nach Antritt ihres neuen Amtes kam der Lockdown. Haben Sie sich ihren Einstand so vorgestellt?

Petra Bohuslav: Mit Sicherheit nicht, aber wir konnten uns schon ein bisschen auf einen sehr außergewöhnlichen Start in die Spielsaison vorbereiten. Wir haben uns schon Mitte Juli damit beschäftigt, wie wir mit einem sehr genauen Präventionskonzept Sicherheit sowohl für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch für die Künstlerinnen und Künstler und auch für das Publikum ab 1. September schaffen. Wir waren eines der wenigen Opernhäuser, das ohne Programmänderung im September und Oktober gespielt hat. Dann kam der Lockdown und wieder eine neue Situation. Es ist sehr herausfordernd und erfordert leider jeden Tag eine andere Planung.

noe.ORF.at: Es gibt ja Premieren ohne Publikum, die im Stream gezeigt werden in Kooperation mit dem ORF – beispielsweise „Tosca“ mit Anna Netrebko oder „Der Rosenkavalier“.

Bohuslav: Es hat Gott sei Dank diese sehr gute Kooperation mit dem ORF gegeben, wodurch es möglich war, dass wir Produktionen aufzeichnen konnten und sozusagen die Oper ins Wohnzimmer bringen konnten, um zu zeigen, dass die Staatsoper lebt. Wir leben und wir senden Signale, dass wir weiterhin die Motivation schüren wollen, dass man dann, wenn es wieder möglich ist, in die Oper kommt.

noe.ORF.at: Am 24. Jänner soll der Lockdown enden. Gehen Sie davon aus, dass danach wieder vor Publikum gespielt wird?

Bohuslav: Wir sind in der Situation, dass wir fast täglich mit neuen Perspektiven konfrontiert sind. Wir müssen ständig neue Budgets errechnen, neue Spielpläne aufstellen, um in irgendeiner Form die Zukunft bewältigen zu können. Ich traue mir mittlerweile nicht mehr zu, etwas zu prognostizieren.

noe.ORF.at: Ihre Bestellung an der Staatsoper hat für einige Kritik gesorgt. Die Rede war etwa von parteipolitischem Postenschacher. Der frühere Staatsoperndirektor Ioan Holender hat gesagt, mit Theater hätten Sie nichts zu tun, mit Oper auch nicht. Wie geht man mit solcher Kritik um?

Bohuslav: Wenn man 15 Jahre in der Politik tätig war, dann weiß man solche Aussagen zu bewerten. Für mich war es ganz klar, wenn sich ein Politiker oder eine Politikerin neu orientiert, dann gibt es hier eine Begleitmusik. Mir war es wichtig, im Gremium und in der Hearingkommission zu überzeugen. Das Gremium hat sich für mich entschieden, und ich möchte jetzt durch meine Arbeit all jene überzeugen, die sagen, ich hätte mit Theater und Oper nichts zu tun. Es geht mir immer um die Arbeit und die Leistung, ich möchte durch Arbeit überzeugen.

noe.ORF.at: 2004 sind Sie überraschend Landesrätin in Niederösterreich geworden, damals unter Landeshauptmann Erwin Pröll. Wie kann man sich das vorstellen? Wurden Sie angerufen?

Bohuslav: In diesem Fall war es tatsächlich ein Anruf. Landeshauptmann Pröll hat mich gefragt, ob ich mir schon jemals überlegt habe, in die Politik zu gehen. Nachdem ich nicht gesagt habe, dass es überhaupt nicht in Frage kommt, war es schon um mich geschehen. Einem Erwin Pröll sagt man auch nicht „Nein“, wenn der Anruf kommt. Es war eine unglaubliche Ehre für mich.

Petra Bohuslav
ORF

noe.ORF.at: Nach 15 Jahren war dann Schluss und es kam der Wechsel in die Staatsoper. Hatten Sie genug von der Politik?

Bohuslav: Ich möchte keine Minute dieser 15 Jahre missen, aber wenn man so ein Jubiläum hat, beginnt man einfach nachzudenken, wie es jetzt weitergeht. Für mich – aus der Wirtschaft kommend – war immer klar, dass ich selbstbestimmend aus der Politik in eine Position wechseln möchte, die mich wirklich interessiert. Ich denke, ich kann hier im Kulturbereich einiges einbringen.

noe.ORF.at: Das Jahr ist noch jung, was wünschen Sie den Bühnen und der Staatsoper für 2021?

Bohuslav: Man kann sich nur wünschen, dass die Türen und Tore bald so aufgehen, dass wir Publikum ins Haus lassen können – nicht per Stream, sondern persönlich. Das ist eine ganz andere Atmosphäre.

noe.ORF.at: Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten, wenn der Lockdown vorbei ist und die Pandemie ausgestanden?

Bohuslav: Wenn ich die erste Person nach der Eintrittskarte fragen kann, das wäre das Allerschönste. Denn das bedeutet, dass es wieder losgeht und wieder Menschen in der Staatsoper sind.

Zur Person:

Petra Bohuslav wurde am 24. August 1965 in Wien geboren. Schon ihre Kindheit hatte sie zu einem Großteil im Wochenendhaus der Eltern in Niederösterreich verbracht. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft (mit Schwerpunkt Tourismus und Personalwirtschaft) an der Wirtschaftsuniversität Wien promovierte sie 1991 zum Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Bereits während des Studiums sammelte Bohuslav bei einem Auslandssemesters in Florida internationale Erfahrung. Im Zuge der Dissertation verbrachte sie einige Zeit in Dänemark.

1991 bis 1994 begann die berufliche Karriere im Marketing von Rail Tours Austria. 1995 leitete sie bei Rogner International Hotels & Resorts den Bereich Marketing & Sales und arbeitete an der Entwicklung des Gesundheitssegments (Blumau, Stegersbach und Heviz/Ungarn) mit. 1996 wurde Petra Bohuslav zur Geschäftsführerin der Archäologischer Park Carnuntum Betriebsgesellschaft bestellt und mit dem Aufbau des Kulturparks betraut. In diesem Zusammenhang übernahm sie 1998 parallel die Leitung der ARGE Donauland. Im September 2001 wurde sie als Geschäftsführerin des Congress Casino Baden die erste Frau in einer leitenden Position bei Casinos Austria.

Fotostrecke mit 3 Bildern

Petra Bohuslav und Erwin Pröll
ORF
2004 wurde Bohuslav vom damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll in die Landesregierung geholt
Petra Bohuslav in der Staatsoper
ORF
Seit September 2020 ist Bohuslav kaufmännische Geschäftsführern der Wiener Staatsoper
Saisonauftakt Staatsoper mit Bogdan Roscic und Petra Bohuslav
APA/HANS PUNZ
Bohuslav und Staatsoperndirektor Bogdan Roscic beim Saisonauftakt 2020

Am 21. Dezember 2004 erfolgte unter Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) der Ruf in die Niederösterreichische Landesregierung, deren jüngstes Mitglied sie damals wurde. Bohuslav folgte Liese Prokop nach, die Innenministerin wurde. Zuständig war Bohuslav in der Landesregierung für Arbeit, Soziales, Sport und Kultur, von April 2008 bis Februar 2009 für Jugend, Bildung und Sport. Bis Dezember 2019 waren Wirtschaft, Tourismus und Sport ihre Zuständigkeitsbereiche.

Am 20. Dezember 2019 wurde bekannt, dass Petra Bohuslav ab 1. September 2020 die Kaufmännische Geschäftsführerin der Wiener Staatsoper wird. Ihr Vertrag läuft fünf Jahre, sie konnte sich gegen 52 Mitbewerberinnen und Mitbewerber durchsetzen. Direktor der Wiener Staatsoper ist seit 1. Juli 2020 Bogdan Roscic.